Krankengeld: Dann genau beginnt die zweite Blockfrist

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Wer in Deutschland wegen derselben Krankheit lรคnger als eineinhalb Jahre arbeitsunfรคhig ist, erhรคlt keine Zahlungen mehr von der gesetzlichen Krankenkasse i Form von Krankengeld. Genauer gesagt endet der Anspruch nach 78 Wochen โ€“ umgerechnet 546 Kalendertagen โ€“ innerhalb eines dreijรคhrigen Bezugsrahmens.

Dabei werden die ersten sechs Wochen, in denen der Arbeitgeber noch Lohnfortzahlung leistet, bereits eingerechnet.

Fรผr die meisten Betroffenen verbleibt unter dem Strich ein Zeitraum von hรถchstens 72 Wochen, in dem die Kasse Krankengeld auszahlt. Die zeitliche Obergrenze ist in ยง 48 SGB V verankert und seit Jahren unverรคndert.

Die unsichtbare Dreijahres-Blockfrist

Entscheidend ist nicht allein die Zahl von 78 Wochen, sondern der zeitliche Rahmen, die sogenannte Blockfrist. Sie beginnt an dem Tag, an dem der Arzt die erste Arbeitsunfรคhigkeitsยญbescheinigung wegen der betreffenden Krankheit ausstellt und die Krankenkasse die Behandlung รผbernimmt.

Von diesem Ausgangsdatum an lรคuft โ€“ fรผr die Versicherten ohne sichtbare Markierung โ€“ ein exakt dreijรคhriger Zeitraum. Innerhalb dieser drei Jahre kรถnnen maximal 78 Wochen Krankengeld wegen derselben Erkrankung in Anspruch genommen werden.

Vergehen die drei Jahre, endet die Blockfrist automatisch, ganz gleich, ob die Betroffenen noch krankgeschrieben sind oder lรคngst wieder arbeiten.

Nahtloser รœbergang zur nรคchsten Blockfrist

Ist die erste Dreijahresfrist abgelaufen, beginnt am folgenden Kalendertag sofort eine neue Blockfrist. Ein kรผnstlicher โ€Reset-Knopfโ€œ, den man durch eine lรคngere Arbeitsphase drรผcken kรถnnte, existiert nicht.

Die Folge: Wer nach Beendigung der ersten Frist erneut oder weiterhin mit derselben Diagnose arbeitsunfรคhig wird, kann erst dann wieder Krankengeld erhalten, wenn zwei Voraussetzungen erfรผllt sind.

Erstens mรผssen seit dem Ende der Leistungen mindestens sechs Monate vergangen sein, in denen kein Krankengeld wegen dieser Diagnose floss.

Zweitens mรผssen wรคhrend dieser Zeit wenigstens sechs Monate Pflichtbeitrรคge zur Krankenversicherung entrichtet worden sein โ€“ etwa durch sozialversicherungspflichtige Beschรคftigung oder den Bezug von Arbeitslosengeld I. Erfรผllen Versicherte beide Bedingungen, รถffnet sich erneut das Zeitfenster von bis zu 78 Wochen.

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Wenn ein Unfall dazwischenkommt

Komplizierter wird es, sobald eine neue Krankheit in Erscheinung tritt. Ein Beispiel aus der Praxis: Eine Patientin bezieht Krankengeld wegen einer schweren Erkrankung und nimmt nach erfolgreicher Therapie ihre Arbeit wieder auf. Monate spรคter erleidet sie einen schweren Autounfall.

Da zwischen den beiden Diagnosen eine arbeitsfรคhige Phase ohne Krankengeld lag, handelt es sich um einen eigenstรคndigen Versicherungsfall โ€“ die Unfallfolgen lรถsen eine neue Blockfrist aus, und die Patientin hat erneut bis zu 78 Wochen Anspruch.

Wรคre der Unfall wรคhrend des laufenden Bezugs wegen Krebs passiert, hรคtte die Kasse die Erkrankungen zusammengefasst; ein zusรคtzlicher Anspruch wรคre nicht entstanden.

Aussteuerung und der Weg zur Arbeitsagentur

Ist die Hรถchstdauer ausgeschรถpft, spricht man von der โ€žAussteuerungโ€œ. Fรผr die Versicherten ist damit keineswegs jede finanzielle Hilfe beendet.

In vielen Fรคllen springt nahtlos die Bundesagentur fรผr Arbeit ein. Wer dem Arbeitsmarkt โ€“ zumindest theoretisch โ€“ zur Verfรผgung steht, kann Arbeitslosengeld I nach ยง 145 SGB III beziehen; die Leistungshรถhe richtet sich nach dem letzten Bruttoeinkommen.

Fรผr Menschen mit schwerwiegenden gesundheitlichen Einschrรคnkungen kommt zudem eine medizinische Rehabilitation oder โ€“ falls Erwerbsfรคhigkeit dauerhaft eingeschrรคnkt ist โ€“ eine Erwerbsminderungsrente in Betracht. Private Krankentagegeld- oder Berufsunfรคhigkeitsversicherungen kรถnnen eventuelle Lรผcken schlieรŸen, sofern entsprechende Policen abgeschlossen wurden.

Beratung ist unverzichtbar

Ob รœberschreiten der Blockfrist, Rรผckkehr an den Arbeitsplatz, Antrag auf Reha oder die Klรคrung rentenrechtlicher Fragen โ€“ jeder Fall weist individuelle Besonderheiten auf. Fachkundige Beratung durch Sozialverbรคnde, Gewerkschaften oder spezialisierte Anwรคlte hilft, Fristen im Blick zu behalten, notwendige Antrรคge rechtzeitig zu stellen und drohende Versorgungslรผcken zu vermeiden.

Schon der Status โ€žarbeitsunfรคhigโ€œ kann im Zusammenspiel mit Arbeitgeber, Krankenkasse und Arbeitsagentur unterschiedliche rechtliche Konsequenzen haben. Wer Dokumente strukturiert archiviert, รคrztliche Atteste lรผckenlos vorweist und sich frรผhzeitig Rat holt, erhรถht die Chancen auf einen reibungslosen รœbergang zwischen den Leistungssystemen.

Fazit

Das deutsche Krankengeldsystem verfolgt ein doppeltes Ziel: Es soll Erkrankten ausreichend Zeit zur Genesung geben und gleichzeitig ausschlieรŸen, dass Versicherte ohne Perspektive dauerhaft in der Lohnersatzยญleistung verharren. Die starre 78-Wochen-Grenze innerhalb der Blockfrist ist dabei der Dreh- und Angelpunkt.

Wer sich rechtzeitig mit den Regeln vertraut macht, profitiert von mehr Planungssicherheit und kann im Ernstfall schneller reagieren โ€“ sei es bei einer Verlรคngerung des Arbeitsverhรคltnisses, einer neuen Erkrankung oder beim รœbergang zur Arbeitsagentur.

Wichtig: Nach eineinhalb Jahren endet der Anspruch auf Krankengeld โ€“ es sei denn, eine neue Blockfrist erรถffnet unter den genannten Bedingungen einen neuen Anspruch.