Menschen mit Behinderungen haben in Deutschland keine „eine“ Leistung, die alles abdeckt, sondern ein Geflecht aus Versicherungs-, Fürsorge- und Steuerleistungen.
Wer welche Gelder bekommt, hängt davon ab, wo der Bedarf entsteht: beim Lebensunterhalt, bei Pflege und Assistenz, bei Gesundheit und Mobilität, im Berufsleben oder als Ausgleich für besondere Mehraufwendungen.
Wichtig ist zudem, ob es sich um versicherungsrechtliche Ansprüche (etwa aus Renten-, Pflege- oder Unfallversicherung) oder um bedarfsgeprüfte Leistungen (Sozialhilfe/Grundsicherung, Eingliederungshilfe) handelt. Das System folgt der UN-Behindertenrechtskonvention: Ziel ist gleichberechtigte Teilhabe statt bloßer Versorgung.
Tabelle: Alle Gelder, die behinderten Menschen zustehen
Leistung / Geld | Was es ist, wer zahlt, wichtige Hinweise |
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Bürgergeld (SGB II) | Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts für erwerbsfähige Personen mit Hilfebedarf; inklusive Kosten der Unterkunft und Mehrbedarfen bei Behinderung/Teilhabemaßnahmen; zuständig: Jobcenter. |
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGB XII) | Lebensunterhalt für dauerhaft voll erwerbsgeminderte oder ältere Menschen; umfasst Regelsatz, Unterkunft, Mehrbedarfe; zuständig: Sozialamt. |
Hilfe zum Lebensunterhalt (SGB XII) | Sozialhilfe für nicht erwerbsfähige Personen ohne dauerhafte Erwerbsminderung; umfasst Regelsatz, Unterkunft und besondere Bedarfe; zuständig: Sozialamt. |
Mehrbedarf bei Behinderung (SGB II) | Zusätzliche Geldleistung z. B. bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder bestimmten Situationen; wird prozentual auf den Regelsatz berechnet; zuständig: Jobcenter. |
Mehrbedarf bei Behinderung (SGB XII) | Zusätzliche Mittel bei Teilhabeleistungen oder behinderungsbedingten Mehraufwendungen; Einzelfallprüfung; zuständig: Sozialamt. |
Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) | Übernahme angemessener Wohn- und Heizkosten im Rahmen von Bürgergeld oder Sozialhilfe; angemessenheitsabhängig; Träger: Jobcenter/Sozialamt. |
Einmalige Bedarfe / Erstausstattungen | Geld- oder Sachleistungen für z. B. Wohnungserstausstattung, besondere Bekleidung, Reparaturen von Hilfsmitteln; Träger: Jobcenter/Sozialamt. |
Hilfsmittel (GKV) | Übernahme medizinisch notwendiger Hilfsmittel wie Rollstuhl, Hörgerät, Prothesen, Kommunikationshilfen; Verordnung erforderlich; Kostenträger: Krankenkasse. |
Heilmittel und häusliche Krankenpflege (GKV) | Physio-, Ergo-, Logopädie, Podologie sowie Behandlungspflege zu Hause; ärztliche Verordnung nötig; Zuzahlungen mit Befreiungsmöglichkeit. |
Fahrkosten im Krankheitsfall | Übernahme notwendiger Krankenfahrten unter bestimmten Voraussetzungen (z. B. Dialyse, Chemo, aG/Bl/GdB-abhängig); Antrag bei Krankenkasse. |
Zuzahlungsbefreiung / Belastungsgrenze | Begrenzung der Zuzahlungen zu GKV-Leistungen; für chronisch Kranke niedrigere Belastungsgrenze; Befreiung nach Nachweis der Eigenbelastung. |
Pflegegeld (SGB XI) | Monatliche Geldleistung bei häuslicher Pflege durch Angehörige oder Ehrenamtliche ab Pflegegrad; Auszahlung durch Pflegekasse. |
Pflegesachleistungen | Finanzierung professioneller ambulanter Pflegedienste; direkte Abrechnung mit der Pflegekasse; kombinierbar mit Pflegegeld. |
