Pflegende Familien übernehmen in Deutschland den größten Teil der Versorgung – und sie haben Anspruch auf konkrete, finanziell spürbare Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung.
Der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt erklärt verständlich und fundiert, was Pflegegeld genau ist, wer es bekommt, wie hoch es 2025 ausfällt, wie es mit anderen Leistungen zusammenspielt – und welche Absicherungen pflegende Angehörige zusätzlich nutzen sollten.
Inhaltsverzeichnis
Was Pflegegeld ist – und wofür es gedacht ist
Pflegegeld ist eine Geldleistung der Pflegeversicherung für Pflegebedürftige, die zu Hause ohne oder mit nur teilweiser Inanspruchnahme professioneller Pflege gepflegt werden – in der Praxis meist von Angehörigen.
Es soll die eigenorganisierte häusliche Pflege ermöglichen und kann von der pflegebedürftigen Person frei verwendet und auch an Angehörige weitergegeben werden. Anspruch besteht ab Pflegegrad 2; bei Pflegegrad 1 gibt es kein Pflegegeld. Die Höhe ist nach Pflegegrad gestaffelt und wird monatlich ausgezahlt.
Pflegegeld für Angehörige: Alle Leistungen 2025/2026
Leistung | Beschreibung (Beträge/Regeln 2025) |
---|---|
Pflegegeld (häusliche Pflege durch Angehörige) | Anspruch ab Pflegegrad 2. Monatlich: PG 2: 347 €, PG 3: 599 €, PG 4: 800 €, PG 5: 990 €. Bei reinem Pflegegeld Beratungseinsatz: PG 2/3 halbjährlich, PG 4/5 vierteljährlich. Während Verhinderungs-/Kurzzeitpflege hälftiges Pflegegeld. |
Ambulante Pflegesachleistungen (Pflegedienst) | Monatliches Budget zusätzlich/alternativ zum Pflegegeld: PG 2: 796 €, PG 3: 1.497 €, PG 4: 1.859 €, PG 5: 2.299 €. Kombination mit Pflegegeld möglich; Pflegegeld anteilig gekürzt. |
Kombinationsleistung | Pflegedienst + Angehörigenpflege. Pflegegeld in Höhe des nicht genutzten Sachleistungsanteils (Beispiel: 60 % Sachleistung ⇒ 40 % Pflegegeld). |
Teilstationäre Tages-/Nachtpflege | Eigenes Monatsbudget zusätzlich zu Pflegegeld/Sachleistungen: PG 2: 721 €, PG 3: 1.357 €, PG 4: 1.685 €, PG 5: 2.085 €. Investitionskosten häufig privat. |
Gemeinsamer Jahresbetrag für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege | Bis zu 3.539 € pro Jahr (seit 01.07.2025) flexibel für beide Leistungsarten. Während der Nutzung hälftiges Pflegegeld; im 1. Halbjahr 2025 genutzte Beträge werden angerechnet. |
Entlastungsbetrag | 131 € monatlich für alle Pflegegrade (inkl. PG 1) – nur für anerkannte Angebote (z. B. Betreuung, Haushaltshilfe). Erstattung gegen Nachweise. |
Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel | Pauschale bis 42 € monatlich (z. B. Handschuhe, Desinfektionsmittel, Bettschutzeinlagen). Erstattung oder Direktlieferung. |
Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen | Zuschuss bis 4.180 € je Maßnahme; bei mehreren Anspruchsberechtigten im Haushalt kumulierbar bis 16.720 €. Antrag mit Kostenvoranschlag. |
Pflegeunterstützungsgeld (kurzzeitige Arbeitsverhinderung) | Bis zu 10 Arbeitstage je Kalenderjahr und je pflegebedürftiger Person. Lohnersatz i. d. R. 90 % des Netto bis zum gesetzlichen Höchstbetrag; zwischen Angehörigen teilbar. |
Pflegezeit & Familienpflegezeit | Pflegezeit bis 6 Monate Voll-/Teilfreistellung; Familienpflegezeit bis 24 Monate mind. 15 Std./Woche. Zinsloses Darlehen beim BAFzA möglich; Fristen und Betriebsgröße beachten. |
Soziale Absicherung – Rentenversicherung | Pflegekasse zahlt Beiträge für nicht erwerbsmäßig Pflegende ab PG 2; Voraussetzungen u. a. mind. 10 Std./Woche an 2 Tagen, eigene Erwerbstätigkeit ≤ 30 Std./Woche. Teilrente kann Anspruch sichern. |
