15 Euro Mindestlohn: So viel Rente gibts dann

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Union und SPD haben sich in ihren Sondierungsgesprรคchen darauf verstรคndigt, den Mindestlohn bereits im kommenden Jahr auf 15 Euro pro Stunde anzuheben. Dies wรคre ein deutlicher Sprung gegenรผber den bisher nicht einmal 13 Euro und soll eine wichtige soziale Weichenstellung im Koalitionsvertrag werden. Was das jetzt fรผr die Rente bedeutet, erklรคrt Dr. Utz Anhalt, Sozialrechtsexperte von “Gegen-Hartz.de”.

Rente und Mindestlohn Hand in Hand

Wenn vom Mindestlohn die Rede ist, richten sich die Blicke meist auf das Einkommen im Hier und Jetzt. Dabei spielt die Frage nach der kรผnftigen Rente eine entscheidende Rolle, denn die gesetzliche Rentenversicherung knรผpft an das Arbeitsentgelt wรคhrend des gesamten Erwerbslebens an.

Wer รผber viele Jahre hinweg niedrig entlohnt wird, muss spรคter mit einer entsprechend niedrigeren Rente rechnen. Andersherum gilt jedoch auch, dass hรถhere Lรถhne โ€“ selbst wenn sie nur ein wenig รผber dem heutigen Niveau liegen โ€“ die Alterseinkรผnfte spรผrbar beeinflussen kรถnnen.

Wie wird die gesetzliche Rente berechnet?

Um zu verstehen, wie sich ein hรถherer Mindestlohn auf die Rente auswirkt, hilft ein Blick auf die Berechnungsmethode. Im Kern erhรคlt jede Person, die in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, sogenannte Entgeltpunkte. Wie viele es pro Jahr gibt, hรคngt davon ab, wie hoch das eigene Bruttoeinkommen im Vergleich zum Durchschnittseinkommen aller Versicherten ist.

Liegt der eigene Jahresverdienst beispielsweise exakt auf dem Niveau dieses Durchschnitts, ergibt das einen vollen Entgeltpunkt fรผr das betreffende Jahr. Wer mehr verdient, sammelt entsprechend mehr als einen Entgeltpunkt, wer weniger verdient, entsprechend weniger.

Diese Entgeltpunkte werden beim Renteneintritt mit dem jeweils aktuellen Rentenwert multipliziert.

Zurzeit liegt dieser Rentenwert bei rund 39 Euro. Steigt dieser Rentenwert im Laufe der Zeit, erhรถht sich auch die ausgezahlte Rente. Da sich sowohl Durchschnittsverdienst als auch Rentenwert รผber die Jahre verรคndern kรถnnen, ist eine exakte Prognose nicht mรถglich. Dennoch liefert eine vereinfachte Rechnung einen ersten Anhaltspunkt.

Das ergibt die vereinfachte Beispielrechnung

Angenommen, jemand arbeitet 39 Stunden pro Woche und wird pro Stunde mit dem neuen Mindestlohn von 15 Euro entlohnt. Hochgerechnet auf den Monat (mit vier durchschnittlichen Wochen) lรคge das Einkommen bei 2340 Euro brutto.

Im Jahr kommt so ein Bruttogehalt von rund 28.080 Euro zusammen. Aktuelle Statistiken nennen fรผr 2025 โ€“ beziehungsweise fรผr die jรผngst verfรผgbaren Daten โ€“ einen Durchschnittsverdienst aller Versicherten von rund 50.493 Euro.

Wer 28.080 Euro verdient, erreicht also etwas mehr als die Hรคlfte dessen, was andere im Schnitt verdienen.

Nach derzeitigem Stand entsprรคche dieser Wert ungefรคhr 0,56 Entgeltpunkten pro Jahr.

Wer 40 Jahre lang durchgรคngig zum (fiktiv konstanten) Mindestlohn von 15 Euro arbeitet, kรคme in diesem stark vereinfachten Modell auf rund 22,24 Entgeltpunkte. Da jeder Entgeltpunkt aktuell mit etwa 39 Euro bewertet wird, ergibt sich rein rechnerisch eine Bruttorente von knapp 875 Euro im Monat.

Warum fallen aber diese Werte eher niedrig aus?

Diese Zahlen legen nahe, dass auch ein hรถherer Mindestlohn von 15 Euro รผber Jahrzehnte hinweg keine auskรถmmliche Rente garantiert. Allerdings ist diese Modellrechnung nur eine Momentaufnahme.

Im echten Erwerbsleben verรคndern sich sowohl der Mindestlohn als auch das generelle Lohnniveau und der Rentenwert im Zeitverlauf. Es ist also nicht davon auszugehen, dass jemand รผber 40 Jahre hinweg nur denselben Stundensatz erhรคlt. Auch der Rentenwert, der jรคhrlich angepasst wird, dรผrfte weiter steigen.

