Bürgergeld: Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Sachbearbeiter im Jobcenter

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Leistungsberechtigte kennen die Situation, der zuständige Sachbearbeiter gibt abwertende Bemerkungen über Sie ab, behandelt sie schlecht, wird übergriffig oder verlegt Unterlagen.

Beschwerde bei Fehlverhalten von Jobcenter Mitarbeitern

Bei sachlichen Fehlern der Jobcenter können Sie Widerspruch einlegen. Bei persönlichem Fehlverhalten von Mitarbeitern der Behörde ist hingegen eine Dienstaufsichtsbeschwerde das erste Mittel.

Worauf müssen Sie bei einer solchen Beschwerde achten? Was können Sie damit erreichen? Ist es sinnvoll, eine Dienstaufsichtsbehörde zu stellen, und wenn, dann wann?

Wir beantworten diese Fragen.

Das Grundgesetz regelt das Recht

Mitarbeiter von Jobcentern handeln nicht in einem rechtsfreien Raum. Das Grundgesetz regelt das Recht der Bürger auf eine Beschwerde klar und deutlich.

So steht im Artikel 17: “Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.”

Beschwerde wegen persönlichem Fehlverhalten

Leistungsberechtigte, die sich zur Wehr setzen, haben oft eine Vielzahl von Problemen mit Mitarbeitern der Jobcenter. Zum Beispiel ist denkbar, dass Leistungen in einem Bescheid falsch berechnet werden, während der darauf angesprochene Mitarbeiter aggressiv reagiert und Beleidigungen von sich gibt.

Hier können Sie Schritte unternehmen. Eine falsch berechnete Leistung ist nämlich eine Sachfrage. Gegen diese können Sie Widerspruch einlegen, und der führt dazu, dass das Jobcenter die Sachlage neu prüft.

Bei Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Jobcenter-Mitarbeiter geht es hingegen nicht um Sachfragen, sondern um persönliches Fehlverhalten.

Beschwerde aufgrund von Diskriminierung

Diskriminierung stellt einen schwerwiegenden Grund für das Einreichen einer Dienstaufsichtsbeschwerde dar.
Wenn ein Mitarbeiter Sie aufgrund Ihrer Herkunft, Religion, Ihres Geschlechts, einer Behinderung, Ihres Familienstands, weil Sie Bürgergeld beziehen, oder Ihrer sexuellen Orientierung benachteiligt, ist dies ein Beispiel für Diskriminierung. Solche Vorfälle sollten nicht unbeachtet bleiben, da sie gegen grundlegende Rechte und den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Es ist wichtig, in solchen Fällen aktiv zu werden, indem Sie eine formelle Beschwerde einreichen, um Ungerechtigkeiten zu bekämpfen und für ein respektvolles Miteinander zu sorgen.

Beschwerde aufgrund Nachlässigkeit und fehlendem Fachwissen

Persönliches Fehlverhalten muss nicht bedeuten, dass ein Mitarbeiter Sie diskriminiert, sondern kann auch vorliegen, wenn er seinen Job mangelhaft ausführt.

Verschwinden bei einem bestimmten Mitarbeiter regelmäßig Unterlagen, die Sie einreichen oder gibt dieser Ihnen falsche Ratschläge bei Themen, die in seinem Bereich zum Grundwissen gehören? Dann rechtfertigt das eine Dienstaufsichtsbeschwerde.

Es ist auch möglich, dass ein Mitarbeiter fachlich nicht ausreichend ausgebildet ist, um Ihnen gegenüber seine Pflicht zu erfüllen und Ihnen sowohl die berechtigten Leistungen zu gewähren als auch sich um eine mögliche Arbeit zu kümmern.

Auch dann bietet sich eine Dienstaufsichtsbeschwerde an.

Verstoß gegen den Datenschutz

Ein wichtiger Grund für Dienstaufsichtsbeschwerden sind Verstöße gegen den Datenschutz. Diese liegen vor, wenn ein Mitarbeiter von Ihnen verlangt, dass Sie Informationen liefern, die Sie nicht liefern müssen.

Entschuldigt er sich bei Aufklärung dafür und sagt, das wäre nicht seine Absicht gewesen, können Sie auf die Beschwerde verzichten.

Unbedingt beschweren sollten Sie sich hingegen, wenn der Sachbearbeiter trotz Aufklärung über die Rechtswidrigkeit auf diesen Informationen besteht oder Ihnen sogar droht, Sie ansonsten zu sanktionieren.

Worauf müssen Sie beim Besuch in einem Jobcenter achten?

Sorgen Sie dafür, dass jemand Sie begleitet, der Fehlverhalten von Mitarbeitern bezeugen kann. Gerade diejenigen Mitarbeiter, die immer wieder durch untragbares Verhalten auffallen, sind auch erfahren darin, ihre Grenzüberschreitungen zu leugnen.

Fehlende Erreichbarkeit ist kein Grund

Viele Bürgergeld-Bezieher ärgern sich, dass ihr zuständiger Sachbearbeiter nicht persönlich per Telefon erreichbar ist. Stattdessen werden Anrufe über Callcenter abgewickelt, und die dortigen Ansprechpartner wissen nicht genug vom konkreten Fall.

So frustrierend das für Betroffene auch ist, ein Grund für eine Dienstaufsichtsbeschwerde liegt nicht vor. Weigert sich ein Mitarbeiter, Ihnen eine persönliche Durchwahl zu geben, dann ist das sein gutes Recht.

