Hartz IV-Reformen verfassungsrechtlich bedenklich?

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Hartz IV-Reformen verfassungsrechtlich bedenklich? DGB, Sozialrichter und Sozialgerichtstag kritisieren verfassungsrechtliche Mängel der aktuellen Gesetzesvorlage.

Die geplanten Hartz IV Reformen der Bundesregierung sind nach Ansicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) „verfassungsrechtlich bedenklich“. Der vorgelegte Gesetzentwurf ist nach einer Auswertung der Gewerkschaft „nicht gerecht“ und sei „keine tragfähige Basis zur Vermeidung von Armut, insbesondere von Kinderarmut“. Diese Stellungnahme werde der DGB am Montag bei einer Anhörung zu den Hartz IV Gesetzesanhörungen abgeben, wie der "Tagesspiegel" in seiner Ausgabe am Montag berichtet. Das Blatt bezieht sich dabei auf eine vorliegenden Stellungnahme des DGB. „Die Verfassungslage ist entscheidend, nicht die Kassenlage“, heißt es weiter in der Verlautbarung des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Schließlich seien die neuen Arbeitslosengeld II-Regelleistungen „durch eine politisch motivierte, gesteuerte Auswertung“ berechnet worden. Zudem ergab eine Analyse, dass teilweise fragwürdige normative Entscheidungen getroffen bei der Berechnung wurden. Es ist demnach nicht nachvollziehbar, warum Bezieher von SGB II Leistungen nicht „im geringen Maß Alkohol und Zigaretten konsumieren sollen“.

Summe des Schulbedarf- und Bildungspakets nicht transparent berechnet
Der Gewerkschaftsbund kritisierte auch die völlig unzureichenden Fördermittel des geplanten Bildungspakets. Der geplante Betrag von 10 Euro sei „weitgehend freihändig abgeleitet“, so der DGB. Der Deutsche Sozialgerichtstag kritisierte am Freitag in Potsdam, dass der pauschale Betrag des Schulbedarfspakets von 100 Euro plus des monatlichen Betrages von 10 Euro für Bildung, Sport und Freizeit völlig unzureichend belegt ist. Die Werte wären nicht transparent und nachvollziehbar ermittelt worden. Eben jene Transparenz wurde in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Anfang diesen Jahres gefordert.

Neue Hartz IV Verfassungsklage droht
Auch der Sozialrichter Jürgen Borchert kritisierte gegenüber der Zeitung „Die Welt“, dass der vorgelegte Entwurf „in Karlsruhe ins offene Messer“ läuft. Der Sozialrichter hatte mit seiner Senatsvorlage maßgeblich dazu beigetragen, dass die Hartz-IV-Regelsätze vom Bundesverfassungsgericht verhandelt und schließlich als verfassungswidrig eingestuft wurden. Borchert war der schwarz-gelben Bundesregierung vor, sich die Regelsätze aus finanziellen Gründen „passend“ gerechnet zu haben. Eine erneute Klage scheint angesichts dieses Umstands unvermeidlich. Für die Anhörung im Deutschen Bundestag sind Experten der Arbeitgeber, Gewerkschaften, Sozialverbände und Kommunen geladen. (sb, 21.10.2010)