Gleichwohl macht dieses Beispiel deutlich, dass ein relativ niedriger Lohn selbst รผber viele Arbeitsjahre hinweg keine allzu hohe gesetzliche Rente erwarten lรคsst. Ein gewisses Risiko der Altersarmut bleibt bestehen, wenn die Einkรผnfte รผber lange Zeitrรคume gerade so um den Mindestlohn kreisen.

Welche Unterschiede gibt es zum alten Mindestlohn?

Bei einer Fortsetzung des bisherigen Mindestlohns von unter 13 Euro kรถnnte die Rentenlรผcke noch grรถรŸer ausfallen. Auch hier lรคsst sich der Effekt durch eine Beispielrechnung veranschaulichen: Wer 40 Jahre lang mit dem derzeitigen Mindestlohn arbeiten wรผrde, kรคme auf deutlich weniger als die 875 Euro aus dem Modell mit 15 Euro Stundenlohn. Die Rente bliebe in diesem Fall nochmals รผber 100 Euro niedriger.

Diese rechnerische Differenz verdeutlicht, dass eine Erhรถhung auf 15 Euro bereits fรผr einen relevanten Schub beim Rentenanspruch sorgen kann โ€“ obwohl das Gesamtniveau aus heutiger Sicht noch immer bescheiden wirkt.

Realistische Berechnungen zur Rente lassen sich nur auf der Basis zahlreicher Annahmen aufstellen. Niemand kann vorhersagen, wie sich der Mindestlohn in den kommenden Jahren tatsรคchlich entwickeln wird.

Auch die Entwicklung des durchschnittlichen Bruttolohns und die jรคhrliche Anpassung des Rentenwerts sind nicht exakt planbar. Politische Entscheidungen und wirtschaftliche Faktoren wie die Inflation oder die Lohnentwicklung in verschiedenen Branchen spielen eine entscheidende Rolle.

Ebenso lรคsst das obige Beispiel auรŸer Acht, dass viele Menschen nicht ihr gesamtes Erwerbsleben im Umfang einer Vollzeitstelle tรคtig sind. Krankheit, Phasen der Arbeitslosigkeit oder eine Reduktion der Arbeitszeit wegen Familienaufgaben beeinflussen die Einzahlungen in die Rentenkasse. All dies kann dazu fรผhren, dass die tatsรคchlichen Rentenansprรผche deutlich von den hier dargestellten Werten abweichen.

Hรถherer Mindestlohn stรผtzt die Rente

Fest steht, dass ein hรถherer Mindestlohn helfen kann, die Alterssicherung zu verbessern. Der Rentenanspruch erhรถht sich zumindest in einem MaรŸe, das im Vergleich zum deutlich geringeren Mindestlohn spรผrbar ist.

Allerdings bleibt die gesetzliche Rente fรผr Mindestlohnbeziehende selbst mit einer Anhebung auf 15 Euro auf relativ niedrigem Niveau. Wer sich mit der Frage beschรคftigt, ob das fรผr die eigene Lebensfรผhrung im Alter ausreicht, sollte daher mรถglichst frรผh in alternative oder ergรคnzende Altersvorsorge investieren.

Gleichzeitig bleibt abzuwarten, ob und wie der Gesetzgeber weitere rentenpolitische MaรŸnahmen ergreift, um das Armutsrisiko fรผr Geringverdienende im Alter zu verringern. Mรถgliche Instrumente kรถnnten hรถhere Freibetrรคge, die sogenannte Grundrente oder eine verbesserte Betriebsrente sein.

Und das Fazit?

Die Aussicht auf einen Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde ist fรผr viele Beschรคftigte ein wichtiges Signal. Es stรคrkt zum einen direkt die Einkommen im Alltag und macht zum anderen klar, dass die Politik zumindest in Teilen bemรผht ist, finanzielle Engpรคsse bei Geringverdienenden abzufedern. Fรผr die kรผnftige Altersrente bedeutet das, dass die Ansprรผche im Vergleich zum bisherigen Mindestlohn immerhin steigen.

Allerdings zeigt das einfache Rechenbeispiel vor Augen, dass auch 15 Euro Stundenlohn noch nicht ausreichen, um nach 40 Jahren lรผckenloser Vollzeitbeschรคftigung eine Rente zu erzielen, die einen sorgenfreien Ruhestand garantiert.

Wer eine solide Altersvorsorge aufbauen will, sollte sich รผber zusรคtzliche Bausteine informieren und berufsbegleitend prรผfen, welche weiteren Mรถglichkeiten es neben der gesetzlichen Rente gibt. Die Entwicklung des gesetzlichen Rentenniveaus und mรถgliche Reformen werden zeigen, ob und wie sich das Verhรคltnis von Lohn und Rentenanpruch fรผr Menschen im Niedriglohnsektor verbessert.