Kombinationsleistung | Aufteilung zwischen Pflegegeld und Pflegesachleistungen, wenn beides genutzt wird; anteilige Auszahlung je nach Inanspruchnahme. |
Entlastungsbetrag | Monatlicher Betrag für anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag, Betreuungs- und Entlastungsleistungen; Abrechnung über Pflegekasse. |
Verhinderungs- und Kurzzeitpflege | Leistungen für Ersatzpflege bei Ausfall der Pflegeperson sowie vorübergehende stationäre Entlastung; flexible Kombinationsmöglichkeiten je Kalenderjahr. |
Tages- und Nachtpflege | Teilstationäre Pflegeangebote zur Entlastung der Angehörigen; zusätzlich zu Pflegegeld/-sachleistung möglich; Kostenträger: Pflegekasse. |
Leistungszuschlag im Pflegeheim | Zuschlag zur Eigenbeteiligung an pflegebedingten Heimkosten abhängig von der Aufenthaltsdauer; Auszahlung über die Pflegekasse direkt an die Einrichtung. |
Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen | Zuschuss für barrierefreie Umbauten wie Bad, Rampen, Türverbreiterungen; je Maßnahme und Person begrenzt; Pflegekasse als Kostenträger. |
Pflegehilfsmittel zum Verbrauch | Monatlicher Zuschuss z. B. für Einmalhandschuhe, Desinfektion, Bettschutzeinlagen; unbürokratische Abrechnung mit der Pflegekasse. |
Hausnotruf | Finanzierungszuschuss der Pflegekasse für Hausnotrufsysteme bei entsprechender Bedarfslage; Antrag über den Anbieter oder direkt bei der Kasse. |
Wohngruppenzuschlag | Monatliche Pauschale für ambulant betreute Pflege-Wohngemeinschaften; zusätzlich Anschubfinanzierung möglich; Kostenträger: Pflegekasse. |
Pflegeunterstützungsgeld | Lohnersatz für kurzfristig berufstätige pflegende Angehörige bei akuter Pflegesituation; Antrag bei der Pflegekasse der gepflegten Person. |
Eingliederungshilfe – Leistungen zur sozialen Teilhabe | Finanzierung von Assistenz im Alltag, Mobilität, Wohnen, Kommunikation, Freizeit; als Sachleistung oder Persönliches Budget; Träger: Sozialamt/Landschaftsverband. |
Eingliederungshilfe – Teilhabe an Bildung | Schul- und Studienassistenz, technische Hilfen, behinderungsbedingte Mehrbedarfe in Kitas, Schulen, Hochschulen; Träger: Eingliederungshilfe. |
Eingliederungshilfe – Medizinische Rehabilitation | Reha-Leistungen, soweit nicht vorrangig durch GKV/DRV zu erbringen; Ziel ist Wiederherstellung und Teilhabe; Träger: Eingliederungshilfe. |
Persönliches Budget | Geldleistung statt Sachleistung zur selbstbestimmten Organisation von Assistenz und Hilfen; umfasst ggf. mehrere Kostenträger; Zielvereinbarung erforderlich. |
Budget für Arbeit | Lohnkostenzuschuss und Anleitung für sozialversicherungspflichtige Beschäftigung außerhalb der WfbM; Träger: Eingliederungshilfe/Integrationsamt. |
Budget für Ausbildung | Finanzierung betrieblicher Berufsausbildung statt Werkstattbildung; umfasst Anleitung und begleitende Hilfen; Träger: Eingliederungshilfe. |
Werkstattlohn und Arbeitsförderungsgeld (WfbM) | Arbeitsentgelt in der Werkstatt plus ergänzendes Arbeitsförderungsgeld; Absicherung durch Grundsicherung möglich; Träger: WfbM/Sozialamt. |
Arbeitsassistenz | Dauerhafte personelle Unterstützung am Arbeitsplatz für schwerbehinderte Menschen; Finanzierung meist durch Integrationsamt. |
Technische Arbeitshilfen / Arbeitsplatzanpassung | Zuschüsse für Hilfsmittel, Software, Umbauten und ergonomische Anpassungen; Kostenträger je nach Zuständigkeit DRV, Agentur für Arbeit, Unfallversicherung oder Integrationsamt. |
