Schwerbehinderte Versicherte, die 45 Beitragsjahre gesammelt haben, können schon mit 62 Jahren in den Ruhestand gehen – allerdings mit finanziellen Einbußen. Wer seine Möglichkeiten genau kennt, kann besser entscheiden.
Verwirrung im Netz: Warum Sie auf verlässliche Quellen achten sollten
Im Internet kursieren viele widersprüchliche Informationen über den frühzeitigen Rentenbeginn bei Schwerbehinderung. Besonders Versicherte der Geburtsjahrgänge ab 1964 sind verunsichert. Hier gilt: Die frühere Übergangsregelung des § 236a SGB VI wurde für diese Jahrgänge abgeschafft. Maßgeblich ist ausschließlich § 37 SGB VI, der klar regelt, unter welchen Voraussetzungen ein Rentenbeginn mit 62 möglich ist.
Die Voraussetzungen für den Rentenbeginn ab 62
Voraussetzung für die Altersrente bei Schwerbehinderung ist eine anerkannte Schwerbehinderung zum Zeitpunkt des Rentenbeginns sowie eine Wartezeit von mindestens 35 Jahren. Dabei zählen nicht nur reine Beitragsjahre, sondern auch Kindererziehungszeiten, Pflegezeiten oder Zeiten von Arbeitslosigkeit mit.
Viele Versicherte erreichen nicht nur die geforderten 35 Jahre, sondern sogar 45 Jahre. Dieser Unterschied spielt für den Rentenanspruch selbst keine Rolle, hat aber positive Auswirkungen auf die Höhe der Rente. Mehr Versicherungsjahre bedeuten mehr Entgeltpunkte – und diese wiederum steigern die monatliche Rentenzahlung.
Ohne einen gültigen Schwerbehindertenausweis oder einen Feststellungsbescheid des Versorgungsamtes kann allerdings keine Rente beantragt werden. Wer plant, mit 62 Jahren in den Ruhestand zu gehen, sollte rechtzeitig sicherstellen, dass alle erforderlichen Nachweise vorliegen.
Früher Ruhestand: Abschläge und Alternativen
Ein Rentenbeginn mit 62 Jahren ist zwar möglich, bleibt aber nicht ohne Folgen. Pro Monat, den die Rente früher bezogen wird, entsteht ein Abschlag von 0,3 Prozent. Wer drei Jahre vor der regulären Altersgrenze von 65 Jahren in Rente geht, muss einen lebenslangen Abschlag von 10,8 Prozent auf die monatliche Rente in Kauf nehmen.
Die Entscheidung für den vorzeitigen Ruhestand sollte daher gut überlegt sein. Gesundheitliche Belastungen, der Wunsch nach mehr Lebensqualität oder finanzielle Reserven können Argumente für den früheren Rentenbeginn sein. Wer hingegen abschlagsfrei in den Ruhestand eintreten möchte, muss bis zum vollendeten 65. Lebensjahr durchhalten.
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Altersrente für schwerbehinderte Menschen oder besonders langjährig Versicherte?
Ein häufiger Irrtum unter Versicherten besteht in der Verwechslung zweier Rentenarten.
Während die Altersrente für schwerbehinderte Menschen schon mit 62 Jahren (mit Abschlägen) bezogen werden kann und eine Wartezeit von 35 Jahren voraussetzt, gilt für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte eine andere Regelung. Hier sind 45 Versicherungsjahre erforderlich, der abschlagsfreie Rentenbeginn ist erst mit 65 Jahren möglich.
Wer schwerbehindert ist und 45 Jahre gesammelt hat, erfüllt somit theoretisch beide Voraussetzungen – praktisch jedoch unterscheiden sich Anspruch und Zeitpunkt erheblich. Entscheidend bleibt für den Renteneintritt mit 62 die Schwerbehinderung, nicht die Beitragsdauer von 45 Jahren.
Wie Ihre Rente konkret berechnet wird
Die Rentenhöhe ergibt sich aus den gesammelten Entgeltpunkten, die mit dem aktuellen Rentenwert multipliziert werden. Derzeit beträgt dieser Wert 40,79 Euro pro Entgeltpunkt (Stand 2025).
Ein praktisches Beispiel: Wer 40 Entgeltpunkte erworben hat, erhält eine Bruttorente von etwa 1.631,60 Euro monatlich. Zieht man davon den Abschlag von 10,8 Prozent ab, reduziert sich der Betrag auf rund 1.455 Euro. Dieser Abschlag bleibt lebenslang bestehen und wird nicht später ausgeglichen.
Wann sich der vorgezogene Ruhestand lohnt
Ob sich ein früher Renteneintritt lohnt, hängt maßgeblich von der individuellen Situation ab. Für viele schwerbehinderte Menschen sind die gesundheitlichen Vorteile, die gewonnene Freizeit und eine höhere Lebensqualität wichtige Argumente. Finanziell sollte jedoch gut kalkuliert werden, ob die reduzierte Rente ausreicht, um den eigenen Lebensstandard zu sichern.
Tipp: Eine frühzeitige Beratung bei Rentenberatern oder direkt bei der Deutschen Rentenversicherung hilft, realistische Prognosen zur eigenen Rentenhöhe und möglichen Alternativen zu erstellen.