Beschäftigung trotz Rente: Vorbeschäftigungsverbot fällt

Die Bundesregierung will älteren Menschen ab 2026 den Weg zurück in ihren alten Betrieb öffnen: Wer das reguläre Rentenalter erreicht hat, darf künftig bis zu acht Jahre lang erneut sachgrundlos befristete Verträge beim selben Arbeitgeber unterschreiben.

Gleichzeitig hält das sogenannte Rentenpaket 2025 das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent stabil und beseitigt die Benachteiligung älterer Elternteile in der Mütterrente.

Wegfall des Vorbeschäftigungsverbots: Was sich ändert

Bislang verbietet § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einen neuen sachgrundlosen Vertrag, wenn schon einmal ein Arbeits­verhältnis zum selben Arbeitgeber bestand. Diese Hürde fällt jetzt für Beschäftigte, die die Regelalters­grenze überschritten haben. Die Reform ergänzt dazu § 41 SGB VI um einen zweiten Absatz.

Acht Jahre oder zwölf Verträge – die neue Obergrenze

Der Entwurf legt klare Grenzen fest, damit keine Dauerbefristung entsteht:

  • Gesamt­dauer: höchstens acht Jahre
  • Vertrags­anzahl: maximal zwölf Kontrakte

Überschreitet eines der beiden Kriterien den Rahmen, darf nur noch mit Sachgrund oder unbefristet verlängert werden. Die Zählung bezieht sich ausschließlich auf sachgrundlose Befristungen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG; alle anderen Verträge bleiben außen vor.

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Was unverändert gilt: Das klassische Befristungsrecht

Für Beschäftigte unterhalb der Regelalters­grenze bleibt alles beim Alten: Sachgrundlose Befristungen sind nur bis zu zwei Jahre und höchstens dreimal verlängerbar. Die Sonderregel für 67plus ist also ein zusätzlicher Korridor, kein Ersatz.

Ein Blick in die Rechtsprechung zeigt, wie eng das Vorbeschäftigungs­verbot bisher ausgelegt wurde: Erst eine Unterbrechung von 22 Jahren gilt nach dem Bundesarbeitsgericht als „lange genug“, um einen neuen sachgrundlosen Vertrag zu erlauben. Die Reform schafft nun einen wesentlich kürzeren und klaren Weg.

Schriftform bleibt Pflicht – vorerst

Beim Rentenaustritt genügt seit dem Bürokratie­entlastungsgesetz IV eine E-Mail mit eingescanntem Anhang. Anders die Weiterbeschäftigung nach § 41 Abs. 2 SGB VI: Hier verlangt § 14 Abs. 4 TzBfG weiterhin eigenhändige Unterschriften. Das BMAS lässt aber offen, ob der Bundestag die Textform später ausweitet.

Doppelter Nutzen: Rentenniveau sichern und Erfahrung halten

Die Reform ist Teil des „Gesetzes zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zur vollständigen Gleichstellung der Kinder­erziehungs­zeiten“. Kernpunkte:

  1. Fixierung des Renten­niveaus: Bis 2031 bleibt der Sicherungs­wert bei 48 Prozent. Wer 45 Jahre Durchschnitts­verdienst erzielt, behält diesen Leistungs­anker.
  2. Vollständige Mütter­rente: Für vor 1992 geborene Kinder wird der bisherige Nachteil von rund 20 Euro pro Monat beseitigt.

Für den Arbeitsmarkt setzt die Regierung auf Freiwilligkeit: Betriebe können langjährige Fachkräfte halten, ohne teure Einarbeitung; Rentner entscheiden selbst, ob sie ihr Wissen weitergeben und zusätzliche Renten­punkte sammeln.

Politischer Zeitplan

Geplant ist ein Inkraft­treten zum 1. Januar 2026. Korrekturen – etwa zur Form­vorschrift – sind im Parlaments­verfahren üblich, aber eine Mehrheit gilt als gesichert, weil die Reform bereits im Koalitions­vertrag steht.

So bereiten Sie sich vor

  • Arbeitsvertrag prüfen: Endet das aktuelle Verhältnis exakt mit der Regelalters­grenze, brauchen Sie eine Anschluss­vereinbarung.
  • Qualifikationen dokumentieren: Wer Fach­wissen belegt, hat bessere Karten für bis zu zwölf Folge­verträge.
  • Steuern und Beiträge kalkulieren: Seit 2023 gibt es keine feste Hinzu­verdienst­grenze mehr, doch Zusatz­arbeit kann den Steuer­satz erhöhen.

Einordnung von der Redaktion

Für Menschen mit kleinem Gehalt eröffnet die Neuerung eine Chance, das spätere Netto zu erhöhen. Jeder zusätzliche Rentenpunkt senkt das Risiko, im Alter auf Grund­sicherung angewiesen zu sein. Gleichzeitig bleibt der Kündigungs­schutz erhalten, weil die Befristung transparent gedeckelt ist.

Arbeitgeber profitieren von Planungssicherheit: Sie wissen, wie lange sie erfahrene Kräfte halten können, ohne sich um die strengen Sach­gründe bemühen zu müssen.

Gewerkschaften mahnen dennoch, die Laufzeiten tariflich abzustimmen, um Lohndumping auszuschließen. Auch Sozialverbände beobachten, ob der „freiwillige“ Charakter in Branchen mit hohem körperlichem Druck gewahrt bleibt.