Wenn das Jobcenter in einer Eingliederungsvereinbarung (heute Kooperationsvereinbarung) durch Verwaltungsakt keine konkreten Leistungen anbietet, die der Eingliederung in Arbeitsmarkt dienen, dann ist die Vereinbarung rechtswidrig. So entschied das Sozialgericht Magdeburg (S 12 AS 412/17).
Inhaltsverzeichnis
Sechs Bewerbungen pro Monat gefordert
Der Betroffene bezog Sozialleistungen nach dem Sozialgesetzbuch II. Mit Bescheid stellte das Jobcenter eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt fest – zeitlich begrenzt vom 01.05 bis zum 31.10. Darin enthalten war die Verpflichtung des Antragstellers, monatlich aktiv sechs schriftliche, telefonische und persönliche Bewerbungen zu leisten.
Jobcenter unterstellt keine Eigenbemühungen
Wegen des Verstoßes gegen die Vereinbarung und damit einer Verletzung der Mitwirkungspflicht kürzte das Jobcenter dem Leistungsberechtigten die Leistungen in der ersten Stufe um 30 Prozent vom September 2016 bis zum 30. November 2016. Die Begründung lautete, dass keine Eigenbemühungen vom Betroffenen verwirklicht worden seien.
Klage vor dem Sozialgericht
Der Betroffene erhob schließlich Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg. Er argumentierte, dass die Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt vom 21. April 2016 nicht rechtmäßig sei, denn sie enthalte keine Verpflichtungen des Jobcenters. Zudem fehle eine neue Rechtsfolgenbelehrung im Schreiben der Behörde.
Wann verletzen Leistungsberechtigte ihre Pflichten?
Die Klage war erfolgreich. Das Sozialgericht erläuterte: „Die angegriffenen Bescheide sind aus mehreren Gründen rechtswidrig. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II verletzen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Pflichten, wenn sie sich trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis weigern, in einer Eingliederungsvereinbarung oder in einem diese ersetzenden Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen.“
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Bescheid prüfenHier muss die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes überprüft werden
In diesem Fall, so die Richter, hätte der Betroffene keine Pflichten verletzt. Die Richter erklärten: „Jedoch hat der Kläger in Bezug auf die Eingliederungsvereinbarung am 22.02.2018 einen Überprüfungsantrag gestellt. Die Beklagte hat in ihrem Bescheid vom 05. März 2018 den Überprüfungsantrag abgelehnt und ausgeführt, dass die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes in dem og. Verfahren inzident mitüberprüft werde.“
Die Eingliederungsvereinbarung ist rechtswidrig
Die Eingliederungsvereinbarung sei rechtswidrig. Sie konkretisiere nämlich keine Verpflichtungen des Jobcenters und ließe auch kein Ermessen erkennen. Damit hatten auch die Leistungskürzungen der Behörde keinen Bestand, da sie auf Grundlage einer rechtswidrigen und damit ungültigen Vereinbarung basierten.
Jobcenter haben Verpflichtungen
Das Urteil betont, was Mitarbeiter der Jobcenter immer wieder vergessen. Nicht nur Leistungsbezieher haben Verpflichtungen gegenüber der Behörde, sondern die Mitarbeiter der Behörde haben auch Verpflichtungen den Leistungsberechtigten gegenüber, und dazu gehört die Vermittlung in konkrete Maßnahmen, sich wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
In diesem Fall hat das Jobcenter diese Verpflichtung ignoriert und somit rechtswidrig gehandelt.