Eine frühere Bürgergeld-Bezieherin muss dem Jobcenter mehr als 42.000 Euro erstatten. Grund: Sie bezog bereits eine russische Altersarbeitsrente, gab diese aber in ihren Anträgen nicht an.
Nach erfolglosen Klagen vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht bestätigte schließlich auch das Bundessozialgericht (BSG) den Rückforderungsbescheid. (B 7/14 AS 10/21 R)
Der Fall zeigt, wie strikt die Gerichte den Leistungsausschluss bei Bezug einer ausländischen Altersrente handhaben – und wie teuer fehlende oder unvollständige Angaben werden können.
Inhaltsverzeichnis
Von Russland nach Deutschland – und direkt in den Rechtsstreit
Die Frau siedelte 2004 von Russland nach Deutschland über. Zwischen 2005 und 2009 erhielt sie Leistungen nach dem SGB II vom zuständigen Jobcenter. Parallel floss jedoch eine laufende Altersarbeitsrente aus Russland.
Diese Information fehlte im Erstantrag und in allen Folgeanträgen. Erst aufgrund eines Hinweises Dritter wurde das Jobcenter aufmerksam und forderte Nachweise an.
Rücknahme, Erstattung – und der lange Weg durch die Instanzen
Nach Prüfung der Unterlagen nahm die Behörde die Bewilligungen für den Zeitraum Januar 2005 bis Oktober 2009 zurück. Zusätzlich zur Erstattung der ausgezahlten Leistungen verlangte das Jobcenter auch die Rückzahlung der gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Die Betroffene wehrte sich – ohne Erfolg. Das Sozialgericht wies die Klage ab, die Berufung vorm Landessozialgericht blieb erfolglos. In der Revision hob das BSG das Urteil zwar insoweit auf, dass die tatsächliche Rentenhöhe zunächst festzustellen war. Nachdem diese geklärt wurde, stand das Ergebnis fest: Die Rückforderung ist rechtmäßig.
Warum die russische Rente zählt
Kern des Streits: Schließt eine ausländische Altersrente den Anspruch auf SGB-II-Leistungen aus? Die Antwort der höchsten Sozialrichter ist deutlich: Ja, wenn die ausländische Leistung Funktion und Struktur einer deutschen Altersrente entspricht. Genau das sei bei der russischen Altersarbeitsrente der Fall.
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Bescheid prüfenSie wird von einem öffentlichen Träger gezahlt, setzt eine Altersgrenze voraus und dient der Sicherung des Lebensunterhalts im Alter. Dass das Rentenalter in Russland niedriger liegt oder die Rentenhöhe vergleichsweise gering ist, ändert am Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II nichts.
Grobe Fahrlässigkeit: Kein Schutz durch „Nichtwissen“
Die Klägerin berief sich auf Sprach- und Verständnisprobleme. Das BSG erkannte zwar an, dass solche Hürden existieren können. Dennoch sahen die Richter hier grobe Fahrlässigkeit: Wer eine laufende Rente bezieht, muss das bei Antragstellung offenlegen – notfalls mit Hilfe Dritter.
Ein schutzwürdiges Vertrauen in die einmal bewilligten Leistungen besteht in solchen Konstellationen nicht.
Was genau zurückzuzahlen ist
Neben den Regelleistungen forderte das Jobcenter auch die Versicherungsbeiträge zurück, die es während des Leistungsbezugs für die Klägerin an Kranken- und Pflegekasse abgeführt hatte. In Summe ergab sich ein Rückforderungsbetrag von 42.155,88 Euro.
Posten | Betrag / Zeitraum |
Zurückgenommene SGB-II-Leistungen | Januar 2005 – Oktober 2009 |
Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung | Für denselben Zeitraum |
Gesamtsumme | 42.155,88 Euro |
Was Betroffene jetzt wissen sollten
Der Fall ist kein Einzelfall, sondern wegweisend. Wer eine ausländische Altersrente erhält – egal, ob russisch, ukrainisch oder aus einem anderen Staat – muss prüfen, ob diese Leistung einer deutschen Altersrente vergleichbar ist.
Ist das der Fall, besteht für den gleichen Zeitraum grundsätzlich kein Anspruch auf Bürgergeld. Wer die Rente verschweigt oder unzutreffend angibt, riskiert Rücknahme, Erstattung und unter Umständen auch Bußgeld oder Strafverfahren wegen Leistungsbetrugs.
Unser Fazit
Transparenz zahlt sich aus – im wörtlichen Sinn. Das BSG verlangt keine Perfektion, aber ehrliche und vollständige Angaben. Wer unsicher ist, sollte frühzeitig Beratung in Anspruch nehmen. Denn am Ende ist nicht die Höhe der Rente entscheidend, sondern ihr Charakter als Altersleistung. Und der kann den Bürgergeld-Anspruch komplett ausschließen.