Krankengeld: Wenn die Krankenkasse die AU ablehnt

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Wer nach sechs Wochen Entgeltfortzahlung weiterhin arbeitsunfรคhig ist, rechnet mit der finanziellen Absicherung durch Krankengeld. Umso grรถรŸer ist der Schock, wenn die gesetzliche Krankenkasse die vorgelegte Arbeitsunfรคhigkeitsยญbescheinigung (AU) nicht akzeptiert und die Zahlung stoppt.

Betroffene stehen dann oft unvermittelt ohne Einkommen da und mรผssen sich in ein komplexes Geflecht aus sozialrechtlichen Vorgaben, medizinischen Gutachten und Fristen einarbeiten.

Gesetzlicher Rahmen: ยง 44 bis ยง 51 SGB V

Der Anspruch auf Krankengeld entsteht am Tag der รคrztlichen Feststellung der Arbeitsunfรคhigkeit (ยง 46 SGB V). Versicherte mรผssen das Fortbestehen ihrer Erkrankung lรผckenlos belegen; andernfalls kann der Anspruch entfallen. Gleichzeitig verpflichtet ยง 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V zur rechtzeitigen Vorlage der AU-Bescheinigung โ€“ spรคtestens am nรคchsten Werktag muss sie der Kasse vorliegen, wenn sie den Versicherten nicht schon elektronisch erreicht hat. Die Kassen prรผfen jede Bescheinigung formal und inhaltlich, bevor sie Zahlungen leisten.

Warum die Krankenkasse eine Krankmeldung zurรผckweisen kann

Ablehnungen beruhen meist auf verspรคteter Vorlage, formalen Fehlern โ€“ etwa fehlenden Diagnoseschlรผsseln โ€“ oder Zweifeln an der รคrztlichen Feststellung. Mitunter lรถst auch eine Unterbrechung von nur einem Tag zwischen zwei Bescheinigungen den vollstรคndigen Verlust des Anspruchs aus.

Zusรคtzlich kรถnnen Gutachten des Medizinischen Dienstes zu dem Ergebnis kommen, die Arbeitsunfรคhigkeit bestehe nicht (mehr). Die Kasse ist dann nach ยง 275 Abs. 1 Nr. 3 SGB V gehalten, Krankengeld zu verweigern.

Lรผckenlose Nachweise und strenge Fristen

Das Bundessozialgericht hat in mehreren Entscheidungen verdeutlicht: Selbst geringe Verzรถgerungen bei Folgebescheinigungen dรผrfen den Anspruch nicht automatisch zunichtemachen; stets ist zu prรผfen, ob den Versicherten ein Verschulden trifft.

Gleichwohl bleibt der Grundsatz bestehen, dass Nachweise ohne zeitliche Lรผcke einzureichen sind. Wer seine Krankmeldung erst Tage spรคter per Post an die Kasse schickt oder sie dem Arbeitgeber รผberlรคsst, riskiert den Leistungsstopp.

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Digital, aber nicht immer reibungslos: die eAU ab 2025

Seit 2023 รผbermitteln Arztpraxen die AU digital an die Krankenkassen; Arbeitgeber rufen sie dort automatisiert ab. Zum 1. Januar 2025 wurde das Verfahren um zusรคtzliche Rรผckmeldeยญgrรผnde erweitert, um Fehler schneller sichtbar zu machen.

Doch die elektronische AU (eAU) schรผtzt nicht automatisch vor Ablehnungen: Technische รœbertragungsfehler, falsche Zeitrรคume oder das Ausbleiben eines elektronischen Abrufs gelten weiterhin als Lรผcken, fรผr die Versicherte letztlich haften.

Bundessozialgericht: jรผngste Rechtsprechung

In einem vielbeachteten Urteil gab das BSG einer Arbeitnehmerin Recht, deren Folgebescheinigung zwei Tage zu spรคt ausgestellt war.

Die Richter betonten, dass Krankenkassen jede Verspรคtung im Einzelfall wรผrdigen und nicht schematisch den gesamten Leistungsanspruch verneinen dรผrfen.

Dennoch bestรคtigte das Gericht zugleich den Grundsatz lรผckenloser Nachweise und die Bedeutung sorgfรคltiger Fristenkontrolle.

Wege aus der Sackgasse: So reagieren Versicherte wirksam

Ergeht ein ablehnender Bescheid, lรคuft eine einmonatige Widerspruchsfrist (ยง 84 SGG). Der Widerspruch muss schriftlich oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse eingehen.

Gleichzeitig empfiehlt es sich, eine aktuelle รคrztliche Stellungnahme und, falls nรถtig, Ergรคnzungen zur Chronologie der Krankmeldungen einzureichen. Bestรคtigt die Kasse die Ablehnung, bleibt binnen eines weiteren Monats die Klage zum Sozialgericht โ€“ ohne Anwaltszwang, aber hรคufig mit anwaltlicher Unterstรผtzung erfolgversprechender.

ร„rztinnen und ร„rzte tragen Verantwortung fรผr zutreffende Datumsangaben und Diagnoseschlรผssel.

Arbeitgeber wiederum mรผssen seit Einfรผhrung der eAU aktiv die Krankendaten abrufen; unterbleibt dies, kann eine vermeintliche Lรผcke entstehen, die der Versicherten nicht beeinflussen kann.

Im Zweifel sollten Betroffene daher zusรคtzlich einen Papier- oder PDF-Ausdruck der AU an Kasse und Arbeitgeber senden, um รœbertragungsfehler auszuschlieรŸen.

Ausblick und Fazit

Die Umstellung auf die digitale Krankmeldung sollte den Prozess vereinfachen, hat aber neue Fehlerquellen geschaffen. Wer auf Krankengeld angewiesen ist, muss weiterhin jede Bescheinigung unverzรผglich รผberprรผfen und den Versand nachverfolgen.

Bei Ablehnungen lohnt der rechtzeitige und gut begrรผndete Widerspruch: Die jรผngste Rechtsprechung zeigt, dass Krankenkassen Verspรคtungen nicht pauschal sanktionieren dรผrfen. Wer Schritt fรผr Schritt vorgeht und Fristen wahrt, wahrt auch seine finanzielle Sicherheit im Krankheitsfall