Das Bundesverwaltungsgericht klärte 2016, dass aus Gründen der öffentlichen Sicherheit kein Anspruch auf Informationszugang besteht, wenn dieser die öffentliche Sicherheit gefährden könnte – und dazu gehören ausdrücklich persönliche Telefonnummern.

Übrigens gilt das umgekehrt auch für Sie. Sie können sich ebenfalls weigern, dem Jobcenter ihre Telefonnummer zu überlassen.

Zuerst das klärende Gespräch suchen

Es kommt immer auf den Einzelfall an. Wenn Ihnen etwa kleinere Schlampereien eines Mitarbeiters aufgefallen sind, dieser sich Ihnen gegenüber ansonsten aber nicht respektlos verhält, dann könnten Sie ihn persönlich ansprechen, bevor Sie eine Dienstaufsichtsbeschwerde stellen.

Vielleicht reichen einige ernste Worte aus, damit er sein Verhalten korrigiert.

Oder Sie sprechen bei der Teamleitung das störende Benehmen eines Mitarbeiters an.

Eine Dienstaufsichtsbehörde ist auf jeden Fall angebracht, wenn Sie merken, dass Teamleitung und Mitarbeiter gegenseitig ihr jeweiliges Fehlverhalten decken, und Leistungsberechtigte auch noch für den Ärger verantwortlich machen. In manchen Jobcentern gehört das leider zu den üblichen Methoden.

Wie legen Sie Dienstaufsichtsbeschwerde ein?

Eine Dienstaufsichtsbeschwerde können Sie selbst stellen, Sie können sich aber auch durch einen Beistand oder Bevollmächtigten vertreten lassen.

Eine spezielle Form ist dabei nicht notwendig, allerdings muss die Beschwerde schriftlich erfolgen. Sie sollten konkret erläutern, was vorgefallen ist, warum Sie sich darüber beschweren, und warum Sie dieses Verhalten für problematisch ansehen.

Zuständigkeit bei einer Dienstaufsichtsbeschwerde

Diese Beschwerde geht entweder direkt an das Jobcenter oder an das Kundenreaktionsmanagement der Behörde. Der Name sagt es, eine Dienstaufsichtsbeschwerde geht an die Vorgesetzten derjenigen, über die Sie sich beschweren.

Das ist die Geschäftsführung des jeweiligen Jobcenters.

Unterlagen immer bestätigen lassen

So wie Sie bei Terminen beim Jobcenter eine Begleitung als Zeugen mitbringen sollten, so wichtig ist es, den Eingang von Unterlagen beim Jobcenter zu bestätigen.

Sie können die Beschwerde persönlich beim Jobcenter abgeben und quittieren lassen, oder per Einschreiben zuschicken. Auf jeden Fall sollten Sie eine Kopie für sich behalten.

Der Ablauf einer Dienstaufsichtsbeschwerde

Wie verläuft das Verfahren nun? Zunächst reichen Sie die Beschwerde ein. Danach wird sie von der zuständigen Stelle geprüft. Anschließend hat der betroffene Mitarbeiter die Gelegenheit, eine Stellungnahme abzugeben. Im nächsten Schritt wird von der Dienststelle entschieden, ob die Beschwerde gerechtfertigt ist oder nicht.
Über den Ausgang und die Begründung der Entscheidung werden Sie informiert.

Welche Konsequenzen können drohen?

Die Leitung ist verpflichtet, die Beschwerde zu bearbeiten, und der kritisierte Mitarbeiter muss eine Stellungnahme abgeben.

Sie haben das Recht auf eine Antwort, aber kein Recht darauf, dass und welche Konsequenzen für den Mitarbeiter entstehen. Das entscheiden die zuständigen Vorgesetzten, und nicht Sie.

Welche Maßnahmen werden vom Jobcenter ergriffen?

Möglich ist, dass der Mitarbeiter für sein Verhalten gerügt wird. Bei schlimmeren Fällen kann es sogar zu einer Versetzung kommen, und bei Beamten sind Disziplinarmaßnahmen möglich.

Meist gibt es allerdings keine echten Konsequenzen.

Deswegen lohnt sich eine Beschwerde

Es könnte sich der Gedanke einschleichen, erst gar keine Beschwerde zu stellen, wenn die Folgen für die Kritisierten derart überschaubar sind.

Genau genommen ist das jedoch gerade ein Grund dafür, sich häufig über Mitarbeiter zu beschweren, die sich notorisch danebenbenehmen. Wenn immer wieder Beschwerden von verschiedenen Betroffenen gegen einen Mitarbeiter eingehen, dann zeigt sich möglicherweise ein Effekt. Die Vorgesetzten, dass etwas nicht stimmt.

Wenn alles nichts hilft: Den Sachbearbeiter wechseln

Eine Dienstaufsichtsbeschwerde kann für Sie aber auch konkrete, positive Folgen haben. Leistungsberechtigte haben generell kein Recht, sich ihren Sachbearbeiter auszuwählen.

Wenn Sie sich hingegen erfolgreich beschweren, weil der ihnen zugewiesene Mitarbeiter Sie ungenügend betreut oder grundsätzlich seinen Job nicht gut macht, dann ist es möglich, dass Sie einen anderen Sachbearbeiter bekommen.

Letztlich hängt auch das allerdings vom jeweiligen Vorgesetzten ab. Sie verbessern ihre Chance, wenn Sie klar formulieren, warum eine konstruktive Zusammenarbeit mit diesem Mitarbeiter nicht länger möglich ist.