Wer gesetzlich versichert ist, zahlt für viele Leistungen zu – aber nur bis zu einer persönlichen Belastungsgrenze pro Kalenderjahr. Diese Grenze liegt regulär bei zwei Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Haushalts und bei schwerwiegend chronisch Erkrankten bei einem Prozent. Sobald die Grenze erreicht ist, werden Versicherte für den Rest des Jahres von weiteren Zuzahlungen befreit; zu viel gezahlte Beträge erstattet die Kasse.
Finanziell entscheidend sind drei Stellschrauben: erstens die korrekte Berechnung mit allen Freibeträgen, zweitens eine lückenlose Dokumentation der Zahlungen und drittens – wenn planbar – die Vorausbescheinigung, mit der Kosten gar nicht erst anfallen.
Inhaltsverzeichnis
Was zählt – und was nicht: Zuzahlungen im Überblick
Zur Belastungsgrenze angerechnet werden die gesetzlichen Zuzahlungen, etwa:
- bei Arznei- und Verbandmitteln (zehn Prozent, mindestens fünf und höchstens zehn Euro je Abgabe, nie mehr als der tatsächliche Preis)
- bei Heilmitteln (zehn Prozent plus zehn Euro je Verordnung), bei Hilfsmitteln (zehn Prozent, mindestens fünf und höchstens zehn Euro je Stück; bei Verbrauchshilfsmitteln maximal zehn Euro im Monat)
- bei Krankenhausbehandlung (zehn Euro pro Kalendertag, begrenzt), bei stationären Vorsorge- und Rehaleistungen (zehn Euro pro Tag)
- bei Fahrkosten (zehn Prozent, mindestens fünf und höchstens zehn Euro je Fahrt).
Kinder und Jugendliche sind bis zum 18. Geburtstag grundsätzlich zuzahlungsfrei; die Ausnahme bilden Fahrkosten.
Nicht angerechnet werden freiwillige Extras wie IGeL, Komfort-Hilfsmittel oder Aufzahlungen oberhalb der Kassenversorgung – solche Ausgaben gehören eher in die Steuerakte (außergewöhnliche Belastungen), nicht in die Zuzahlungsmappe.
Einkommen richtig ansetzen: Freibeträge 2025 senken die Grenze spürbar
Die Bemessung orientiert sich an den Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des gesamten Haushalts, die um feste Freibeträge reduziert werden. Für 2025 gilt: Die bundeseinheitliche Bezugsgröße beträgt 3.745 € monatlich bzw. 44.940 € jährlich.
Daraus folgen die maßgeblichen Abzugsbeträge: 6.741 € für den ersten berücksichtigungsfähigen Angehörigen (Ehegatte/Lebenspartner), 4.494 € für jeden weiteren Erwachsenen im Haushalt und – gesondert – 9.600 € je Kind. Genau diese Beträge drücken die anrechenbare Einkommensbasis und damit die persönliche 2 %- bzw. 1 %-Grenze oft dramatisch nach unten.
Sonderfall Sozialleistungen: Wer Bürgergeld, Sozialhilfe oder Grundsicherung im Alter/bei Erwerbsminderung bezieht, hat eine fixe Belastungsgrenze – 2025 sind das 135,12 € jährlich (bzw. 67,56 € mit Chronikerstatus), unabhängig von individuellen Bruttoeinnahmen. Für Betroffene ist dieser Festbetrag der schnellste Weg zur Befreiung.
Chronikerregel auf 1 %: So gelingt der Nachweis ohne Diskussion
Die Ein-Prozent-Grenze greift bei einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung, wenn die Person seit mindestens einem Jahr wegen derselben Erkrankung je Quartal ärztlich in Behandlung ist und mindestens ein weiteres Kriterium erfüllt (zum Beispiel kontinuierliche, medizinisch erforderliche Therapie; Pflegegrad 3–5; GdB/MdE ≥ 60).
Für die Kasse zählt ein formaler, knapper Nachweis: Das Muster 55 („Bescheinigung einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung“), ausgestellt von der behandelnden Praxis. Mit diesem Vordruck lässt sich der Chronikerstatus in der Regel friktionsfrei dokumentieren.
Drei Rechenbeispiele 2025 – was am Ende wirklich zu zahlen ist
- Alleinstehende Rentnerin mit 14.400 € Jahresbruttorente, keine Freibeträge:
Belastungsgrenzen: 2 % = 288 €, 1 % = 144 €. - Verheiratet, zwei Kinder, 30.000 € Jahresbrutto:
30.000 € − 6.741 € (Partner) − 2 × 9.600 € (Kinder) = 4.059 € anrechenbar.
Belastungsgrenzen: 2 % = 81,18 €, 1 % = 40,59 €. - Bürgergeld-Haushalt (Festbetrag):
Belastungsgrenzen: 135,12 € (2 %) bzw. 67,56 € (1 %).
Die Beispiele zeigen: Familien mit Kindern und Haushalte mit niedrigen Einkommen durchbrechen die Grenze oft schon mit wenigen Rezepten, Krankenhaus- oder Fahrkosten – eine Vorauszahlung spart hier Aufwand und Liquidität.