Soziale Absicherung – Arbeitslosenversicherung | Beiträge können von der Pflegekasse übernommen werden, wenn keine anderweitige Absicherung besteht. Meldung erfolgt über die Pflegekasse. |
Soziale Absicherung – Gesetzliche Unfallversicherung | Beitragsfreier Schutz während der nicht erwerbsmäßigen Pflegetätigkeit im häuslichen Umfeld; zuständig ist die Unfallkasse. |
Pflegekurse für Angehörige (§ 45 SGB XI) | Kostenfreie Schulungen (auch zu Hause/online) zur Vermittlung pflegepraktischer Fähigkeiten und Entlastung der Angehörigen. |
Individuelle Pflegeberatung (§ 7a SGB XI) | Kostenfreier Anspruch auf persönliche Beratung und Fallmanagement; Terminangebot der Pflegekasse innerhalb von 2 Wochen nach Antragstellung. |
Wesentliche Quellen: Offizielle Informationsseiten des Bundesgesundheitsministeriums, GKV-Spitzenverband, Deutsche Rentenversicherung, Verbraucherzentralen sowie Übersichten für 2025. :contentReference[oaicite:0]{index=0}
Pflegegeld 2025: die aktuellen Monatsbeträge
Seit 1. Januar 2025 gelten erhöhte Leistungsbeträge: Das Pflegegeld beträgt pro Monat 347 Euro in Pflegegrad 2, 599 Euro in Pflegegrad 3, 800 Euro in Pflegegrad 4 und 990 Euro in Pflegegrad 5. Diese Werte beruhen auf der zum 01.01.2025 vorgesehenen Anhebung der Pflegeleistungen; sie sind auf der Website des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) offiziell ausgewiesen.
Pflegegeld beantragen: so läuft es formal
Der Antrag wird bei der Pflegekasse der Krankenkasse gestellt – telefonisch genügt, eine schriftliche Bestätigung folgt. Nach Antragstellung organisiert die Kasse die Begutachtung zur Feststellung des Pflegegrads. Außerdem muss die Pflegekasse innerhalb von zwei Wochen einen Termin für eine Pflegeberatung anbieten und eine feste Ansprechperson benennen. Leistungen werden grundsätzlich ab dem Monat der Antragstellung gewährt.
Beratungseinsätze bei Pflegegeld: Pflicht und Fristen
Wer ausschließlich Pflegegeld bezieht und zu Hause gepflegt wird, muss regelmäßige Beratungseinsätze nach § 37 Abs. 3 SGB XI in Anspruch nehmen. Für Pflegegrad 2 und 3 ist ein halbjährlicher, für Pflegegrad 4 und 5 ein vierteljährlicher Turnus vorgeschrieben. Die Einsätze sind kostenfrei und dienen der Qualitätssicherung; bei Nichtnachweis drohen Kürzung oder Entzug des Pflegegelds.
Pflegegeld, Pflegesachleistungen und die Kombinationsleistung
Alternativ zum Pflegegeld können ambulante Pflegesachleistungen eines Pflegedienstes genutzt werden; auch die Kombination ist möglich. In der Kombinationsleistung wird das Pflegegeld anteilig gekürzt – in dem Verhältnis, in dem Sachleistungen ausgeschöpft werden. Grundlage und aktuelle Sachleistungsbeträge (2025: z. B. 796 Euro in Pflegegrad 2 und 2.299 Euro in Pflegegrad 5) sind in der amtlichen Übersicht des BMG dokumentiert.
Kurzzeitige Ersatzpflege und halbes Pflegegeld
Fällt die Pflegeperson vorübergehend aus oder ist verhindert, kommen Verhinderungspflege oder Kurzzeitpflege in Betracht. Während solcher Zeiten wird das bisher bezogene (anteilige) Pflegegeld weitergezahlt – für bis zu sechs Wochen Verhinderungspflege und bis zu acht Wochen Kurzzeitpflege je Kalenderjahr jeweils in halber Höhe.
Neu seit 01.07.2025: Gemeinsamer Jahresbetrag statt getrennter Budgets
Seit 1. Juli 2025 gilt für alle Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 ein gemeinsamer Jahresbetrag für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege in Höhe von bis zu 3.539 Euro pro Kalenderjahr. Bereits im ersten Halbjahr 2025 genutzte Beträge werden angerechnet. Für schwerstpflegebedürftige Kinder und junge Menschen bis 25 Jahren in Pflegegrad 4 oder 5 griffen Teile dieser Reform bereits seit 1. Januar 2024.