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) | Umschulungen, Qualifizierungen, Mobilitätshilfen, Vermittlung; Übergangsgeld während Maßnahmen möglich; Träger: DRV, Agentur für Arbeit, Unfallversicherung. |
Übergangsgeld | Einkommensersatz während medizinischer Reha oder LTA-Maßnahmen; Berechnung nach vorherigem Einkommen; Träger: DRV/UV/BA. |
Eingliederungszuschuss an Arbeitgeber | Zuschuss zum Arbeitsentgelt bei Einstellung; soll Minderleistungen ausgleichen und Einarbeitung erleichtern; Träger: Agentur für Arbeit/Jobcenter. |
Ausbildungsgeld / Assistierte Ausbildung | Unterstützungsleistungen während berufsvorbereitender Bildung oder Ausbildung, wenn besondere Hilfen nötig sind; Träger: Agentur für Arbeit. |
Kraftfahrzeughilfe (Kfz-Hilfe) | Zuschuss zum Fahrzeugkauf, zu Umbauten und zur Fahrerlaubnis, wenn für Teilhabe erforderlich; Kostenträger: DRV/BA/UV/Eingliederungshilfe je nach Zuständigkeit. |
Mobilitätshilfen | Übernahme von Fahrkosten zu Arbeit, Ausbildung oder Reha sowie behinderungsbedingter Mobilitätsmehrkosten; Träger abhängig von Zweck und Zuständigkeit. |
Arbeitslosengeld I nach Nahtlosigkeitsregelung | ALG I trotz zweifelhafter Leistungsfähigkeit bis zur EM-Renten-Entscheidung; Träger: Agentur für Arbeit. |
Erwerbsminderungsrente | Teilweise oder volle Rente bei dauerhaft geminderter Erwerbsfähigkeit; Voraussetzungen zu Versicherungszeiten beachten; Träger: Deutsche Rentenversicherung. |
Altersrente für schwerbehinderte Menschen | Vorzeitige Altersrente bei GdB ≥ 50 und erfüllten Wartezeiten; ggf. Abschläge; Träger: Deutsche Rentenversicherung. |
Krankengeld | Einkommensersatz bei längerer Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der Lohnfortzahlung; Träger: gesetzliche Krankenkasse. |
Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung | Verletztenrente, Heilbehandlung, Teilhabeleistungen und Pflege bei Arbeits-/Wegeunfall oder Berufskrankheit; Träger: Berufsgenossenschaft/Unfallkasse. |
Soziales Entschädigungsrecht (SGB XIV) | Monatliche Geld- und Teilhabeleistungen bei Gesundheitsschäden durch schädigende Ereignisse (z. B. Gewalttat); Träger: Versorgungsverwaltung. |
Blindenhilfe (SGB XII) | Leistung zur Deckung blindheitsbedingter Mehraufwendungen abhängig von Einkommen/Vermögen; Träger: Sozialamt. |
Landesblindengeld | Einkommensunabhängige pauschale Landesleistung für blinde Menschen; Höhe und Zuständigkeit je Bundesland. |
Landesgehörlosengeld (sofern vorhanden) | Pauschale Landesleistung für gehörlose Menschen in einigen Bundesländern; Höhe und Anspruchsregeln landesrechtlich. |
Kindergeld über 25 bei Behinderung | Weiterzahlung des Kindergelds, wenn die Behinderung vor 25 eingetreten ist und Selbstunterhalt nicht möglich ist; Träger: Familienkasse. |
Wohngeld | Miet- oder Lastenzuschuss bei niedrigem Einkommen außerhalb von Bürgergeld/Sozialhilfe; behinderungsbedingte Mehrkosten können sich auswirken; Träger: Wohngeldstelle. |
BAföG mit Nachteilsausgleichen | Studienförderung mit Verlängerungs- und Freibetragsregeln bei Behinderung/chronischer Krankheit; zusätzliche Hilfen über Eingliederungshilfe möglich. |
Gebärdensprach- und Kommunikationshilfen | Kostenübernahme für Dolmetschleistungen in Ausbildung, Arbeit, Behörden- und Arztkontakten; Kostenträger je Kontext: Eingliederungshilfe, Integrationsamt, GKV, Justiz. |