Vorausbescheinigung: Einmal zahlen, das ganze Jahr entspannt bleiben
Wer absehbar die persönliche Grenze erreicht (chronische Verordnungen, planbare Therapien oder Reha), kann den Grenzbetrag im Voraus an die Kasse überweisen. Die Kasse stellt dann eine Befreiungsbescheinigung für das laufende (oder kommende) Jahr aus.
Vorteil: Keine Zuzahlungen mehr an Praxis, Apotheke oder Krankenhaus; keine Sammelarbeit; kein Liquiditätsloch durch Vorkasse. Sinnvoll ist das vor allem bei stabilen Einkommensverhältnissen (z. B. Rente), bei gesichertem Chronikerstatus und in Haushalten mit vielen Freibeträgen, deren Grenze ohnehin niedrig liegt.
Wer stark schwankendes Einkommen hat, fährt mit Nachweis und rückwirkender Erstattung oft besser.
Belegmappe, aber richtig: So belegen Betroffene die 1 %/2 %-Grenze
Eine Apotheken-Jahresübersicht bündelt alle Medikamentenzuzahlungen; weitere Belege (Krankenhaus, Reha, Heil-/Hilfsmittel, Fahrten) kommen chronologisch dazu. Bei Versandapotheken und Fahrdiensten zählen Kontoauszüge/Rechnungen mit Zahlungsnachweis.
Wichtig: Familienprinzip beachten – alle Zuzahlungen der mitversicherten Angehörigen im gemeinsamen Haushalt werden zusammengezählt. Nachweise zu Einkommen und Freibeträgen (z. B. Rentenbezugsmitteilung, Lohnabrechnungen, Nachweise zu Kindern/Pflegegrad) gehören in denselben Ordner, damit die Kasse die Grenze ohne Rückfragen festsetzt.
Rückwirkend Geld holen: Wer erst am Jahresende oder später die Belege sortiert, kann bis zu vier Jahre rückwirkend zu viel gezahlte Zuzahlungen erstatten lassen. Das gilt auch, wenn im Jahr selbst keine Befreiung beantragt wurde.
Antrag stellen und Ablehnungen „knacken“: So setzt du deinen Anspruch durch
Ein Befreiungsantrag gilt immer je Kalenderjahr und muss jährlich neu gestellt werden; mit Bescheid erhältst du einen Befreiungsausweis. Bei Ablehnungen prüfen Betroffene systematisch drei Fehlerquellen:
- Freibeträge übersehen oder zu niedrig angesetzt. Dann die Einkommensaufstellung korrigieren und die 2025er Freibeträge nachreichen (6.741 € Partner; 4.494 € je weiterer Erwachsener; 9.600 € je Kind).
- Chronikerstatus nicht anerkannt. Muster 55 nachreichen; bei Bedarf Quartalsbelege der Arztkontakte beifügen und die fortlaufende Therapie belegen.
- Zahlungen nicht angerechnet. Nur gesetzliche Zuzahlungen zählen; wo sie geleistet wurden, belegen Quittungen, Rechnungen oder Kontoauszüge. Wird etwas fälschlich als „Aufzahlung“ gewertet, lohnt sich eine kurze Begründung, warum es sich um eine gesetzliche Zuzahlung handelt (z. B. Hilfsmittel im Regelsystem, keine Komfortausstattung).
Fristen und Rechtsbehelf: Gegen einen ablehnenden Bescheid läuft in der Regel eine Monatsfrist für den Widerspruch. Parallel kann Akteneinsicht verlangt werden, um die Berechnungsgrundlagen zu überprüfen. Wird die Frist verpasst, bleibt der Weg über eine rückwirkende Erstattung (bis zu vier Jahre) mit sauberer Belegmappe.
Kompakte Übersicht (2025)
Punkt | Regel/Betrag |
Belastungsgrenze | 2 % der berücksichtigten Jahres-Bruttoeinnahmen; Chroniker 1 % |
Freibetrag Partner | 6.741 € (15 % der Bezugsgröße 2025) |
Freibetrag weiterer Erwachsener | 4.494 € (10 % der Bezugsgröße 2025) |
Freibetrag je Kind | 9.600€ |
Bezugsgröße 2025 | 3.745 €/Monat = 44.940 €/Jahr |
Sozialleistungs-Festbetrag | 135,12 € (2 %) / 67,56 € (1 %) |
Arznei/Verbandmittel | 10 % (min. 5 €, max. 10 € je Abgabe) |
Heilmittel | 10 % + 10 € je Verordnung |
Hilfsmittel (Stück) | 10 % (min. 5 €, max. 10 € je Stück) |
Hilfsmittel (Verbrauch) | 10 % je Einheit, max. 10 €/Monat |
Krankenhaus | 10 €/Tag, begrenzt pro Jahr |
Vorsorge/Reha (GKV) | 10 €/Tag; AHB mit Jahresgrenzen |
Fahrkosten | 10 % (min. 5 €, max. 10 € je Fahrt) |
Kinder < 18 | Zuzahlungsfrei (Ausnahme: Fahrkosten) |
Vorauszahlung | Befreiungsausweis für laufendes/folgendes Jahr |