Fragen und Antworten zum Thema Erbschaft und Arbeitslosengeld II (ALG II)
Ich habe geerbt, muss ich das der ARGE melden?
Jeder Empfänger von ALG II ist nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I verpflichtet, (spätestens) nach einer eventuellen Erbschaftsannahme die Erbschaft anzuzeigen. Außerdem kann die Bundesagentur Einsicht in die Akten des Nachlassgerichts nehmen (was voraussetzt, dass die Bundesagentur von dem Tod des Erblassers erfahren hat). Schließlich kann der Erbfall natürlich von missgünstigen Verwandten, Bekannten oder Nachbarn angezeigt werden.
Was passiert, wenn ich die Erbschaft nicht melde?
Unterlässt der Empfänger von ALG II die Anzeige der Erbschaft, begeht er nach § 63 Abs. 1 Nr. 6 SGB II eine Ordnungswidrigkeit, die nach § 63 Abs. 2 SGB II mit einem Bußgeld von bis zu 5.000,00 EUR geahndet werden kann. Außerdem macht er sich unter Umständen nach § 263 StGB wegen Betrugs strafbar. Bei nicht angezeigter Erbschaft dürfte aber in der Regel von einer Strafverfolgung abgesehen werden, da vielen Empfängern die Problematik schlicht nicht nachvollziehbar ist. Außerdem handelt es sich unter Umständen um sog. sozialwidriges Verhalten, welches Ersatzansprüche nach § 34 SGB II begründen kann.
Was passiert, wenn ich die Erbschaft ausschlage?
Ist der Erbfall bereits eingetreten, sollte der Erbe überlegen, ob ein Verzicht auf die Erbschaft oder eine Ausschlagung sinnvoll ist.
Allerdings sollte man im Hinblick auf § 34 Abs. 1 SGB II beachten, dass hier eine Leistungseinstellung bzw. -verweigerung wegen vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung der Hilfsbedürftigkeit möglich ist.
Schließlich weigert man sich, Einkommen anzunehmen, das einem zusteht. Eine solche Weigerung begründet keine Hilfebedürftigkeit und damit keine Ansprüche nach SGB II.
Eine Ausschlagung ist hier nur sinnvoll, wenn man Schulden erbt.
Ist das Erbe für einen ALG II-Empfänger Einkommen oder Vermögen?
Wenn man währen des Bezuges von ALG II erbt, egal ob verwertbare Sachwerte oder Geld, stellt dieses Erbe Einkommen im Sinne des § 11 SGB II dar und wird von der ARGE als einmaliges Einkommen auf das ALG II des Erben angerechnet.
Wird das gesammte Erbe berücksichtigt?
Generell kann nur der Betrag des Erbes berücksichtigt werden, der tatsächlich für Leistungen, für die das ALG II gezahlt wird, zur Verfügung steht. D.h. alle Aufwendungen, welche mit der Erbschaft verbunden sind, müssen davon abgezogen werden (§ 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II). Dazu gehören u.a. Erbschaftssteuer, Schulden, des Erblassers, Bestattungskosten, usw.
Gegenstände oder Sachwerte können nur (mit ihrem Verkaufserlös) berücksichtigt werden, wenn deren Verwertung möglich ist und keine besondere Härte darstellt.
Wie werden einmalige Einnahmen berücksichtigt?
Geregelt ist dies in § 2 Abs. 2 Satz 3 ALG II-VO, dort heißt es:
Einmalige Einnahmen sind von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Abweichend von Satz 1 ist eine Berücksichtigung der Einnahmen ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses folgt, zulässig, wenn Leistungen für den Monat des Zuflusses bereits erbracht worden sind. Einmalige Einnahmen sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen.
Ganz wichtig ist hierbei, dass einmalige Einnahmen generell nicht wie Einkommen aus Erwerbstätigkeit behandelt werden.
Was bedeutet dies nun im Einzelnen für den/die Betroffenen?
Dazu gibt die Handlungsanweisung der BA zum § 11 SGB II ab Rz. 11.60 umfassend Auskunft:
Die Anrechnung ist daher im Regelfall in einer Summe vorzunehmen, wenn der aus der einmaligen Einnahme anzurechnende Betrag geringer ist als die Differenz zwischen dem Gesamtbedarf und einem ggf. anzurechnenden laufenden Einkommen. Der Zuschlag nach § 24 und Zuschüsse nach § 26 sind dabei nicht in die Berechnung einzubeziehen. Ist eine einmalige Einnahme in erheblicher Höhe (z.B. Erbschaften oder Abfindungen während des Leistungsbezuges) anzurechnen, kann auch ein vollständiger Leistungsausschluss in Betracht kommen. Dabei sind im Rahmen der Ermessensausübung die Auswirkungen einer Beendigung des Leistungsbezuges auf laufende Eingliederungsmaßnahmen, den Zuschlag nach § 24 und insbesondere auf den Krankenversicherungsschutz zu berücksichtigen. Kann der Krankenversicherungsschutz nicht über eine Familienversicherung sichergestellt werden, ist bei Anrechnungszeiträumen von bis zu sechs Monaten dem Leistungsbezieher der Abschluss einer freiwilligen gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung in der Regel nicht zuzumuten. Die Anrechnung sollte in diesen Fällen so vorgenommen werden, dass ein Zahlbetrag verbleibt und somit der KV-Schutz erhalten bleibt. Kann mit dem Anrechnungsbetrag aus einer einmaligen Einnahme ggf. auch unter Berücksichtigung eines sonstigen Einkommens der Gesamtbedarf für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten gedeckt werden, so kann auch ein Verweis auf eine Finanzierung des KV-Schutzes aus dieser Einnahme zumutbar sein. Dabei gilt: je höher die einmalige Einnahme ist, und umso länger der Lebensunterhalt damit gesichert werden kann, desto eher ist die Tragung der Kosten des KV-Schutzes dem Antragsteller zuzumuten. Soll in diesen Fällen ein vollständiger Leistungsausschluss erfolgen, so sind die dem Antragsteller für die freiwillige gesetzliche oder private Krankenversicherung entstehenden Kosten bei der Ermittlung der Dauer des Leistungsausschlusses entsprechend § 26 Abs. 3 zu berücksichtigen.