Reha-Sport und Funktionstraining | Übungsangebote zur Stabilisierung von Gesundheit und Teilhabe; Verordnung und Kostenübernahme durch GKV oder Rentenversicherung je nach Anlass. |
Assistenzhund als Hilfsmittel | Kostenübernahme in begründeten Fällen als Hilfsmittel; Prüfung der medizinischen Notwendigkeit; Kostenträger: GKV. |
Betreutes Wohnen / besondere Wohnform | Finanzierung von Assistenz- und Fachleistungen im Wohnen über Eingliederungshilfe; Lebensunterhalt ggf. über Grundsicherung; Träger: Sozialamt. |
Rundfunkbeitragsbefreiung / Ermäßigung | Befreiung bei Bezug bestimmter Sozialleistungen oder ermäßigter Drittelbeitrag mit Merkzeichen RF; Antrag beim Beitragsservice. |
Kfz-Steuerbefreiung / -Ermäßigung | Steuererleichterung je nach Merkzeichen (z. B. aG, H, Bl); bindet die Nutzung auf die schwerbehinderte Person; zuständig: Hauptzollamt. |
ÖPNV-Freifahrt/Wertmarke | Kostenfreie oder ermäßigte Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs bei bestimmten Merkzeichen; Wertmarke über Versorgungsamt/Kommunen. |
Behinderten-Pauschbetrag (Steuer) | Pauschaler steuerlicher Abzug je nach GdB; bei Blindheit/Hilflosigkeit erhöhter Betrag; beantragbar in der Einkommensteuererklärung. |
Fahrtkostenpauschale (Steuer) | Jährlicher Pauschbetrag für stark mobilitätsbeeinträchtigte Menschen oder Abzug tatsächlicher behinderungsbedingter Fahrtkosten; Nachweisregeln beachten. |
Pflege-Pauschbetrag (Steuer) | Steuerlicher Pauschbetrag für unentgeltlich pflegende Angehörige bei Pflegegrad/Hilflosigkeit; zusätzlich zu sonstigen Aufwendungen möglich. |
Außergewöhnliche Belastungen / haushaltsnahe Dienstleistungen (Steuer) | Abzug tatsächlicher behinderungsbedingter Kosten oder Steuerermäßigung für Assistenz- und Pflegeleistungen im Haushalt; Belege erforderlich. |
Darlehen bei Pflege-/Familienpflegezeit | Zinsloses Bundesdarlehen zur Abfederung von Einkommensverlusten während reduzierter Arbeitszeit in der Pflege naher Angehöriger; Antrag beim Bundesamt für Familie. |
Landes-/Kommunalförderungen Barrierefreiheit | Zuschüsse und Programme der Länder/Kommunen für barrierefreie Umbauten, Wohnraumanpassung und Mobilität; Bedingungen, Budgets und Fristen regional unterschiedlich. |
Stiftungen und Härtefonds | Zusätzliche Zuschüsse für Hilfsmittel, Therapien oder Notlagen durch wohltätige Stiftungen; Antragskriterien und Nachweise je Stiftung. |
Anerkennung der Behinderung: GdB, Schwerbehindertenausweis und Nachteilsausgleiche
Wichtig ist die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) durch das Versorgungsamt. Ab GdB 50 gilt eine Person als schwerbehindert und kann einen Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen (z. B. G, aG, H, Bl, Gl, RF) erhalten.
Damit sind Nachteilsausgleiche verknüpft – etwa Freifahrt/Ermäßigung im ÖPNV (Beiblatt/Wertmarke) oder besondere Rechte im Arbeitsleben. Rechtsgrundlage ist das SGB IX; Verfahren und Rechte erläutert das Bundesarbeitsministerium.
Sicherung des Lebensunterhalts: Bürgergeld oder Grundsicherung
Reicht das Einkommen nicht, sichern Bürgergeld (SGB II) oder Sozialhilfe/Grundsicherung (SGB XII) den Lebensunterhalt. Für Menschen mit Behinderungen gibt es Mehrbedarfe:
Wer erwerbsfähig ist und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder vergleichbare Hilfen erhält, bekommt im Bürgergeld in der Regel einen Mehrbedarf von 35 % des maßgeblichen Regelsatzes (§ 21 Abs. 4 SGB II; Auslegung in den Fachlichen Weisungen der BA).
