Anspruch auf Schwerbehinderung-Status bei Migräne

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Wenn Sie unter Migräne leiden, dann kennen Sie die Einschränkungen durch die Erkrankung nur zu gut. Langfristig zu planen ist kaum möglich, jederzeit kann eine Attacke Sie für mehrere Tage außer Kraft setzen. Die Belastungen sind groß, und die Aufklärung ist oft gering.

Viele Betroffene wissen nicht, dass Migräne als Behinderung anerkannt werden kann und sogar als Schwerbehinderung, und damit zu entsprechenden Nachteilsausgleichen berechtigt.

Nachteilsausgleich bei Schwerbehinderung wegen Migräne

Wird Ihnen wegen einer Migräne eine Schwerbehinderung anerkannt, ab einem Grad der Behinderung von 50, dann haben Sie Anspruch auf Nachteilsausgleich, im Beruf wie im Alltag.

Sie können zum Beispiel als Versicherter mit mindestens 35 Jahren Wartezeit in die Altersrente für schwerbehinderte Menschen gehen, also zwei Jahre vor der Regelaltersgrenze ohne Abschläge und fünf Jahre früher mit Abschlägen.

Sie haben einen besonderen Kündigungsschutz, und ihr Arbeitgeber muss sich für eine Kündigung mit dem Integrationsamt absprechen. Sie haben Anspruch auf einen ihren Bedürfnissen entsprechenden Arbeitsplatz, und bei einer Bewerbung muss der Arbeitgeber Sie zum Vorstellungsgespräch laden.

Sie bekommen mehrere Tage Urlaub zusätzlich pro Jahr und sind auf ihr Verlangen, von Mehrarbeit freizustellen.

Wer entscheidet über eine Behinderung wegen Migräne?

Um zu entscheiden, ob und welche Behinderung vorliegt, dienen die „Versorgungsmedizinischen Grundsätze“ als Grundlage, nach denen sich die zuständigen Versorgungsämter richten. Diese Ämter beurteilen ihren Grad der Behinderung vorrangig auf der Basis ärztlicher Gutachten und ihres Krankheitsverlaufs.

Es geht um die Einschränkung, nicht um die Krankheit

Um eine Behinderung einzustufen, geht es nicht um die Krankheit selbst oder generell um die Ursache, sondern um die Einschränkungen, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Dies ist gerade für Migränepatienten wichtig, denn bei ihnen kann die Einschätzung erheblich abweichen (von keiner Behinderung bis zu einer Schwerbehinderung), und dies abhängig von der Häufigkeit und Schwere der Attacken.

Wann gilt welcher Grad der Behinderung?

Wenn Sie durchschnittlich eine Migräneattacke pro Monat haben, dann gilt dies als leichter Verlauf, und Ihr Grad der Behinderung liegt zwischen null und zehn. Einen Anspruch auf Nachteilsausgleiche gibt es nicht.

Häufigere Attacken, die jeweils einen oder mehrere Tage anhalten, gelten als mittlerer Verlauf und rechtfertigen einen Grad der Behinderung von 20 bis 40. Ab einem Grad der Behinderung von 30 können Sie am Arbeitsplatz mit Schwerbehinderten gleichgestellt werden, beim Nachweis, dass die Einschränkung sich vergleichbar negativ auswirkt.

Ein schwerer Verlauf führt zu einer Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung von 50 oder 60. Dies gilt bei langen Attacken mit starken Begleiterscheinungen, zwischen denen zudem wenige Tage liegen. Bei einem Grad der Behinderung von 50 oder darüber müssen die Kopfschmerzen sehr stark sein und sich auch durch mehrere Therapien nicht gebessert haben.

Jede Behinderung soll das Versorgungsamt individuell prüfen, und gerade die Auswirkungen einer Migräne können sich stark unterscheiden.

Worauf sollten Sie achten?

Das Versorgungsamt entscheidet über Behinderungen primär nach Aktenlage, sieht also Krankenhausberichte, ärztliche Befunde, Diagnosen und Atteste ein. Deshalb kann ihre eigene Beschreibung wichtig sein, zum Beispiel ein Migränetagebuch, in dem sie die genauen Beschwerden, Häufigkeit, Ausmaß und Dauer der Attacken notieren.

Essenziell ist dabei, dass Ihr behandelnder Arzt Punkt für Punkt festhält, wie die Migräne Sie in Beruf und Alltag einschränkt, denn danach richtet sich der Grad der Behinderung. Auch Zeugen in der Familie, dem sozialen Umfeld und am Arbeitsplatz ergänzen das Bild und können helfen, dass Sie als schwerbehindert anerkannt werden.

Was können Sie tun, wenn das Versorgungsamt Sie zu niedrig einstuft?

Über Migräne gibt es wenig Aufklärung, und als Betroffene kennen Sie das Problem, dass andere Menschen ihr Leiden oft nicht ernst nehmen. Versorgungsämter entscheiden nicht immer richtig. Eine häufige Fehlerquelle sind unzureichende Formulierungen von Ärzten, die sich nicht gut im Behindertenrecht auskennen und zu wenig ausführen, wie sehr Sie die Erkrankung im Alltag einschränkt.

Wenn Sie also davon ausgehen, dass Sie einen höheren Grad der Behinderung aufweisen, als das Versorgungsamt feststellt, dann können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Wird dieser abgelehnt, dann bleibt Ihnen der Weg zum Sozialgericht.

Falls Ihre Beschwerden einen höheren Grad der Behinderung begründen, dann steigen Ihre Chancen auf Anerkennung, je genauer die ärztlichen Befunde sind, und umso besser Sie belegen, welche erheblichen Einschränkungen Sie durch die Migräne haben.