Die sinkende Kaufkraft trifft besonders Haushalte mit einem geringen Einkommen. Wer im letzten Jahr Hartz-IV-Leistungen bezog, unterschritt deutlich das Existenzminimum. Das zeigte eine aktuelle Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).
7,9 Prozent Inflation im Jahre 2022
Trotz aller Entlastungspakete konnte ein Unterschreiten des Existenzminimums nicht verhindert werden. Im Jahre 2022 erreichte die Inflation in Deutschland einen Wert von 7,9 Prozent. Das ist der höchste Inflationsrate seit 1951.
Laut der wissenschaftlichen Auswertung der Gewerkschaft konnten Maßnahmen der Bundesregierung, wie Einmalzahlungen oder das sog. 9-Euro-Ticket den Verlust der Kaufkraft nicht ausreichend abfedern.
Um das Unterschreiten des in der Verfassung verbrieften Existenzminimums zu verdeutlichen, berechneten die Experten anhand der Verteuerungsraten den Verlust einzelne Personengruppen aus. Dabei kam zutage, dass vor allem Hartz-IV-Beziehende unter der galoppierenden Inflation litten.
Wie hoch war der Kaufkraftverlust durch die Inflation?
Die nachfolgenden Zahlen verdeutlichen den hohen Kaufkraftverlust:
- Eine Alleinerziehende mit einem Kind (10) fehlte aufgrund der hohen Inflation 750 Euro
- Wer Alleinlebend ist, büßte 470 Euro Kaufkraft im letzten Jahr ein
- Ein Elternpaar mit zwei Kindern (14 und 16 Jahre) erlitt einen Verlust von rund 1.600 Euro.
Energiepauschale milderte den Verlust bei Aufstockern ab
Etwas weniger Kaufkraftverlust erlitten Rentner/innen und Hartz-IV-Leistungsbeziehende, die ihr Erwerbseinkommen aufstocken. Das lag daran, weil die betroffenen Personenkreise eine zusätzliche Energiepauschale in Höhe von 300 Euro als Einmalleistungen überwiesen bekamen.
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– Statt Hartz IV: Bürgergeld-Erhöhung war keine Erhöhung
Die Inflation trifft nicht nur Grundsicherungsbezieher. Allerdings verfügen Hartz IV- bzw. Sozialhilfe Bezieher über keine Rücklagen, um die Inflation durch Ersparnisse auszugleichen.
Scharfe Kritik an den Bundeskanzler
Das DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel nahm die Studie zum Anlass und kritisierte den Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Sie bemühte dafür eines seiner liebsten Zitate: „You’ll never walk alone‘ – das galt für die Grundsicherungsempfänger im vergangenen Jahr finanziell ganz sicher nicht.“ Scholz hatte hatte die Fussballhymne “You’ll never walk alone” immer wieder gern verwendet, um deutlich zu machen, dass niemand in der Krise im Stich gelassen würde.
Mit der Einführung des Bürgergelds sieht der DGB die Gefahr von Armut nicht gebannt. Zwar seien die Regelleistungen gestiegen, allerdings wird immer noch die alte Berechnungsmethodik durch das Bundesarbeitsministerium verwendet. Diese führte regelmäßig zu einem Kleinrechnen des Regelbedarfs von Grundsicherungsbeziehern.
Alte Berechnungsgrundlage verhindert bedarfsgerechten Bürgergeld-Regelsatz
Der Bedarf wird nämlich mit Hilfe einer Einkommens- und Verbrauchsstichprobe ermittelt, die das Statistische Bundesamt alle fünf Jahre durchführt.
Dabei werden die Lohn- und Preisentwicklungen mit einbezogen. Allerdings orientiert sich die Bundesregierung dabei an den Ausgaben im unteren Einkommensbereich.
Der Regelbedarf wird zusätzlich künstlich niedrig gehalten, indem einzelne Ausgaben als “nicht regelsatzrelevant” deklariert werden. Insbesondere im Bereich Freizeit, Unterhaltung und Kultur wird der Rotstift regelhaft kleingerechnet.
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