In der Grundsicherung existieren korrespondierende Mehrbedarfe, u. a. bei Teilhabeleistungen oder gemeinschaftlicher Mittagsverpflegung in Werkstätten (§§ 30, 42b SGB XII).
Für Eltern volljähriger Kinder mit Behinderung kann Kindergeld auch über das 25. Lebensjahr hinaus gezahlt werden, wenn die Behinderung vor 25 eingetreten ist und das Kind sich nicht selbst unterhalten kann. Zuständig ist die Familienkasse.
Pflege und Assistenz: Leistungen der Pflegeversicherung und Pflegekassen-Zuschüsse
Bei Pflegebedürftigkeit (Pflegegrade 1–5) gewährt die soziale Pflegeversicherung Geld- und Sachleistungen, u. a. Pflegegeld, Pflegesachleistungen, Kombinationsleistungen, Verhinderungs-/Kurzzeitpflege und Tages-/Nachtpflege.
Zum 1. Januar 2025 wurden zahlreiche Leistungsbeträge erhöht; außerdem wird das jährliche Budget für Verhinderungs-/Kurzzeitpflege zusammengeführt.
Für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen (z. B. Badumbau, Rampen) zahlt die Pflegekasse Zuschüsse – seit 2025 mit angehobenen Höchstbeträgen. Zuständig und rechtskundig informiert hier das Bundesgesundheitsministerium.
Wird regelmäßige Assistenz über die reine Pflege hinaus benötigt – etwa für Schule, Studium, Arbeit oder Freizeit –, fällt das meist unter die Eingliederungshilfe nach SGB IX.
Sie erbringt Leistungen zur sozialen Teilhabe (z. B. Schul-/Studienassistenz, Mobilitätshilfen, Wohnassistenz) und kann als Persönliches Budget ausgezahlt werden. Das Bundesteilhabegesetz hat hierzu Einkommens- und Vermögensregeln verbessert und neue Instrumente wie das Budget für Arbeit und das Budget für Ausbildung eingeführt.
Gesundheit und Hilfsmittel: Kasse statt Kasse machen
Benötigte Hilfsmittel – von Rollstühlen bis Hörhilfen – sind Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 33 SGB V; maßgeblich ist die medizinische Erforderlichkeit. Chronisch Kranke können sich bei Zuzahlungen schneller befreien lassen: Die Belastungsgrenze sinkt von 2 % auf 1 % des Bruttojahreseinkommens.
Erwerbsminderungsrente: Wenn Arbeiten (fast) nicht mehr geht
Wer krankheits- oder behinderungsbedingt unter sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten kann, hat unter weiteren Voraussetzungen Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung.
Erforderlich sind u. a. die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren und in der Regel 36 Pflichtbeitragsmonate in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung. Die Deutsche Rentenversicherung erklärt Verfahren und Zugangsvoraussetzungen detailliert.
Solange über die Rente noch nicht entschieden ist, verhindert die Nahtlosigkeitsregelung nach § 145 SGB III eine Versorgungslücke: Es kann Arbeitslosengeld I gezahlt werden, obwohl die Leistungsfähigkeit zweifelhaft ist. Zuständig und auskunftsstark ist hier die Bundesagentur für Arbeit.
Teilhabe am Arbeitsleben: Leistungen, Budgets und Lohnzuschüsse
Zur beruflichen Rehabilitation zählen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) – etwa Qualifizierung, technische Arbeitshilfen, Mobilitätshilfen, Arbeitsassistenz oder Zuschüsse an Arbeitgeber. Je nach Versicherungsbiografie tragen dafür Rentenversicherung, Agentur für Arbeit oder Unfallversicherung die Kosten.
Das BMAS und die DRV stellen die Instrumente und Voraussetzungen strukturiert dar. Ergänzend eröffnen Budget für Arbeit und Budget für Ausbildung Wege in betriebliche Beschäftigung und duale Ausbildung statt Werkstatt.
Mobilität und Alltagskosten: ÖPNV, Rundfunk, Kfz-Steuer
Mit bestimmten Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis sind Freifahrt/Ermäßigungen im ÖPNV möglich; Details variieren je nach Merkzeichen und Wertmarke. Die Nachteilsausgleiche sind im SGB IX verankert und werden vom BMAS erläutert.
