„Mütterrente 3“ klingt nach einem beschlossenen Gesetz, das pünktlich zum 1. Juli 2025 Millionen Rentnerinnen und einigen wenigen betroffenen Vätern automatisch ein kleines Plus beschert. Doch so eindeutig ist die Lage nicht, wie einige Medien berichten.
Hinter dem griffigen Begriff verbirgt sich bislang nur die Absicht, die Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder erneut aufzuwerten und damit eine Lücke zu schließen, die trotz der beiden vorangegangenen Reformstufen (2014 und 2019) geblieben ist. Bis zu einem verbindlichen Rechtsanspruch fehlt jedoch mehr als ein kurzer Blick in den Kalender.
Was soll mit der Mütterrente 3 kommen?
Im Koalitionsvertrag der seit Mai amtierenden Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD taucht erstmals ausdrücklich die Formulierung auf, alle Mütter solle – unabhängig vom Geburtsjahr ihrer Kinder – die volle Anerkennung von drei Jahren Erziehungszeit erhalten. Praktisch würde das zusätzlich einen halben Entgeltpunkt pro Kind bedeuten.
“Bei dem für Juli 2025 prognostizierten Rentenwert von 40,79 Euro entspräche das rund 20,40 Euro brutto im Monat und käme nach Berechnungen von Fachleuten etwa zehn Millionen Versicherten zugute”, rechnet der Rechtsanwalt und Rentenexperte Peter Knöppel vor.
Die lange Strecke vom Koalitionsvertrag zum Bundesgesetzblatt
Ein Koalitionsvertrag ist kein Gesetz. “Bevor ein zahlenmäßig so überschaubarer, in der Sache aber milliardenschwerer Schritt Realität wird, müssen ein Referenten- und anschließend ein Kabinettsentwurf erarbeitet, durch den Bundestag in mindestens zwei Lesungen beraten und schließlich vom Bundesrat gebilligt werden”, bestätigt auch Dr. Utz Anhalt, Sozialrechtsexperte unserer Redaktion.
Erst mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt wäre die Mütterrente 3 rechtsverbindlich.
Experten der Deutschen Rentenversicherung schätzen, dass allein die Detailarbeit – von der Budgetierung über die technische Umsetzung in den Auszahlungssystemen bis hin zur Schulung des Personals – mehrere Monate in Anspruch nähme. Ein Inkrafttreten zum Stichtag 1. Juli 2025 gilt daher als praktisch ausgeschlossen.
Die Deutsche Rentenversicherung begrüßt zwar grundsätzlich eine steuerfinanzierte Anerkennung von Erziehungsleistungen, warnt aber vor überhöhten Erwartungen und bittet Rentnerinnen, von vorschnellen Anträgen abzusehen, solange keine gesetzliche Grundlage vorliege.
Gleichzeitig macht die Behörde deutlich, dass “die Finanzierung aus dem Bundeshaushalt erfolgen müsse, damit die Beiträge der aktuell Beschäftigten nicht zusätzlich belastet werden”.
Auf politischer Ebene ist die Mütterrente 3 populär, aber umstritten. Sozial- und Familienverbände befürworten das Vorhaben als längst überfälligen Schritt zur Gleichbehandlung. Ökonominnen und Ökonomen verweisen dagegen auf jährliche Mehrkosten von bis zu sieben Milliarden Euro und kritisieren, Zukunftsfragen wie der Ausbau von Kita-Plätzen oder die Reform des Ehegattensplittings blieben ungelöst.
Lesen Sie auch:
– Anspruch auf Witwenrente auch nach der Scheidung?
Was Betroffene jetzt tun können – und was nicht
Solange kein Gesetzentwurf im Bundestag liegt, besteht weder Handlungs- noch Antragsbedarf. Anspruchsberechtigte sollten jedoch ihre Versicherungskonten prüfen lassen, um sicherzustellen, dass alle bisherigen Kindererziehungszeiten lückenlos vermerkt sind.
Wer noch keine Mütterrente 1 oder 2 erhält, sollte dies nachholen; hierfür gelten weiterhin die bekannten Antragswege über die Formulare der Deutschen Rentenversicherung oder über qualifizierte Rentenberater. Für die hypothetische Mütterrente 3 hingegen existiert derzeit weder ein Formular noch ein festgelegtes Verfahren.
Was, wann, wie
Die Großwetterlage spricht dafür, dass die Mütterrente 3 mittelfristig kommen wird. Ob dies zum 1. Juli 2025 oder erst ein Jahr später geschieht, hängt von der Geschwindigkeit des Gesetzgebungsprozesses und von den Haushaltsberatungen ab.
“Rentnerinnen sollten sich daher nicht von kursierenden Meldungen verrückt machen lassen, sondern seriöse Quellen beobachten”, warnt Anhalt. Dass das Thema erneut auf der Agenda steht, ist ein Signal der Wertschätzung für familiäre Erziehungsarbeit – aber noch kein Geld auf dem Konto. “Sobald ein belastbarer Gesetzestext vorliegt, werden wir ausführlich berichten.”