Mietsenkung durch Ämter bei Hartz IV Bezug
Häufige Auslöser fur Auseinandersetzungen zwischen ALG II-Empfangern und der ARGE sind die Übernahme der Kosten der Unterkunft (KdU). Deshalb sollen an dieser Stelle ein paar klare Hinweise und Ratschläge gegeben werden, um Ihre Verhandlungsgrundlage abzusichern und Kurzungen im Arbeitslosengeld II-Bezug (ALG II) zu vermeiden.
In unregelmäßigen Abständen neigen die Persönlichen Ansprechpartner (PAPs) der ARGE dazu, ihre „Kunden“ auf die Unangemessenheit von Miet-, Heiz- oder Nebenkosten hinzuweisen. Die Betroffenen werden unvermutet aufgefordert, die Kosten zu senken. Dies könnte beispielsweise durch Untervermietung, Verringerung der Heizkosten („Ziehen Sie sich doch einen dicken Pullover an!“), Umzug oder ähnlichen, in die Privatsphäre eingreifenden, Mitteln geschehen.
Es gibt eine KDU-Richtlinie
Die Stadt Köln beispielsweise, bei der ARGE zustandig für die KdU, hat eine Richtlinie zu diesem Thema herausgegeben. Leider kennen die PAPs diesen Text nicht oder nur in Auszugen. Diese Richtlinie sagt: „Die Kosten der Unterkunft gehoren gemäß § 19 Abs. 1 SGB II zum notwendigen Lebensunterhalt und werden gemäß § 22 Abs. 1 SGB II in Hohe der tatsachlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. (…)“ [Richtlinie Nr. 37: Richtlinie zur Berucksichtigung der Kosten der Unterkunft im SGB II (Az.: 37/07 50 05 022a)]
Tatsachliche Miethöhe…
Die Betonung liegt hier auf TATSÄCHLICHE Aufwendungen. Das Angemessenheitskriterium wird an dieser Stelle der Richtlinie nicht genau definiert. Eingangs wird von einer pauschalen Höchstgrenze in Hohe von € 6,90/m2 pro Person ausgegangen. Eine Grenze,
die fur Kolner Verhaltnisse lächerlich ist. Berechnungsgrundlage sind Angaben aus dem sozialen Wohnungsbau. Sozialwohnungen sind in Köln aber ein schwindendes und von Privatisierung bedrohtes Gut. Schon die Berechnungsgrundlage ist damit fraglich.
… muss ubernommen werden
An anderer Stelle wird der Begriff „tatsachliche Aufwendungen“ definiert: „Zu den Kosten der Unterkunft im Sinne der SGB II gehört der im Mietvertrag fur die Gebrauchsüberlassung von Wohnraum vereinbarte laufende Mietzins. (…)“ An dieser Stelle ist keine Rede
davon, dass die im Mietvertrag vereinbarten Kosten nicht oder nur teilweise von der ARGE getragen werden.
Dennoch ist es in der Beratung keine Seltenheit, dass ALG-II-Empfanger Teile ihres ALG II Regelsatzes fur die Miete aufbringen, da die ARGE starr am irrealen Angemessenheitskriterium festhalt. Dabei ist auch die ARGE gesetzlichen Beschrankungen unterworfen. Sie muss den ALG II-Empfanger daruber umgehend aufklären, dass die Kosten seiner Unterkunft zu hoch sind.
Aufforderung zur Senkung der KdU
Die Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten wird vom „Projekt Senkung der KdU“ (SKdU) beschlossen. Die Richtlinie 37 dazu: „Kommt das Projekt SKdU zu dem Ergebnis, dass in einem Hilfefall mietsenkende Maßnahmen gepruft werden sollen, ist nun die/der Leistungsberechtigte durch den ARGE-Standort umgehend schriftlich uber die Unangemessenheit der zurzeit zu leistenden
Mietkosten, die Hohe angemessener Unterkunftskosten, das eingeleitete Wohnungsvermittlungsverfahren sowie die rechtlichen Konsequenzen bei Ablehnung eines Wohnungsangebotes (vgl. Ziffer 5.3) zu unterrichten. Das Schreiben (VD-II-22-Übernahme unangemessener Unterkunftskosten_ab030907) ist entweder personlich gegen Empfangsbekenntnis auszuhändigen oder mit Postzustellungsurkunde zu ubersenden.“
Schriftliche Aufforderung
Ohne die schriftliche und formvollendete Aufforderung ist die ARGE verpflichtet die Miete in VOLLER Höhe zu übernehmen. Sie tut das aber bei weitem nicht immer. Lasst euch das nicht gefallen! Das Verfahren muss zwingend eingehalten werden und kann ein halbes Jahr oder langer dauern. Die zu hohe Miete muss auch nach Aufforderung bis zu einem halben Jahr ungemindert übernommen werden. Wenn ihr davon betroffen seid, dass eure Miete nicht vollstandig ubernommen wird, geht mit einem Beistand zu eurem PAP und weist ihn auf das ordentliche Verfahren hin. Sollte das nicht fruchten, zu Teamleitung/Standortleitung gehen. Auch die Beschwerdestelle wird sich dafur interessieren.
Wenn ihr umziehen musst, um einen neuen Job anzutreten, aber noch im Hartz IV Bezug seid, lasst euch den Umzug unbedingt
vorher von der ARGE schriftlich genehmigen. Die ARGE muss nach der Richtlinie 37 den Umzug nur nach Zustimmung bezahlen.
Auch Nebenkosten in voller Höhe
Analog zu den Kosten fur die Miete ist die Rechtslage bei Nebenkosten und Betriebskostenabrechnung. Die Kosten müssen in VOLLER Höhe ubernommen werden.
Nur ein Richtwert
Auch wenn ein Richtwert von 1,30 €/m2 angesetzt wird, gibt es einige Ausnahmen, die hohere Heizkosten mit sich bringen können. Grunde wie Krankheit oder bauliche Mangel müssen berucksichtigt werden. Sollte die ARGE sich querstellen, muss sie auch bei diesen Kosten das o.g. Verfahren einhalten! Haufig gibt’s Probleme mit der ARGE um die Betriebskostenabrechnungen, insbesondere wenn Nachzahlungen vom Vermieter gefordert werden. Richtlinie 37 sagt „(…) Solange die Zahlung fallig ist, d.h. der Mieter sich mit der Begleichung nicht in Verzug befindet, sind berechtigte Nachforderungen zu ubernehmen, soweit sich die Gesamtforderung im Rahmen der Angemessenheit bewegt (…).“ Es gelten die gleichen Ausnahmen wie bei den Heizkosten und das Verfahren muss eingehalten werden!
Rechte einfordern
Sollte die ARGE nicht bereit sein, die tatsachlichen Kosten der Unterkunft zu übernehmen, sucht euch Unterstutzung und beharrt – freundlich und bestimmt – auf euer Recht.
Beratungsstelle aufsuchen
Solltet ihr euch schon innerhalb des oben geschilderten Verfahrens befinden, kommt in die Beratung. Es gibt verschiedene Wege das Verfahren abzuwenden. Dabei hangt das weitere Vorgehen vom Einzelfall ab. Die Miete muss ubernommen werden, solange
das Verfahren schwebt. Alles andere ist ungesetzlich! (Die Keas Köln, 25.05.2009)
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