Weitere wichtige Unterstützungen im Alltag
Zum Standardrepertoire der häuslichen Pflege zählen zusätzliche Entlastungen: Der Entlastungsbetrag von bis zu 131 Euro monatlich steht allen Pflegegraden einschließlich Pflegegrad 1 für anerkannte Unterstützungsangebote zu. Für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel (etwa Handschuhe oder Desinfektionsmittel) werden seit 01.01.2025 bis zu 42 Euro monatlich erstattet. Für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen – etwa Barrierereduzierung im Bad – sind Zuschüsse bis 4.180 Euro je Maßnahme möglich; leben mehrere Anspruchsberechtigte zusammen, sind Summen bis zu 16.720 Euro realisierbar.
Pflegekurse und individuelle Pflegeberatung
Pflegende Angehörige haben Anspruch auf kostenlose Pflegeschulungen; die Pflegekassen müssen entsprechende Kurse anbieten. Darüber hinaus gibt es einen gesetzlichen Anspruch auf individuelle Pflegeberatung nach § 7a SGB XI – sie soll spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung starten und begleitet Familien dauerhaft bei Organisation, Finanzierung und Entlastung.
Soziale Absicherung für pflegende Angehörige
Pflegende Angehörige werden sozial abgesichert. Die Pflegekasse zahlt – bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen – Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung; maßgeblich sind u. a. Pflegegrad, wöchentlicher Pflegeumfang und der eigene Beschäftigungsumfang.
Wer bereits die Regelaltersgrenze erreicht hat, kann mit einer fast vollen Teilrente (z. B. 99,99 %) den Anspruch auf Rentenbeiträge durch die Pflegekasse erhalten und so die eigene Rente weiter erhöhen.
Zusätzlich besteht ein beitragsfreier gesetzlicher Unfallversicherungsschutz für nicht erwerbsmäßig pflegende Personen ab Pflegegrad 2 der zu pflegenden Person; die Pflegekasse kann unter Bedingungen auch Beiträge zur Arbeitslosenversicherung tragen, wenn keine anderweitige Absicherung besteht.
Vereinbarkeit von Pflege und Beruf: Freistellungen und Lohnersatz
Für akute Pflegesituationen dürfen Beschäftigte bis zu zehn Arbeitstage je Kalenderjahr und je pflegebedürftiger Person der Arbeit fernbleiben; für diesen Zeitraum gibt es das Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung der Pflegeversicherung. Für längerfristige Pflege lässt sich die Arbeitszeit über Pflegezeit und Familienpflegezeit (kombiniert bis zu 24 Monate) reduzieren; zur Überbrückung kann beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben ein zinsloses Darlehen beantragt werden.
Steuerliche Einordnung des Pflegegelds
Pflegegeld ist grundsätzlich steuerfrei – sowohl für die pflegebedürftige Person als auch für Angehörige, an die es weitergegeben wird. Rechtsgrundlage ist § 3 Nr. 36 EStG, der Einnahmen für Pflegeleistungen bis zur Höhe des Pflegegelds steuerfrei stellt; Ausnahmen gelten u. a., wenn eine professionelle, erwerbsmäßige Pflege gegen Entgelt vorliegt. Im Zweifel empfiehlt sich steuerlicher Rat.
Häufige Anschlussfragen aus der Praxis
In der Praxis stellt sich oft die Frage, ob Pflegegeld rückwirkend gezahlt wird. Grundsätzlich beginnt der Leistungsanspruch mit dem Monat der Antragstellung; stellen Sie den Antrag deshalb so früh wie möglich – zur Fristwahrung genügt ein kurzer Anruf bei der Pflegekasse. Achten Sie außerdem unbedingt auf die fristgerechten Beratungseinsätze, wenn ausschließlich Pflegegeld bezogen wird; andernfalls kann die Kasse kürzen.
FAQ: Pflegegeld und Leistungen für Angehörige
Wer bekommt Pflegegeld – ich als Angehörige(r) oder die pflegebedürftige Person?
Formell erhält die pflegebedürftige Person das Pflegegeld ab Pflegegrad 2. Sie kann es ganz oder teilweise an die pflegende Person weitergeben. Das Geld ist zweckfrei einsetzbar, dient aber der Sicherung der häuslichen Pflege.
Muss die Weitergabe von Pflegegeld an Angehörige versteuert werden?
