Leistungsberechtigte kennen das Problem zu Genüge. Nach dem Ende der Karenzzeit, also nach dem ersten Jahr im Bürgergeld, prüft das Jobcenter die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung. Sind diese Kosten in Ihrer Wohnung höher als die vom Jobcenter gesetzte Grenze, dann müssen Sie die Differenz aus dem Regelsatz bezahlen.
Inhaltsverzeichnis
Die Wohnkostenlücke
Die Differenz wird als Wohnkostenlücke bezeichnet, es entsteht also eine Lücke zwischen der als angemessen betrachteten Bruttokaltmiete und der tatsächlichen Miete. Der Unterschied kann wenige Euro betragen, aber auch weit über hunderte Euro liegen.
Das kostet Sie Geld, das Sie von dem am Existenzminimum berechneten Regelsatz abzwacken müssen. Sie müssen also Mittel für die Miete nutzen, die Sie dringend für Kleidung, Lebensmittel oder Dinge des täglichen Lebens brauchen – und das Monat für Monat.
Die Richtwerte ändern sich
Was viele nicht bedenken, und was manche auch nicht wissen: Die Richtwerte der Kommunen für „angemessene Kosten der Unterkunft“ verändern sich. Die Mietobergrenzen werden angepasst, wenn sich der Mietspiegel verändert und aus anderen Gründen.
Die jeweiligen Kommunen nutzen eigene Methoden, um die Angemessenheit zu ermitteln. Gemeinsam ist diesen Modellen aber, dass sich die Richtwerte erhöhen, wenn die durchschnittlichen Mieten steigen.
Was bedeutet das für Sie?
Wenn Sie jetzt eine Wohnkostenlücke von Ihrem kargen Regelsatz füllen müssen, bedeutet eine Erhöhung der Mietobergrenze, dass die Lücke kleiner wird oder Sie sogar unterhalb der Grenze der Angemessenheit fallen. Sie müssen also monatlich weniger Miete aus eigener Tasche dazuzahlen oder sogar nichts.
Vertrauen Sie nicht dem Jobcenter
Dem Jobcenter jetzt zu vertrauen, dass es eine Erhöhung der Mietobergrenze beim Auszahlen Ihrer Leistungen berücksichtigt, ist eine schlechte Idee.
Immer wieder berücksichtigen Jobcenter höhere Angemessenheitsgrenzen nicht und informieren Leistungsberechtigte auch nicht über Änderungen bei den Kosten der Unterkunft.
Überprüfen Sie Ihren Bewilligungsbescheid
Wenn Sie Miete zuzahlen müssen, dann prüfen Sie einmal pro Jahr Ihren gegenwärtigen Bewilligungsbescheid auf folgende Punkte. Sind die darin anerkannten Kosten der Unterkunft identisch mit den jetzt bei Ihrem Jobcenter gültigen? Wie hoch ist die Differenz?
Sie können auf der Internetpräsentation der Behörde ermitteln, welche Mietobergrenze dort angegeben ist. Fehlt dort eine solche Angabe, dann sollten Sie Ihren zuständigen Sachbearbeiter fragen, telefonisch oder persönlich.
Weniger oder keine Zuzahlung?
Wenn tatsächlich inzwischen eine höhere Mietgrenze gilt, dann können Sie genau ausrechnen, wieviel Geld Sie als Eigenanteil beisteuern, das Sie in Wirklichkeit behalten können.
Wenn die neue Obergrenze höher ist als ihre Bruttokaltmiete, dann gibt es keine Wohnkostenlücke mehr. Das Jobcenter muss jetzt die volle Miete übernehmen und Ihnen die überschüssig für die Miete abgezogene Summe rückwirkend nachzahlen.
Nehmen wir an, in Ihrer Stadt betrug 2024 die angemessene Bruttokaltmiete für einen Ein-Personen-Haushalt bei 445,00 Euro. Sie müssen aber 469,00 Euro zahlen und deshalb jeden Monat 24,00 Euro aus dem Regelsatz dafür aufbringen.
Zum 01. Januar 2025 ist jetzt die Mietobergrenze auf 470,00 Euro angehoben worden. Es bleibt also keine Wohnkostenlücke.
Ist die neue Obergrenze zwar höher als zuvor, aber immer noch unter Ihrer Miete, dann bleibt zwar nach wie vor eine Wohnkostenlücke, doch diese ist kleiner. Auch in diesem Fall muss das Jobcenter Ihnen rückwirkend die Differenz zahlen.
Nehmen wie die gleiche alte und neue Mietobergrenze an. Der Unterschied wäre, dass Ihre Bruttokaltmiete bei 485,00 Euro liegt. Sie mussten also nach der alten Grenze 40,00 Euro dazuzahlen. Nach der neuen Obergrenze beträgt Ihr Eigenanteil nur noch zehn Euro.
Lesen Sie auch:
– Bürgergeld-Reform im Portemonnaie-Check: Das bleibt am Monatsende wirklich
Widerspruch und Überprüfungsantrag
Sie sollten am besten unverzüglich nach Ihrem neuen Bewilligungsbescheid aktiv werden. Denn innerhalb eines Monats können Sie fristgerecht Widerspruch einlegen.
Wenn Sie dies tun und genau aufschlüsseln, wie hoch die Differenz zwischen Ihren Eigenzahlungen und der neuen Mietobergrenze ist, dann gibt es keinen sachlichen Grund, der Widerspruch zurückzuweisen.
Falls das Jobcenter es entgegen den Fakten doch tut, können Sie Klage vor dem Sozialgericht erheben. Spätestens hier sollten Sie zu Ihrem Recht kommen.
Zähflüssiger ist ein Überprüfungsantrag. Diesen können Sie dann stellen, wenn der Bescheid nach einem Monat bestandskräftig geworden ist. Wenn das Jobcenter den Überprüfungsantrag annimmt, muss das gesamte Verfahren noch einmal geprüft werden. Dies dauert in aller Regel wesentlich länger als das Prüfen eines Widerspruches.