Anspruch auf Erwerbsminderungsrente trotz bindender Altersrente

Lesedauer 2 Minuten

Kรถnnen Sie eine Altersrente beantragen, wenn parallel ein Antrag auf eine Erwerbsminderungsrente noch nicht abgeschlossen ist? Oder wird der Antrag auf Erwerbsminderung durch eine bindende Altersrente ungรผltig? Diese Frage beschรคftigte eine Betroffene in Thรผringen und sorgte auch bei manchen unserer Leser fรผr Unsicherheit.

Wir klรคren รผber die gesetzlichen Grundlagen auf und zeigen, was Sie beachten mรผssen, wenn sich Ihre Bescheide fรผr Alters- und Erwerbsminderungsrente รผberschneiden.

Entscheidung รผber Erwerbsminderung steht aus

Die betroffene Versicherte ist schwerbehindert und stellte einen Antrag auf eine Erwerbsminderungsrente. Diesen lehnte die Rentenkasse ab, doch die Bรผrgerin klagte gegen die Entscheidung vor dem Sozialgericht. Dort lรคuft das Verfahren noch.

Es vergingen viele Monate, und die Frau hรคtte inzwischen wegen ihrer Schwerbehinderung auch die Mรถglichkeit, eine vorzeitige Altersrente mit Abschlรคgen fรผr schwerbehinderte Menschen zu beantragen.

Sie fรผrchtete jedoch, dass ein solcher Antrag dem laufenden Verfahren zur Anerkennung der Erwerbsminderungsrente schaden kรถnnte und war unsicher, ob eine spรคtere Bestรคtigung der Erwerbsminderungsrente dann รผberhaupt noch gรผltig sei.

Rentenrechtslage ist eindeutig

Was sagt das Gesetz zur Frage, ob eine bindend festgestellte Altersrente eine (noch nicht entschiedene) Erwerbsminderungsrente ausschlieรŸt?

Erst einmal: Eine bindende Bewilligung einer Altersrente oder der Bezug einer Altersrente schlieรŸt den Wechsel in eine andere Rentenform aus. Das gilt auch fรผr (zuvor) mรถgliche andere Altersrenten.

Sie kรถnnen also nicht bindend zum Beispiel als langjรคhrig Versicherter vier Jahre vorher in Rente gehen (mit 14,4 Prozent Abschlรคgen), und dann einige Monate sagen, doch lieber wieder arbeiten und zu einer Rente zum regulรคren Renteneintritt wechseln.

Ein Wechsel gilt erst ab Beginn der Rente

Jetzt kommt aber der entscheidende Punkt. Ein Wechsel findet nach dem Paragrafen 34 Absatz 2 des Sozialgesetzbuches VI erst dann statt, wenn die andere Rente nach der zuerst bewilligten Altersrente beginnt.

Beginnt diese andere Rente aber zeitgleich oder frรผher als die zuerst bewilligte Altersrente, dann handelt es sich nicht um einen Wechsel. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob die zuerst bewilligte Altersrente bereits bindend geworden ist.

Die hรถchste Rente wird ausgezahlt

Hier gilt hingegen: โ€žEs besteht ein paralleler Anspruch auf zwei Renten, von denen nur die hรถchste Rente geleistet wird.โ€œ (ยง 89 Abs. 1 SGB VI).

Es kommt also auf den Beginn der zuerst bewilligten Altersrente an und nicht auf das Datum, an dem der Bescheid dazu erteilt wurde.

Nehmen wir also an, Sie haben einen bindenden Anspruch auf eine Altersrente fรผr langjรคhrig Versicherte, die am 01.08.2025 beginnt. Jetzt lรคuft aber noch ein Verfahren wegen Ihres Antrags auf eine volle Erwerbsminderungsrente vor dem Sozialgericht. Am 01.03.2025 entscheidet das Sozialgericht, dass Sie Anspruch auf diese Erwerbsminderungsrente haben.

Ihre Erwerbsminderungsrente wรผrde am 01.04.2025 beginnen und wรคre deutlich hรถher als die vorgezogene Altersrente.

Obwohl der Bescheid zur Altersrente bindend ist, kรถnnen Sie trotzdem die Rente wegen voller Erwerbsminderung vorziehen. Denn es findet kein Wechsel statt, da die Erwerbsminderung vor der Altersrente beginnt. Damit liegt ein paralleler Rentenanspruch vor, und die gesetzliche Rentenversicherung muss die hรถhere der beiden Renten auszahlen.

In unserem Fall mรผsste die Rentenversicherung also die Erwerbsminderungsrente auszahlen, bis die Betroffene die Regelaltersgrenze zur regulรคren Altersrente erreicht hat. Ab dem Regelalter geht eine Erwerbsminderungsrente automatisch in eine Altersrente รผber.

Auf den Startzeitpunkt kommt es an

Umgekehrt bestรผnde aber kein Anspruch auf die Erwerbsminderungsrente, wenn diese im vorliegenden Beispiel erst nach dem 01.08.2025 gewรคhrt wรผrde. Dann nรคmlich hรคtte die bindende Altersrente bereits begonnen, und es handelt sich folglich nicht mehr um parallele Rentenansprรผche, sondern um einen Wechsel von einer bestehenden Altersrente in eine andere Rentenform, und das ist ausgeschlossen.