Krankengeld nach Kündigung und Arbeitslosigkeit

Viele Betroffene sind überrascht: Eine Kündigung ist auch während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich zulässig. Eine „Kündigungssperre“ wegen Krankheit gibt es nicht.

Ob eine Kündigung wirksam ist, richtet sich nach den allgemeinen Regeln – etwa dem Kündigungsschutzgesetz, Fristen und der Schriftform. Die bloße Tatsache der Krankschreibung macht eine Kündigung nicht automatisch unwirksam.

Erst die Entgeltfortzahlung, dann Krankengeld

Zu Beginn einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber – in der Regel bis zu sechs Wochen ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit.

Maßgeblich ist das Entgeltfortzahlungsgesetz. Endet das Arbeitsverhältnis in dieser Zeit, endet grundsätzlich auch die Pflicht des Arbeitgebers zur Entgeltfortzahlung, sofern nicht besondere Ausnahmen nach § 8 EntgFG greifen.

Schließt sich an die Entgeltfortzahlung ein fortdauernder Krankheitszeitraum an, zahlt die gesetzliche Krankenkasse Krankengeld. Die Höhe liegt typischerweise bei 70 Prozent des regelmäßigen Brutto- (maximal 90 Prozent des Netto-)entgelts; insgesamt ist der Bezug – einschließlich der Zeit der Entgeltfortzahlung – auf 78 Wochen innerhalb von drei Jahren je Krankheit begrenzt („Blockfrist“).

Kündigung mitten in der Krankheit: Anspruch auf Krankengeld bleibt bestehen – bei rechtzeitiger Feststellung

Entscheidend ist, wann die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wurde. Wird die Arbeitsunfähigkeit spätestens am letzten Tag des Arbeitsverhältnisses ärztlich bescheinigt, besteht der Anspruch auf Krankengeld über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus fort. Das folgt aus § 46 SGB V und ist durch die Rechtsprechung bestätigt.

Praktisch bedeutet das: Wer am letzten Beschäftigungstag noch krankgeschrieben wird, kann ab dem Folgetag Krankengeld erhalten – auch wenn das Beschäftigungsverhältnis dann bereits beendet ist.

In der Praxis ist außerdem die lückenlose ärztliche Feststellung wichtig: Folge-Bescheinigungen müssen nahtlos anschließen. Kommt es zu Lücken, kann der Krankengeldanspruch entfallen. Die Rechtsprechung verlangt einen rechtzeitigen Arztkontakt und in der Regel eine nahtlose Folgebescheinigung.

Krankschreibung erst nach Ende des Arbeitsverhältnisses: erst ALG-Fortzahlung, dann Krankengeld in ALG-Höhe

Wird die Arbeitsunfähigkeit erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses festgestellt und beziehen Betroffene bereits Arbeitslosengeld I, greift eine andere Abfolge: Die Agentur für Arbeit zahlt das Arbeitslosengeld bis zu sechs Wochen weiter, obwohl man arbeitsunfähig ist (§ 146 SGB III). Ab der siebten Woche zahlt die Krankenkasse Krankengeld – allerdings in der Höhe des zuvor bezogenen Arbeitslosengeldes (§ 47b SGB V).

Finanziell ist das ein Unterschied: Klassisches Krankengeld aus Beschäftigung bemisst sich – wie oben beschrieben – an 70 Prozent des Bruttos (maximal 90 Prozent des Nettos) und liegt damit häufig über dem Arbeitslosengeld I, das in der Regel 60 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts beträgt (67 Prozent mit Kind).

Höhe und Dauer im Überblick – und warum „Blockfristen“ zählen

Die Kasse zahlt Krankengeld für maximal 78 Wochen innerhalb von drei Jahren je Krankheit; die Blockfrist startet mit dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit. Zeiten, in denen anderes Einkommen (z. B. Entgeltfortzahlung) fließt, führen zum Ruhen des Krankengeldanspruchs.

Sie verlängern die Blockfrist nicht, sondern werden bei der Höchstdauer berücksichtigt. Für Betroffene ist deshalb die saubere Dokumentation der Diagnose, die ärztliche Feststellung am richtigen Tag und die lückenlose Folgekrankschreibung zentral.

Aufhebungsvertrag, Abfindung, Resturlaub: Was das für Krankengeld und Arbeitslosengeld bedeutet

Viele Arbeitgeber und Beschäftigte einigen sich bei längerer Krankheit auf einen Aufhebungsvertrag. Sozialrechtlich heikel ist in diesem Zusammenhang die Sperrzeit beim Arbeitslosengeld I: Wer sein Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund beendet oder an der Beendigung mitwirkt, riskiert eine Sperrzeit von in der Regel zwölf Wochen; in dieser Zeit ruht der ALG-Anspruch.

Das folgt aus § 159 SGB III. Für das Krankengeld ist eine Sperrzeit beim ALG I nicht maßgeblich, wohl aber relevant für Betroffene, die nach Beschäftigungsende zunächst ALG I beziehen.

Eine Abfindung selbst mindert den Krankengeldanspruch grundsätzlich nicht, sofern es sich um eine „echte Abfindung“ als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes handelt.

Dagegen lösen laufende Entgeltbestandteile oder nachträgliche Lohnzahlungen ein Ruhen des Krankengeldes aus. Urlaubsabgeltungen sind hier eine Besonderheit: Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung führen sie nicht zum Ruhen des Krankengeldes, weil es sich um eine einmalige Zahlung handelt.

Praktische Konsequenzen für Betroffene

Wer während einer bestehenden Krankschreibung eine Kündigung erhält, sollte darauf achten, dass die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit spätestens am letzten Beschäftigungstag vorliegt und nahtlos fortgeschrieben wird. So bleibt der Krankengeldanspruch auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses erhalten.

Wer erst nach dem Ende des Jobs krankgeschrieben wird, erhält zunächst Arbeitslosengeld weitergezahlt und anschließend Krankengeld in Höhe des ALG – finanziell oft ungünstiger als klassisches Krankengeld aus Beschäftigung. In allen Konstellationen gilt: Krankengeldbezug verbraucht keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I, solange tatsächlich kein ALG I gezahlt wird; der ALG-Anspruch wird erst im Zeitpunkt des ALG-Bezugs „angezapft“.

Fazit

Die Weichenstellung erfolgt an zwei Stellen: Zeitpunkt der Krankschreibung und lückenlose Folgebescheinigung. Wird die Arbeitsunfähigkeit fristgerecht am letzten Arbeitstag festgestellt, läuft der Krankengeldanspruch über das Beschäftigungsende hinweg weiter – häufig günstiger als der Weg über Arbeitslosengeld und anschließendes Krankengeld in ALG-Höhe.

Bei Aufhebungsverträgen droht zwar eine ALG-Sperrzeit, das eigentliche Krankengeld bleibt davon aber unberührt; einmalige Zahlungen wie Urlaubsabgeltungen lassen den Krankengeldanspruch nicht ruhen.

Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. In konkreten Fällen lohnt der Blick in die genannten Normen (§§ 46, 47, 47b, 48, 49 SGB V; §§ 146, 159 SGB III; EntgFG).