Nein, bis zur Höhe des Pflegegeldes bleibt die Weitergabe in der Regel steuerfrei (§ 3 Nr. 36 EStG), sofern die Pflege aus familiärer bzw. sittlicher Verpflichtung erfolgt und nicht gewerblich organisiert ist. Bei Entgelten über dem Pflegegeld oder bei erwerbsmäßiger Pflege kann Steuerpflicht entstehen.
Wie funktioniert die Kombinationsleistung aus Pflegegeld und Sachleistungen?
Wer einen Pflegedienst einsetzt und zugleich von Angehörigen gepflegt wird, erhält Pflegegeld in dem Verhältnis, in dem die Sachleistungen nicht ausgeschöpft werden. Werden beispielsweise 60 % des Sachleistungsbudgets genutzt, verbleiben 40 % Pflegegeld.
Wie oft sind Beratungseinsätze Pflicht, wenn ich Pflegegeld beziehe?
Bei reinem Pflegegeldbezug ist der Beratungseinsatz nach § 37 Abs. 3 SGB XI verpflichtend: halbjährlich in Pflegegrad 2 und 3, vierteljährlich in Pflegegrad 4 und 5. Versäumte Nachweise können zu Kürzungen führen.
Was hat sich 2025 bei Verhinderungs- und Kurzzeitpflege geändert?
Seit 1. Juli 2025 gibt es einen gemeinsamen Jahresbetrag von bis zu 3.539 € für beide Leistungen. Er ersetzt die getrennten Budgets und kann flexibel genutzt werden; bereits im ersten Halbjahr 2025 verbrauchte Beträge werden angerechnet. Während der Nutzung wird das bisherige Pflegegeld hälftig weitergezahlt.
Dürfen mehrere Angehörige gleichzeitig Pflegeunterstützungsgeld nutzen?
Ja. Pro pflegebedürftiger Person stehen bis zu zehn Arbeitstage je Kalenderjahr zur Verfügung und können unter mehreren Beschäftigten aufgeteilt werden; die Leistung ersetzt in der Regel 90 % des Nettoentgelts (bis zum gesetzlichen Höchstbetrag).
Bin ich als pflegende Person sozial abgesichert?
Ja. Bei nicht erwerbsmäßiger Pflege zahlt die Pflegekasse Rentenbeiträge, unter bestimmten Voraussetzungen auch Beiträge zur Arbeitslosenversicherung; zudem sind pflegende Angehörige beitragsfrei gesetzlich unfallversichert. Voraussetzung sind u. a. Pflegegrad 2, mindestens 10 Wochenstunden an zwei Tagen und höchstens 30 Wochenstunden eigene Erwerbstätigkeit.
Wird die Tages- und Nachtpflege zusätzlich zum Pflegegeld bezahlt?
Ja, teilstationäre Leistungen haben ein eigenes Budget und werden grundsätzlich zusätzlich zu Pflegegeld oder ambulanten Sachleistungen gewährt; Investitionskosten der Einrichtung sind häufig privat zu tragen.
Wie hoch sind Entlastungsbetrag, Pflegehilfsmittel-Pauschale und Zuschüsse für Wohnraumanpassung 2025?
Der Entlastungsbetrag liegt bei 131 € monatlich, die Pauschale für Verbrauchs-Pflegehilfsmittel bei 42 € monatlich, und für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen können bis zu 4.180 € je Maßnahme bezuschusst werden.
Wo starte ich den Antrag – und ab wann fließen Leistungen?
Erster Ansprechpartner ist stets die Pflegekasse der Krankenkasse der pflegebedürftigen Person. Leistungen werden grundsätzlich ab dem Monat der Antragstellung gewährt; die Pflegekasse soll innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung eine Pflegeberatung mit fester Ansprechperson anbieten.
Fazit: Pflegegeld klug verknüpfen und Absicherung nutzen
Pflegegeld ist das finanzielle Rückgrat der häuslichen Pflege – doch es entfaltet seine Wirkung erst voll, wenn Familien es mit Pflegesachleistungen, dem Entlastungsbetrag, dem seit 01.07.2025 eingeführten gemeinsamen Jahresbudget für Ersatz- und Kurzzeitpflege, Pflegekursen sowie der eigenen sozialen Absicherung kombinieren. Wer frühzeitig beantragt, Beratung nutzt und die formalen Pflichten kennt, gewinnt spürbare Entlastung im Pflegealltag.