D.h. also, dass die einmalige Einnahme in dem Monat auf das ALG II angerechnet wird, indem man sie erhält, wenn der Betrag geringer ist als das ALG II. Ist der Betrag höher als das ALG II, soll durch die Anrechnung in monatlichen Raten verhindert werden, dass der KV-Schutz entfällt. Nur bei sehr hohen einmaligen Beträgen ist eine Leistungseinstellung und damit die Selbstversicherung zulässig.
Lebt man in einer BG, ist man den anderen Mitgliedern gegenüber unterhaltspflichtig. D.h. das einmalige Einkommen wird auf den Bedarf aller Mitglieder der BG verteilt.
Auch ein Freibetrag muss hier gewährt werden
Insbesondere die Pauschale für angemessene private Versicherungen in Höhe von 30 € und die Aufwendungen für gesetzlich vorgeschriebene Versicherungen (z. B. Kfz-Versicherung) sind für jeden Monat, für den einmaliges Einkommen angerechnet wird, zu berücksichtigen. Bsp: Wenn das Amt von 1200€ jeden Monat 100€ anrechnet, muss es davon 30€ plus Aufwendungen für gesetzlich vorgeschriebene Versicherungen (z.B. KFZ-Haftpflicht) absetzen. Es dürfen also tatsächlich nur 70€ oder weniger angerechnet werden.
Bei einer BG, wenn das einmalige Einkommen auf den Bedarf aller Mitglieder der BG verteilt wird, muss auch für jedes Mitglied der BG ein eigener Freibetrag berücksichtigt werden!
Was muss bei einer Leistungseinstellung besonderst berücksichtig werden?
Es darf nicht der komplette Betrag der einmaligen Einnahme zugrunde gelegt werden, sondern es müssen die monatlichen Freibeträge und Ausgaben für gesetzlich vorgeschriebene Versicherungen, insbesondere die dann privat zu zahlende Krankenversicherung, berücksichtigt und davon abgezogen werden. Das ist wichtig bei der Berechnung, für welche Zeitdauer diese einmalige Einnahme reicht und die Leistungseinstellung erfolgen kann, da hier der Bedarf an ALG II für diesen Zeitraum zugrunde gelegt wird. Dabei kann also nur der Betrag berücksichtigt werden, der auch tatsächlich für denselben Zweck wie das ALG II zur Verfügung steht.
Das Ziel ist ein möglichst kurzer Anrechnungszeitraum
In besonderen Situationen kann die Anrechnung auch abweichend vom Ziel eines möglichst kurzen Anrechnungszeitraums erfolgen, d.h. es wird ein geringerer als der höchstmögliche monatliche Anrechnungsbetrag angesetzt und der Anrechnungszeitraum entsprechend verlängert. Dies ist z. B. der
Fall, wenn der Hilfebedürftige nachweist, dass die einmalige Zahlung für die Tilgung von Schulden vorgesehen ist und auch hierfür verwendet wird.
Bsp: Im Falle einer einmaligen Einnahme in Höhe von 500€ kann also statt der sofortigen kompletten Anrechnung auf die laufende Leistung auch eine Anrechnung ihn Raten erfolgen, z.B. 10 x 50€. Da hier aber wieder bei jeder Rate der Freibetrag berücksichtigt werden muss, wird dies wirklich nur in absoluten Ausnahmefällen und auch nur in Maßen passieren. Denn statt der bei kompletter Anrechnung hier anzurechnenden (500€ – 30€ =) 470€ wären bei z.B. 10 Raten a’ 50€ nur (50€ – 30€ = 20€ x 12 Monate =) 240€ anzurechnen. Das würde die ARGE also 240€ an Leistung kosten.
Ganz wichtig:
Die Anrechnung der einmaligen Einnahme soll auch bei erheblichen Beträgen einen Zeitraum von zwölf Monaten nicht überschreiten. Der nicht verbrauchte Anteil der einmaligen Einnahme ist danach im Rahmen der Vermögensprüfung zu berücksichtigen. Eine einmalige Einnahme kann also nur max. für 12 Monate angerechnet werden. Dabei ist es egal, ob hier die Leistung für 12 Monate komplett eingestellt wird oder aber nur eine Anrechnung in monatlichen Raten erfolgt. Bei der Berücksichtigung als Vermögen, nach Ablauf der 12 Monate, kann sich dann u.U. eine Vermögensverwertung ergeben, wenn der Vermögensfreibetrag überschritten wird. (gegen-hartz.de, 15.11.07)
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