Beim Rundfunkbeitrag gilt: Wer bestimmte Sozialleistungen bezieht, kann sich befreien lassen; Menschen mit dem Merkzeichen RF zahlen einen ermäßigten Drittelbeitrag. Der Beitragsservice erklärt Voraussetzungen und Nachweise.
Bei der Kfz-Steuer gibt es je nach Merkzeichen Befreiungen (aG, H, Bl) oder eine 50-%-Ermäßigung (z. B. G, Gl). Zuständig ist die Zollverwaltung, die Verfahren und Bedingungen beschreibt – etwa die Bindung an ein auf die schwerbehinderte Person zugelassenes Fahrzeug und die Zweckbindung der Nutzung.
Steuern: Pauschbeträge, Fahrtkostenpauschale und Pflege-Pauschbetrag
Steuerlich entlasten Behinderten-Pauschbeträge nach § 33b EStG je nach GdB; bei Hilflosigkeit oder Blindheit beträgt der Pauschbetrag deutlich mehr. Die amtlichen Lohnsteuerrichtlinien 2025 führen die Staffelung. Zudem gibt es eine Fahrtkostenpauschale für stark mobilitätsbeeinträchtigte Menschen sowie den Pflege-Pauschbetrag für pflegende Angehörige.
Spezielle Ausgleichssysteme: Unfallversicherung und Soziales Entschädigungsrecht
Ist die Beeinträchtigung Folge eines Arbeits-/Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit, leistet die gesetzliche Unfallversicherung – u. a. in Form der Verletztenrente, deren Höhe sich nach MdE und Jahresarbeitsverdienst bemisst.
Bei gesundheitlichen Schäden durch Gewalttaten oder andere schädigende Ereignisse greift seit 1. Januar 2024 das reformierte Soziale Entschädigungsrecht (SGB XIV) mit Geld- und Teilhabeleistungen; Anträge laufen über die Versorgungsbehörden.
Besonders für blinde Menschen: Blindenhilfe und Landesblindengeld
Neben bundesrechtlicher Blindenhilfe nach § 72 SGB XII existiert in allen Ländern Landesblindengeld, das einkommensunabhängig als Ausgleich von Mehraufwendungen gezahlt wird; die Höhe unterscheidet sich je nach Bundesland. Zuständig sind die Landesbehörden; der DBSV bietet einen länderübergreifenden Überblick.
Wege in die Leistung: Wer ist zuständig – und wie geht man vor?
Die Praxis beginnt fast immer mit einem Antrag: GdB beim Versorgungsamt, Pflegegrad bei der Pflegekasse (MD-Begutachtung), Reha/LTA bei DRV oder BA, Eingliederungshilfe beim zuständigen Sozialhilfeträger.
Für viele Leistungen gilt das Nachrangprinzip: Erst zahlen vorrangige Versicherungen, dann greift die Hilfe zum Lebensunterhalt. Fristen für Widerspruch und Klage sollte man beachten; unabhängige Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) und Sozialverbände unterstützen.
Fazit: Rechte kennen, Kombinationen nutzen
„Welche Gelder stehen behinderten Menschen zu?“ – die präzise Antwort lautet: diejenigen, die ihren individuellen Bedarf decken. In der Praxis fließen häufig mehrere Geldströme nebeneinander: etwa Bürgergeld mit Mehrbedarf plus Eingliederungshilfe-Assistenz als Persönliches Budget, dazu Pflegegeld und Hilfsmittel der Krankenkasse – oder, im Arbeitskontext, LTA-Leistungen samt steuerlichen Pauschbeträgen.
Wer seine Zugänge kennt, Anträge sauber stellt und Widerspruch nicht scheut, verbessert seine Chancen spürbar. Die genannten amtlichen Quellen sind dafür der beste Startpunkt.
Quellenhinweise (Auswahl): Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Schwerbehindertenrecht, BTHG), Bundesministerium für Gesundheit (Pflegeleistungen 2025), Deutsche Rentenversicherung (Erwerbsminderungsrente), Bundesagentur für Arbeit (Nahtlosigkeit, Mehrbedarfe), Gesetze-im-Internet (SGB-Normen), Beitragsservice (Rundfunk), Zollverwaltung (Kfz-Steuer), DGUV (Unfallrenten), DBSV (Landesblindengeld)