Krankengeld: Urlaub während der Krankschreibung – das ist erlaubt

Wer länger krankgeschrieben ist und Krankengeld erhält, hat oft nur einen Wunsch: raus aus dem Alltag, Kraft tanken. Doch darf man während des Krankengeldbezugs verreisen – und wenn ja, wohin, wie lange, mit welchen Auflagen? Der rechtliche Rahmen ist klarer, als viele denken. Gleichzeitig drohen empfindliche Folgen, wenn Regeln missachtet werden.

Grundsatz: Urlaub trotz Krankengeld ist möglich – aber nicht grenzenlos

Während einer attestierten Arbeitsunfähigkeit ist Erholung nicht verboten. Entscheidend ist, dass die Reise den Heilungsverlauf nicht behindert und die formalen Spielregeln eingehalten werden. Innerhalb Deutschlands ist keine ausdrückliche Genehmigung der Kasse vorgeschrieben. Wer jedoch ins Ausland möchte, braucht in aller Regel ein Okay der Krankenkasse – sonst kann der Anspruch ruhen und Zahlungen stoppen.

Das folgt aus § 16 SGB V: Ohne Zustimmung ruht Krankengeld während eines Auslandsaufenthalts; mit Zustimmung kann es weiterlaufen. Das Bundessozialgericht hat zudem betont, dass Kassen Reisen innerhalb der EU nicht pauschal untersagen dürfen, wenn keine Missbrauchs- oder Gesundheitsrisiken bestehen.

Inland, EU, Drittstaaten: So unterscheiden sich die Anforderungen

Wohin? Brauche ich eine Genehmigung?
Inland (Deutschland) Nein, aber: erreichbar bleiben (Post, Telefon), lückenlose AU-Folgebescheinigungen sichern, medizinische Termine wahrnehmen.
EU/EWR/Schweiz Ja, Zustimmung der Krankenkasse. Diese ist zu erteilen, wenn die Reise medizinisch unbedenklich ist und kein Missbrauchsverdacht besteht.
Drittstaaten (außerhalb EU/EWR/CH) Regel: Zustimmung notwendig, sonst Ruhen. In der Praxis strenger geprüft (Erreichbarkeit/Behandlung), Zustimmung seltener – aber möglich.

Der Weg zur Genehmigung: So klappt’s mit der Kasse

Wer während des Krankengeldbezugs verreisen möchte, sollte frühzeitig einen Antrag bei der Krankenkasse stellen und dabei den geplanten Zeitraum, das Reiseziel sowie erreichbare Kontaktmöglichkeiten benennen. Hilfreich: Viele Kassen bieten dafür kurze Online-Formulare oder Hotlines an.

Dem Antrag sollte eine ärztliche Einschätzung beigefügt werden – ein knappes Attest reicht in der Regel aus („Reise medizinisch vertretbar; Reha-Effekt möglich; Behandlung kann fortgeführt werden.“). Wichtig ist außerdem, die laufende Behandlung sicherzustellen: Notwendige Therapien und Arzttermine dürfen nicht ausfallen; bei längerer Abwesenheit ist eine Versorgung am Urlaubsort zu organisieren.

Schließlich muss die Erreichbarkeit gewährleistet sein – etwa durch Nachsendeauftrag oder Briefkastenservice – damit auf Schreiben der Kasse kurzfristig reagiert und Termine des Medizinischen Dienstes zuverlässig wahrgenommen werden können.

Melde- und Mitwirkungspflichten: Diese Punkte sind entscheidend

Für den sicheren Bezug von Krankengeld ist eine lückenlose Arbeitsunfähigkeits­bescheinigung unerlässlich: Folge-AUs müssen rechtzeitig vorliegen, andernfalls endet der Anspruch. Auch die elektronische Übermittlung (eAU) befreit nicht davon, Fristen exakt einzuhalten.

Teilen Sie der Krankenkasse stets aktuelle Adress- und Kontaktdaten mit – inklusive Reiseadresse, Handy- und E-Mail-Kontakt sowie, falls vorhanden, der behandelnden Praxis am Urlaubsort –, damit Einladungen des Medizinischen Dienstes zuverlässig zugestellt werden und Sie erreichbar sind.

Änderungen der Reise wie Verlängerungen, Zielwechsel oder medizinische Zwischenfälle sind unverzüglich zu melden. Bewahren Sie außerdem Belege sorgfältig auf, etwa Atteste, Terminbestätigungen und Quittungen über notwendige Behandlungen am Urlaubsort.

Risiken bei Verstößen: Wenn Krankengeld ruht, endet – oder zurückgefordert wird

Wer ohne Zustimmung ins Ausland fährt oder Mitwirkungspflichten verletzt, riskiert viel:

  • Ruhen/Einstellung der Zahlung ab Beginn der ungenehmigten Auslandsabwesenheit.
  • Rückforderung bereits gezahlter Beträge bei rechtswidrigem Bezug (z. B. fehlende Zustimmung, fehlende AU-Fortschreibung).
  • Versagung/Entziehung weiterer Leistungen bei fehlender Mitwirkung (z. B. Nichtwahrnehmen MD-Termin).
  • Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit: Unpassende Reiseaktivitäten (Riskosport bei Rückenleiden, Partyurlaub bei Burn-out) können zu Nachfragen, MD-
  • Begutachtungen und Leistungskürzungen führen. Kassen dürfen Reisen nicht pauschal verbieten, dürfen aber prüfen und bei konkreten Anhaltspunkten eingreifen.

Was Kassen prüfen – und was Betroffene entkräften können

Krankenkassen wägen den Gesundheitsschutz und die Überprüfbarkeit der AU gegen das Erholungsinteresse ab. Maßgeblich sind:

  • Medizinische Vertretbarkeit (Attest),
  • Fortführung der Behandlung,
  • Erreichbarkeit/Terminsicherung,
  • Missbrauchsverdacht (z. B. „Arbeitsersatzurlaub“).

Gerade bei EU-Reisen hat das BSG die Rechte von Versicherten gestärkt: Liegen keine Zweifel an der AU und kein Missbrauchsverdacht vor, ist die Zustimmung zu erteilen. Das ist ein deutliches Signal gegen pauschale Verbote – allerdings kein Freifahrtschein.

Fazit

Urlaub während des Krankengeldbezugs ist möglich – und kann sogar zur Genesung beitragen. Wer jedoch unbedacht ins Ausland reist oder formale Pflichttritte ignoriert, riskiert Zahlungsstopp und Rückforderungen.

Mit ärztlichem Okay, rechtzeitiger Kassen-Zustimmung (insbesondere in der EU) und guter Erreichbarkeit steht einer Erholungsreise meist nichts im Weg. Die Devise lautet: Transparenz statt Risiko.