Hartz IV: Arbeit verboten?

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Arbeit verboten, wenn man in die Hartz IV Falle gerutscht ist? Ein Bericht einer Betroffenen

Trotz Schwerbehinderung und Ausbildung war mein Mann bereit zumindest für einige Zeit einen Minijob anzunehmen als Reinigungskraft. Eine Woche Praktikum zuvor sollte erfolgen. Das Angebot, das er erhielt war außerhalb des Wohnorts, sogar nicht in NRW, sondern in Norddeutschland. Allerdings hätte es keine Probleme wegen Übernachtungen gegeben. Es wurde der ARGE-Fallmanagerin mitgeteilt. Sie war unwissend, machte sich telefonisch kundig, um meinem Mann dann sofort mit vollständiger ALG II-Streichung zu drohen, sollte er die Arbeit annehmen. Demhinzu hatte er sich während der geplanten Praktikumswoche täglich telefonisch bei der Fallmanagerin zu melden um nachzuweisen, dass er auch brav zu Hause sitzen bleibt.

Es gibt keine HartzIV-Regelung, die Arbeit verbietet. Ein ALG II-Bezieher darf hinzuverdienen. Der Erwerbsfähige muß alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seines ALG II-Anspruchs in Angriff nehmen. Er kann neben den Leistungen des ALG II anrechnungsfrei 100,- Euro hinzuverdienen. Erst ab einem Bruttolohn von über 100,- Euro erfolgt eine Anrechnung auf das ALG II.
Arbeitsverbot nein, aber Reiseverbot, d.h. offiziell ist die Bezugsperson jederzeit am gemeldeten Wohnort erreichbar zu sein. Ist er also während der Woche nicht zu Hause, wäre das schon illegal.

Natürlich wäre ARGE die Arbeitsstellenadresse bekannt gewesen. Natürlich kann ich als Ehefrau ihn tagtäglich erreichen. Natürlich wollter er nicht ausziehen, wäre auf jeden Fall die Wochenenden zu Hause gewesen, wäre nicht unerreichbar gewesen. Eine bürokratische Ummeldung seinerseits wurde auch nicht akzeptiert. Angeblich wäre ihm eine Vollzeittätigkeit auch außerhalb des Wohnorts gewährt geworden, wie man ihm mitteilte, aber nicht seine Mini-Job-Chance.

Ich gehe davon aus, dass solche Fälle gleich als "Abzocker" betrachtet werden. Die Teilzeittätigkeit ist nicht nur deshalb attraktiv, weil sie den lohnenden Hinzuverdienst abdeckt. Sie ist auch ein willkommenes Instrument, um die üblichen Sanktionsmaßnahmen von ARGE zu umgehen. Wenn ein Hilfeempfänger einen Minijob ausübt, ist es für das Amt kaum noch möglich, seine Bereitschaft zur Aufnahme einer Vollzeittätigkeit durch Zuweisung eines 1-Euro-Jobs oder sonstiger Maßnahmen zu überprüfen. Erst recht lukrativ ist die Teizeitarbeit für diejenigen, die schwarzarbeiten. Hier dient die Minibeschäftigung als perfekte Tarnung. Kein Kontrolleur kann unterscheiden, ob jemand gerade seinem legalen Minijob nachgeht oder der Schwarzarbeit. Also war die Entscheidung mit der "Knetgummi-Regelung" der täglichen Erreichbarkeit getroffen worden, weil alle Mini-Jobber wohl auch gleich als Schwarzarbeiter vorverurteilt werden.

Nicht rechtens ist jedoch die Drohung einer sofortigen vollständigen Kürzung von Hartz IV, weil die ARGE so nicht den Verfahrensfristen Folge leistet, d.h., wenn überhaupt Kürzung, dann erst einmal 30% (oder 10% bei Nichteinhaltung eines Termins). Demhinzu hatte er eine EGV (Eingliederungsvereinbarung) zu unterschreiben, eigentlich der übliche Standardvordruck, wie oft die Person sich monatlich um Arbeit zu bemühen habe, welche "Leistungen" ARGE erbringt, worum sich die Bezugsperson bemüht. Unter der "persönlichen Bemühung" wurde auch der Zwang der eine Woche täglichen Meldung, dass er die Arbeit nicht ausführt, bei der Fallmanagerin eingetragen, sowie die "unverzügliche Mitteilung bei Ortabwesenheit", welcher er ja nicht widersprochen hatte, weil er ARGE das Arbeitsangebot mitgeteilt hatte. Es handelte sich letztendlich um ein Verbot von Ortabwesenheit. Welche Ironie, dass mit der Eingliederungvereinbarung die Eingliederung auf dem Arbeitsmarkt verboten wird. (Norgat Calsin Borda, 06.04.2008)