Nebenkosten-Nachforderungen, sei es für Betriebskosten oder Heizkosten, kann bei vielen Menschen plötzlich finanzielle Engpässe hervorrufen. Auch Menschen, die üblicherweise kein Anrecht auf Bürgergeld haben, können durch solche Nachforderungen in eine finanzielle Notlage geraten.
Der Kieler Rechtsanwalt und Experte für Sozialrecht Helge Hildebrandt, erläuterte die Regelungen und Bedingungen, unter denen Betroffene, einen Anspruch erwirken können. Allerdings ist die 3-Monats-Kulanzfrist seit Jahresbeginn abgelaufen. Die Jobcenter interpretieren diese Neuregelung jedoch oft falsch, weshalb es häufig zu unberechtigten Ablehnungen der Anträge kommt.
Recht auf Sozialleistungen im Monat der Nachforderung der Nebenkosten
Gemäß dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) und dem Sozialgesetzbuch XII (SGB XII) haben Betroffene, die durch eine Betriebs- oder Heizkostennachforderung unvorhergesehen bedürftig werden, Anspruch auf Sozialleistungen für den Monat, in dem die Nachforderung fällig wird.
Dies betrifft sowohl das Bürgergeld nach SGB II als auch die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach SGB XII. Entscheidend ist der Zeitpunkt der Fälligkeit der Zahlung, nicht der Zeitpunkt der Rechnungsstellung.
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Bedarfsprüfung vor Antragstellung
Es ist ratsam, vor der Stellung eines Sozialleistungsantrags eine überschlägige Berechnung des Hilfebedarfs durchzuführen. Dazu zählen die regulären Leistungen nach den jeweiligen Regelsätzen, die laufenden Unterkunftskosten sowie die spezifische Nachforderung.
Von der Gesamtsumme dieser Bedarfe sind die im selben Monat erzielten Einkünfte abzuziehen. Nur der verbleibende Restbetrag wird potenziell vom zuständigen Leistungsträger übernommen.
Wichtige Fristen und Antragsstellung
Die korrekte Antragstellung ist wichtig, um Leistungsablehnungen zu vermeiden. Anträge auf Übernahme der Nachforderungen müssen im Monat der Fälligkeit gestellt werden.
Bis Ende 2023 galt noch eine Kulanzfrist, die es erlaubte, Anträge bis zum Ende des dritten Monats nach dem Fälligkeitsmonat nachzureichen. Ab dem 1. Januar 2024 ist diese Regelung jedoch nicht mehr gültig, und es kommt häufig zu Missverständnissen bei den Leistungsträgern.
Häufig Fehlinterpretationen der Jobcenter
Wichtig ist, dass die verlängerte Antragsfrist nur die Abgabe des Antrags betrifft, nicht den Leistungsanspruch selbst. Dieser ergibt sich aus § 22 Abs. 1 SGB II, schreibt der Experte für Sozialrecht.
Eine Fehlinterpretation der gesetzlichen Regelungen kann zu ungerechtfertigten Ablehnungen von Anträgen führen. Laut Urteilen des Bundessozialgerichts und des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern besteht der Anspruch auf Übernahme der Kosten unabhängig von der Antragsfrist.
Es ist wichtig, dass Betroffene dies wissen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einleiten, sollten ihre Anträge fälschlicherweise abgelehnt werden! Wer fälschlicherweise deshalb einen Ablehnung von der Behörde erhält, sollten Widerspruch einlegen.
Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht, Gesundheitsprävention sowie bei gesellschaftspolitischen Themen. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und engagiert sich politisch für Armutsbetroffene.