Zunächst zur Klarstellung: Eine allgemeine Mindestrente gibt es im deutschen Rentensystem nicht. Die Höhe der gesetzlichen Rente wird individuell nach den angerechneten Zeiten und Beiträgen der Versicherung abgerechnet.
Aber: es gibt einen Grundrentenzuschlag, der das Leben von Rentnerinnen und Rentner absichern soll, deren Altersrente nicht ausreicht. Aber auch die Grundrente ist mit Bedingungen verknüpft.
Der Grundrentenzuschlag
Inhaltsverzeichnis
Wer wenig Rente bekommt, hat aber -unter Umständen- Anspruch auf einen Grundrentenzuschlag. Wenig bedeutet mindestens 30 Prozent des Brutto-Durchschnittsgehalts aller gesetzlich Rentenversicherten und höchstens 80 Prozent des Durchschnittseinkommens.
Fakten zur Grundrente:
- Den Grundrentenzuschlag gibt es zu Altersrenten, Erwerbsminderungsrenten, Hinterbliebenenrenten und Erziehungsrenten.
- Ein Anspruch ist möglich, wenn mindestens 33 Jahre Grundrentenzeiten bei der Deutschen Rentenversicherung verbucht sind.
- Der Zuschlag wird individuell berechnet. Im Durchschnitt beträgt er 86 Euro.
- Drei von vier Menschen, die den Grundrentenzuschlag erhalten, sind Frauen.
- Etwa 4,3 Prozent aller Renten sind für den Grundrentenzuschlag qualifiziert.
- Die Prüfung erfolgt automatisch über die Deutsche Rentenversicherung. Eine Antragstellung ist für den Zuschlag nicht erforderlich.
Keine eigene Rente
Der Grundrentenzuschlag wird zwar auch als Grundrente oder volkstümlich als Basisrente bezeichnet, ist aber keine eigenständige Rente, sondern ein Zuschlag zur gesetzlichen Rente.
Was ist die Voraussetzung für den Zuschlag?
2021 wurde die Grundrente eingeführt. Ihn kann nur jemand erhalten, der lange Jahre in die Deutsche Rentenkasse einzahlte und dennoch nur eine geringe Altersrente bekommt.
Wer neu in Rente geht und einen Anspruch hat, bekommt den Zuschlag automatisch mit der ersten Rentenzahlung.
Individuell, nicht allgemein
Dieser Zuschlag ist keine Pauschale, sondern wird für jede Rente individuell berechnet – auf Grundlage der Versicherungszeiten und Entgeltpunkte, die ein Arbeitnehmer während seiner Erwerbszeit bei der Rentenkasse gesammelt hat.
Wie hoch ist der Zuschlag?
Der Zuschlag ist individuell berechnet und liegt im Schnitt zwischen 80 und 100 Euro pro Monat. Der Deutsche Gewerkschaftsbund veröffentlichte 2023 ein Rechenbeispiel (damals lag der Mindestlohn bei 12 Euro).
“Die Aufwertung geringer Rentenansprüche aus langjähriger Beitragszahlung sichert den Beschäftigten regelmäßig eine Rente über der Grundsicherung. Mit der neuen Grundrente gibt es nach 45 Jahren Arbeit in Vollzeit, zum (…) Mindestlohn von 12 Euro, rund 1.060 Euro Rente. Ohne die vorgesehene Grundrente wären es nur 860 Euro.”
Ein Beispiel zur Berechnung
Gabriele verbrachte 40 Jahre ihres Berufslebens als Frisörin. In dieser Zeit sammelte sie pro Jahr durchschnittlich 0,72 Entgeltpunkte. Ihre gesetzliche Rente beläuft sich auf 985 Euro pro Monat.
Da Gabriele mehr als die erforderlichen 35 Beitragsjahre vorweisen kann, qualifiziert sie sich für den Höchstwert von 0,8 Entgeltpunkte pro Jahr. Mit ihren durchschnittlich erworbenen 0,72 Entgeltpunkten liegt sie darunter, was bedeutet, dass ihr Rentenanspruch durch den Zuschlag erhöht werden kann.
Die Berechnung des Zuschlags erfolgt folgendermaßen: Der Unterschied zwischen den erworbenen 0,72 Entgeltpunkten pro Jahr und dem Höchstwert von 0,8 Entgeltpunkten liegt bei 0,08 Entgeltpunkten.
Dieser Wert wird um 12,5 Prozent reduziert. Daraus ergeben sich 0,07 Entgeltpunkte. Diese werden dann mit dem Maximum von 35 Beitragsjahren multipliziert (0,07 x 35).
Die daraus resultierenden 2,45 Entgeltpunkte werden mit dem Rentenwert multipliziert. Dieser liegt derzeit bei 37,60 Euro pro Entgeltpunkt. Gabriele würde dementsprechend einen Grundrentenzuschlag von 92,12 Euro zusätzlich zu ihrer regulären Rente erhalten.
Für welche Renten gilt der Zuschlag?
Der Grundrentenzuchlag gilt bei gesetzlichen Renten. Dazu zählen Regelaltersrenten, Renten wegen Erwerbsminderung, Hinterbliebenenrenten und Erziehungsrenten.
Was sind die Bedingungen?
Um überhaupt einen Anspruch zu haben, müssen zumindest 33 Jahre Grundrentenzeiten registriert sein. Dazu zählen die Versicherungsbeiträge während einer angestellten Tätigkeit oder einer Selbstständigkeit, Kindererziehungszeiten, Zeiten, in denen Angehörige gepflegt wurden, sowie Krankengeld, Aufenthalt in der Reha, sowie Wehr- und Zivildienst.
Was bedeutet Wartezeit bei Kindererziehung genau?
Neben Beiträgen während der Erwerbsarbeit gelten Pflichtbeiträge für Kindererziehung als Wartezeit. Diese wird angerechnet bis zu 36 Monate für ab dem 1. Januar 1992 geborene Kinder und bis zu 30 Monate für vor 1992 geborene Kinder.
Sie kann aber auch berücksichtigt werden bis zur Vollendung des zehnten Lebensjahres des Kindes.
Leistungsbezug und Pflichtbeiträge
Zeiten, in denen Sie Leistungen bezogen werden dann angerechnet, wenn in diesen Leistungen Pflichtbeiträge zur Rentenkasse enthalten waren. Das umfasst zum Beispiel Krankheit und Reha, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Eingliederungsgeld und Kurzarbeitergeld.
Was sind Ersatzzeiten?
Zusätzlich angerechnet werden Ersatzzeiten. Diese betreffen besonders Wehr- und Ersatzdienst, sowie die Haft wegen politischer Verfolgung in der DDR.
- Über den Autor
- Letzte Beiträge des Autors
Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.