Bürgergeld: Gericht bestätigt KdU-Grenzen – So wehrt man Kürzungen ab

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen wies  die Berufung einer vierköpfigen Bedarfsgemeinschaft zurück. Das Jobcenter durfte die Kosten der Unterkunft (KdU) auf die lokalen Angemessenheitsgrenzen begrenzen. (Az:L 13 AS 21/23)

Für Sie bedeutet das: Höhere KdU bekommen Sie nur mit konkreten Einwänden gegen das Konzept oder wenn Sie die Unmöglichkeit der Kostensenkung belegen.

Urteil im Überblick

Die Familie mietete ein Einfamilienhaus. Die Miete lag deutlich über der Grenze. Das Jobcenter übernahm nur den als angemessen festgelegten Betrag. Die Klägerinnen griffen das städtische KdU-Konzept an und rügten die Datenbasis. Das Gericht folgte dem nicht. Es sah das Konzept als methodisch tragfähig an und bestätigte die abgesenkten KdU.

Was ein „schlüssiges Konzept“ verlangt

Ein Konzept gilt als schlüssig, wenn es den lokalen Markt realistisch abbildet. Dazu gehören: klarer Vergleichsraum, nachvollziehbare Datenerhebung, Bereinigung von Ausreißern, sachgerechte Gewichtung und regelmäßige Fortschreibung. Das Gericht betonte: Die Methodenwahl liegt beim Jobcenter. Gerichte bauen Konzepte nicht neu. Nur fundierte Fehlernachweise zwingen zur Korrektur.

Begriffe kurz erklärt

  • Vergleichsraum: Gebiet mit einheitlichem Wohn- und Lebensumfeld.
  • Produkttheorie: Angemessen ist das Produkt aus Wohnfläche und Preis pro m².
  • Schlüssiges Konzept: Statistikgestütztes Modell zur Ermittlung der KdU-Grenzen.

Warum die Pandemie-Regel hier nicht half

Die COVID-Sonderregel (§ 67 SGB II) lässt zeitweise die tatsächlichen KdU gelten. Das greift nicht, wenn im vorherigen Zeitraum bereits nur die Angemessenheitsgrenze anerkannt wurde. Genau das lag hier vor.

Ist Ihr Bürgergeld-Bescheid korrekt?

Lassen Sie Ihren Bescheid kostenlos von Experten prüfen.

Bescheid prüfen

Fortschreibung der Grenzen

Innerhalb von zwei Jahren nach Datenerhebung besteht regelmäßig keine Pflicht zur Anpassung. Danach muss der Träger die Werte überprüfen und fortschreiben. Im Fall wurden die Werte später angehoben. Ein Mehranspruch ergab sich dennoch nicht, weil anrechenbares Einkommen stieg.

So gehen Sie in einem vergleichbaren Fall vor

  1. Bescheid prüfen: Steht eine Kürzung der KdU drin? Ist eine Kostensenkungsaufforderung beigefügt?
  2. Konzept anfordern: Fordern Sie das KdU-Konzept oder die Satzung Ihrer Kommune beim Jobcenter an.
  3. Fortschreibung kontrollieren: Prüfen Sie Datumsangaben. Liegt die letzte Datenerhebung länger zurück?
  4. Suche dokumentieren: Führen Sie sofort ein Suchprotokoll (Datum, Anbieter, Miete, Reaktion).
  5. Frist wahren: Widerspruch binnen 1 Monat nach Bekanntgabe des Bescheids einlegen.
  6. Begründung nachreichen: Reichen Sie Belege und methodische Einwände nach, sobald vorliegend.

Nachweise, die Gerichte überzeugen

  • Ausgedruckte oder gespeicherte Wohnungsanzeigen mit Datum und Konditionen.
  • E-Mails, Absagen, Antworten der Vermieter oder Hausverwaltungen.
  • Anfragen an Wohnungsunternehmen und deren Rückmeldungen.
  • Nachweis von Verhandlungen über Mietnachlass und deren Ergebnis.
  • Belege für Bemühungen zur Untervermietung, wenn diese zumutbar wäre.

Wichtig: Dokumentieren Sie regelmäßig. So können Behörden und Gerichte Ihre Suche nachvollziehen.

Rechenbeispiel: Was eine KdU-Lücke bedeutet

  • Angemessenheitsgrenze: 700 € (bruttokalt).
  • Ihre tatsächliche Bruttokaltmiete: 950 €.
  • Lücke: 250 € monatlich.

Sie tragen die Lücke grundsätzlich selbst. Nur wenn Sie belegen, dass keine angemessene Wohnung verfügbar war und Sie alles Zumutbare versucht haben, kommt eine höhere Anerkennung in Betracht. Das gelingt erst mit umfassender Dokumentation.

Mehrbedarfe nicht vergessen

Prüfen Sie zusätzliche Ansprüche, etwa den Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung (§ 21 Abs. 7 SGB II). Der Mehrbedarf fällt zusätzlich zu den KdU an. Stimmen hier die Beträge nicht, verlangen Sie eine Korrektur. Gleiches gilt für Heizkosten und Nachzahlungen, soweit angemessen.

Regionale Unterschiede beachten

Das Urteil wirkt nicht automatisch bundesweit. Jede Kommune hat eigene Grenzen und Konzepte. Suchen Sie nach der KdU-Satzung oder dem Konzept Ihrer Stadt bzw. Ihres Landkreises. Maßgeblich ist der lokale Vergleichsraum. Für den Erfolg kommt es daher auf die örtlichen Daten und Ihre eigenen Nachweise an.

Zusammenfassung

Höhere KdU gibt es nur mit Belegen. Fordern Sie das Konzept an, prüfen Sie die Fortschreibung und dokumentieren Sie Ihre Wohnungssuche lückenlos. Wahren Sie die Widerspruchsfrist von einem Monat. Je konkreter Ihre Einwände, desto besser Ihre Chancen.