Schwerbehinderung: Befristeter Schwerbehindertenausweis – So verlängern ohne neue Begutachtung

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Wer einen befristeten Schwerbehindertenausweis besitzt, muss nicht automatisch eine neue medizinische Begutachtung über sich ergehen lassen. Oft reicht es, rechtzeitig die Neuausstellung des Ausweises („Verlängerung“) zu beantragen, aktuelle Nachweise beizulegen und – falls nötig – einen Übergangsnachweis zu verlangen.

Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Ausweis und Feststellungsbescheid: Der Ausweis ist der Nachweis in Kartenform; die Schwerbehinderteneigenschaft beruht auf dem Bescheid mit GdB-Angaben und Merkzeichen.

Verlängerung heißt heute: neue Karte beantragen – keine komplette Neufeststellung

Die Scheckkarte wird nicht mehr „gestempelt“, sondern durch eine neue Karte ersetzt. Zuständig ist das Versorgungsamt bzw. die nach Landesrecht bestimmte Behörde. Praktisch spricht man weiter von „Verlängerung“, formal ist es die Neuausstellung des Ausweises auf Basis der bereits getroffenen Feststellungen. Gebühren fallen in der Regel nicht an; ein aktuelles Lichtbild ist fast überall Pflicht. Stellen Sie den Antrag idealerweise spätestens drei Monate vor Ablauf.

Rechtsgrundlagen zur Gültigkeit: Nach § 6 SchwbAwV ist der Ausweis maximal fünf Jahre gültig; wenn auf absehbare Zeit keine Neufeststellung zu erwarten ist, kann er auch unbefristet ausgestellt werden. § 152 SGB IX regelt Ausstellung und Zweck des Ausweises.

Ohne neue Begutachtung: Wann eine Entscheidung „nach Aktenlage“ reicht

In Bestandsfällen genügt häufig eine Entscheidung nach Aktenlage: Liegen aussagekräftige aktuelle Unterlagen (Arztbriefe, Entlass-/Reha-Berichte, Therapie- und Befundverläufe) vor und gibt es keine Anhaltspunkte für wesentliche Änderungen, verzichtet die Behörde oft auf eine persönliche Untersuchung.

Ein Gutachten kann nach Aktenlage erstellt werden; nur wenn Unterlagen unzureichend sind oder sich der Gesundheitszustand erkennbar verändert hat, kommt eine persönliche Untersuchung in Betracht.

Vorsicht bei Heilungsbewährung (z. B. nach Tumorerkrankungen): In diesen typischen Befristungsfällen verlangt die Versorgungsmedizin-Verordnung nach Ablauf der Bewährungszeit eine neue Bewertung des GdB. Wer hier eine Verlängerung ohne Begutachtung erreichen will, sollte aktuelle fachärztliche Bestätigungen zur Fortdauer der Beeinträchtigung beilegen.

Fristen & Tempo: So bleiben Vergünstigungen lückenlos

Stellen Sie den Verlängerungsantrag spätestens drei Monate vor Ablauf der Karte. Reichen Sie Passfoto und – sofern verlangt – das alte Ausweisdokument gleich mit ein; die Karte wird häufig kostenfrei neu ausgestellt, vielerorts auch online beantragbar.

Läuft der Ausweis aus, ohne dass die Behörde entschieden hat, ist das kein automatischer Rechtsverlust: Maßgeblich ist der Feststellungsbescheid; außerdem schützt § 199 SGB IX bei Herabstufungen drei volle Kalendermonate ab Unanfechtbarkeit des Herabsetzungsbescheids. In dieser Schutzfrist gelten die Nachteilsausgleiche weiter.

Übergangsnachweis bei abgelaufenem Ausweis

Für Tickets, Steuer, Parkplatzprivilegien oder gegenüber dem Arbeitgeber brauchen Sie während der Bearbeitungszeit oft einen schriftlichen Übergangsnachweis. Viele Versorgungsämter stellen auf Antrag eine vorläufige Bescheinigung (Interims-/Ersatzbestätigung) aus. Als Beleg dienen außerdem der Feststellungsbescheid und ggf. der alte Ausweis.

Wichtig: Die Schutzfrist greift nicht in jeder Konstellation identisch (steuerliche Wirkungen können abweichen). Für arbeits-, nachteilsausgleichs- und teilhaberechtliche Privilegien ist die Dreimonatsfrist jedoch Standard.

Welche Nachweise überzeugen

Für eine Verlängerung ohne erneute Untersuchung hat sich bewährt:

  • Aktuelle fachärztliche Stellungnahme (prägnant), dass keine Besserung eingetreten ist und die Funktionsbeeinträchtigungen unverändert fortbestehen.
  • Befund-/Arztbriefe der letzten 6–12 Monate, Reha-/Klinikberichte, Therapiepläne, Verordnungen.
  • Bei Heilungsbewährung: onkologische Verlaufsberichte inklusive Kontrollbefunde.
  • Bei Merkzeichen (G, aG, B, H, Bl, Gl, TBl): kurze Bestätigung, dass die Voraussetzungen weiterhin erfüllt sind.

Typische Fehler – und wie Sie sie vermeiden

Viele Anträge scheitern an knappen oder veralteten Unterlagen. Reichen Sie lieber wenige, aber aktuelle Kerndokumente ein und benennen Sie im Anschreiben die wesentlichen Funktionsbeeinträchtigungen (nicht nur Diagnosen).

Verlassen Sie sich nicht ausschließlich auf allgemein gehaltene Hausarzt-Atteste; bei speziellen Merkzeichen sind fachspezifische Stellungnahmen überzeugender. Bei früherer Heilungsbewährung sollte die fachärztliche Einschätzung zur weiteren Prognose beiliegen.

Schritt-für-Schritt zur Verlängerung ohne neue Begutachtung

  1. Früh starten (≈ drei Monate vorher), Online- oder Schriftantrag stellen, Passfoto beilegen.
  2. Aktenlage ermöglichen: aktuelle Arzt-/Reha-Nachweise beifügen; im Anschreiben Entscheidung nach Aktenlage anregen.
  3. Übergang sichern: parallel eine vorläufige Bescheinigung verlangen, wenn die Bearbeitung länger dauert oder der Ausweis abläuft.
  4. Schutzfrist kennen: Wird der GdB herabgesetzt, laufen die Privilegien noch drei volle Monate ab Unanfechtbarkeit – legen Sie innerhalb dieser Frist Widerspruch ein, wenn die Herabstufung aus Ihrer Sicht falsch ist.

Kurz beantwortet

Gilt mein Status weiter, wenn die Karte abläuft?
Ja, maßgeblich ist der Feststellungsbescheid; außerdem schützt § 199 SGB IX bei Herabstufungen drei volle Monate ab Unanfechtbarkeit. Für die praktische Nutzung (ÖPNV, Arbeitgeber, Steuer) ist eine Übergangsbescheinigung sinnvoll.

Wann wird trotz allem erneut begutachtet?
Wenn Unterlagen veraltet oder lückenhaft sind, bei erkennbaren Gesundheitsänderungen oder nach Ablauf einer Heilungsbewährung. Dann können persönliche Untersuchungen erforderlich sein.

Unbefristete Karte möglich?
Ja, wenn auf absehbare Zeit keine Neufeststellung zu erwarten ist. Ansonsten beträgt die Kartengültigkeit grundsätzlich bis zu fünf Jahre.