Rentner muss zu Unrecht bezogene Rente nicht zurückzahlen

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Die Renten­ver­si­cherung kann eine zu Unrecht gezahlte Rente nur dann zurückzufordern, wenn der Versicherte grob fahrlässig gehandelt hat. Außerdem muss die Renten­ver­si­cherung innerhalb eines Jahres tätig werden, nachdem Tatsachen, die zur Rechtswidrigkeit geführt haben, bekannt geworden sind. Ist beides nicht der Fall darf die Rente behalten werden. So entschied das Sozialgericht Gießen zugunsten einer Rentnerin. (S 4 R 45112)

Erwerbsgeminderte erhält anzurechnende Zahlung

Die Betroffene bezog eine Erwerbsminderungsrente, und dabei gelten Grenzen des Hinzuverdienstes, über denen Einkommen an die Rente angerechnet werden. Sie bekam eine einmalige Zahlung ihres Arbeitgebers in Höhe von 1.125 Euro. Diese hätten auf den rente angerechnet werden müssen.

Rentenkasse übersieht Meldung und fordert Jahre später das Geld zurück

Der Rentenversicherung wurde diese Zahlung gemeldet, doch dies blieb unbeachtet. Erst fast sechs Jahre später bemerkte die Rentenversicherung, dass der Betrag auf die Rente hätte angerechnet werden müssen und forderte ihn von der Erwerbsgeminderten zurück. Es handelte sich um 212,05 Euro.

Rentenkasse sieht grobe Fahrlässigkeit

Die Rentenkasse begründete dies damit, dass die Rentnerin grob fahrlässig gehandelt hätte, denn sie hätte wissen müssen, dass es sich um einen anzurechnenden Hinzuverdienst gehandelt hätte. Die Betroffene bestritt dies, legte Widerspruch ein, und die Rentenkasse wies diesen zurück. So ging es vor das Sozialgericht.

Das Sozialgericht steht der Rentnerin zur Seite

Die Richter stellten sich gegen die Argumentation der Rentenversicherung. Denn grobe Fahrlässigkeit sei nur gegeben, wenn jemand die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hätte.

Regelungen sind zu kompliziert, um grobe Fahrlässigkeit zu rechtfertigen

Davon könne bei der Betroffenen nicht ausgegangen werden. Denn die Regelungen vom Hinzuverdienst bei Renten wegen Erwerbsminderung seien kompliziert, und der Rentenbescheid der Frau bestehe aus 29 Seiten. Hier nicht alle Details zu kennen und zu übersehen, dass der entsprechende Betrag anrechnungspflichtig gewesen sei, sei keine grobe Fahrlässigkeit.

Rentenkasse kommt zu spät

Außerdem erklärten die Richter, dass die Rentenversicherung mit ihrer Forderung zu spät gekommen sei. Gesetzlich müsse die Aufhebung eines begünstigenden Bescheides innerhalb eines Jahres nach Kenntnis der entsprechenden Tatsachen erfolgen. Die Rentenversicherung hätte jedoch bereits bereits über fünf Jahre Kenntnis von der Einmalzahlung gehabt, bevor sie tätig geworden sei.

Dreistigkeit der Rentenkasse

Das Verhalten der Rentenversicherung gegenüber der Erwerbsgeminderten erscheint ausgesprochen dreist. Denn es war die Rentenkasse selbst, die die Meldung der Einmalzahlung übersehen hatte, beziehungsweise diese nicht angerechnet hatte.

Ausbaden sollte es dann aber die Rentnerin, und das auch noch viele Jahre später. Es ist zu begrüßen, dass das Sozialgericht hier die Verhältnisse wieder gerade gerückt und die Rentenversicherung an ihr eigenes Versäumnis erinnert hat.

Laien kann in diesem Fall keine grobe Fahrlässigkeit unterstellt werden

Auch zum Begriff der groben Fahrlässigkeit äußerte sich das Gericht eindeutig. Rentenrecht ist kompliziert und für juristische Laien oft kaum zu durchdringen. Man kann also einer Rentnerin nicht unterstellen, dass sie die erforderliche Sorgfalt in hohem Ausmaße verletzt hätte, weil sie nicht jedes Detail der Hinzuverdienstregelungen im Kopf hatte.