Bürgergeld: Bundesagentur lädt mit Formular zum Missbrauch mit Leistungsmissbrauch ein

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Dem anoymen Missbrauch mit dem Sozialleistungsmissbrauch ist nun Tür und Tor geöffnet. Die Bundesagentur für Arbeit hat ein Meldeformular ins Internet gestellt, mit dem man online und anonym Bürgergeldempfänger melden kann, wenn man der Meinung ist, dass diese Leistungsmissbrauch betreiben.

Sozialbetrug ist eine Straftat

Es gibt Leistungsmissbrauch, keine Frage. Aber selbst die Bundesagentur für Arbeit sagt, dass dieser in den absolut häufigsten Fällen “versehentlich”, also nicht vorsätzlich geschieht. Das passiert zum Beispiel, wenn der Auszug des Kindes nicht rechtzeitig gemeldet wird oder der neue Zuverdienst doch höher ausfällt als bisher angegeben.

Sozialbetrug ist jedoch keine bloße Ordnungswidrigkeit, sondern ein Straftatbestand, der nach § 263 StGB mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe geahndet wird. In besonders schweren Fällen, z.B. bei gewerbsmäßigem Handeln, Bandenmitgliedschaft, großen Vermögensschäden oder Amtsträgertätigkeit, kann die Strafe gemäß § 263 Abs. 3 StGB bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe betragen.

In den meisten Fällen wird eine Rückzahlung der Leistungen und eine Geldstrafe verhängt, sofern keine Vorstrafen oder offene Bewährungen vorliegen.

Online-Meldebogen für unliebsame Nachbarn

Mit dem Meldebogen der Bundesagentur für Arbeit, der anonym ausgefüllt werden kann, ist es nun allerdings möglich, auch Personen zu melden, von denen bekannt ist, dass sie Sozialleistungen beziehen. Nicht selten wird aus einer bloßen Vermutung in der Nachbarschaft schnell Gewissheit.

Falsche Anschuldigungen können für die Betroffenen fatale Folgen haben. So sah sich die alleinerziehende Nicole W. plötzlich mit der vorläufigen Einstellung eines Teils ihrer Bürgergeldleistungen konfrontiert.

Der Grund: “Aufmerksame Nachbarn” hatten das Jobcenter darüber informiert, dass der Vater ihrer Kinder zeitweise zu Besuch sei und angeblich bei ihr wohne – obwohl er in Wirklichkeit in einem anderen Bundesland lebt und nur gelegentlich zu Besuch kommt, um seine Kinder zu sehen.

Nicole W. musste sich daraufhin mit einem Anwalt gegen die falschen Anschuldigungen wehren. Denn das Jobcenter verlangte Beweise dafür, dass der Kindesvater nicht bei ihr lebt.

Betroffene sollte etwas beweisen, was nicht ist

Doch wie sollte die verzweifelte Mutter einer kleinen Tochter beweisen, was nicht der Wahrheit entsprach? Bis das Jobcenter mit Hilfe des Anwalts die Unterstützung wieder aufnahm, vergingen Monate. In dieser Zeit war die Betroffene auf Spenden angewiesen, um sich und ihre Tochter überhaupt ernähren zu können.

Falsche Anschuldigungen sind strafbar

Falschbeschuldigungen sind keine Seltenheit. Falsche Anschuldigungen können aber auch Folgen für den Hinweisgeber haben. Zeigt nämlich ein Hinweisgeber grundlos vermeintliche „Sozialbetrüger” beim Jobcenter an, muss die Behörde dem zu Unrecht Verdächtigten auf Verlangen den Namen des Hinweisgebers mitteilen.

Handelt der vermeintliche Informant nämlich „wider besseres Wissen und vorsätzlich rufschädigend”, überwiegt das Interesse des Leistungsempfängers, sich gegen die Vorwürfe rechtlich zur Wehr setzen zu können, entschied das Sozialgericht Berlin in einem Urteil (Az.: S 103 AS 4461/20).

In Folge musste das Jobcenter die Daten herausgeben und die Betroffene konnte sich gerichtlich gegen die Rufschädigung wehren.

Bei anonymen Anschuldigungen haben Betroffene keine Chance

Das Problem des Online-Formulars der Bundesagentur für Arbeit besteht also darin, dass nun munter anonym Hinweise gegeben werden können, ohne dass die Hinweisgeber für die falschen Anschuldigungen zur Rechenschaft gezogen werden können.

Für die Betroffenen kann das fatale Folgen haben. Das kleinere Übel sind Nachforschungen und die aufwändige Beibringung von Beweisen und Unterlagen, im schlimmsten Fall können solche Anschuldigungen zu einer teilweisen oder sogar vollständigen Sperre der Leistungen führen.

Forderung nach Änderung des Meldeformulars

“Die Bundesagentur für Arbeit sollte das Formular überarbeiten”, fordert Sebastian Bertram von “Gegen-Hartz”. Anonyme Falschbeschuldigungen können von den Betroffenen nicht geahndet werden. “Dennoch haben solche Anschuldigungen oft fatale Folgen für die zu Unrecht Beschuldigten”, so Bertram weiter.

“Wenn schon ein solches Formular ins Netz gestellt wird, dann sollte den Verdachtsfällen nur dann nachgegangen werden, wenn die Identität des Anzeigenstellers eindeutig bestätigt ist”. Nur so können sich Falschbeschuldigte zur Wehr setzen und gegebenenfalls Schadensersatz wegen falscher Verdächtigungen und Rufschädigungen verlangen.

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