Jobcenter darf nicht einfach Bürgergeld einstellen

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Bürgergeldberechtigte, die ihre Unterlagen zu spät eingereicht haben, haben dennoch einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Wurde die Abgabefrist versäumt, haben die Betroffenen trotzdem Anspruch auf Leistungen. Das hat das Bundessozialgericht in Kassel entschieden (Az.: B 4 AS 64/21 R).

Auch Selbstständige können ihr Einkommen mit Bürgergeld aufstocken. Dazu müssen sie dem Jobcenter Auskunft über ihre Betriebseinnahmen und -ausgaben geben.

Trotz verspäteteter Unterlagen keine Leistungseinstellung

Können Betroffene die vom Jobcenter gesetzte Frist nicht einhalten und die geforderten Unterlagen erst im Klageverfahren nachreichen, ist dies kein Grund, die Sozialleistungen vollständig einzustellen und sogar bereits gezahlte Leistungen zurückzufordern, so das oberste Sozialgericht in seinem Urteil.

Vorläufige Leistungen bei Selbstständigen

Aufstockende Selbständige erhalten regelmäßig nur befristete Leistungen. Dies liegt daran, dass die Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in der Regel unregelmäßig sind.

Deshalb müssen die Antragsteller dem Jobcenter vorab eine Schätzung der zu erwartenden Einnahmen vorlegen. Im weiteren Verfahren sind Selbstständige verpflichtet, die Einnahmen und Ausgaben aus der unternehmerischen Tätigkeit nachzuweisen.

Werden mehr Einnahmen erzielt als prognostiziert, müssen bereits erhaltene Leistungen an das Jobcenter zurückgezahlt werden.

Im entschiedenen Fall hatte das zuständige Jobcenter einer freiberuflichen Grafikerin aufstockende Leistungen nach dem SGB II gewährt. Das Jobcenter forderte die Leistungsempfängerin auf, eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung vorzulegen. Hierfür setzte die Behörde eine Frist.

Frist wurde nicht eingehalten

Im Streitfall hatte das Jobcenter Hamburg einer selbstständigen Grafikdesignerin für den Streitzeitraum April bis Ende Juni 2017 vorläufig Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 700 Euro gewährt.

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Als die Behörde die Frau später unter Fristsetzung aufforderte, Nachweise über ihre Betriebseinnahmen und -ausgaben vorzulegen, kam die Aufstockerin dem zunächst nicht nach.

Das Jobcenter wertete dies als Verletzung der Mitwirkungspflicht und hob die vorläufige Bewilligung der SGB-II-Leistungen auf.

Damit drohte der Frau die Rückzahlung der bisher erhaltenen Bürgergeld Leistungen (damals noch Hartz IV). Erst mit ihrer Klage legte sie die geforderten Nachweise über ihre Hilfebedürftigkeit vor. Das Landessozialgericht Hamburg entschied, dass der Frau Arbeitslosengeld II in Höhe von 637 Euro monatlich zusteht.

Es sei zu spät: Jobcenter will Hartz IV Leistungen nicht zahlen

Das Jobcenter widersprach. Es sei zu spät, wenn die geforderten Unterlagen erst im Klageverfahren eingereicht werden. Nach dem Gesetz dürfe sie bei zu spät eingereichten Unterlagen die Hilfeleistung gänzlich streichen. Allein in Hamburg sind nach Angaben der Behörde etwa 300 vergleichbare Klagen anhängig.

Bundessozialgericht sichert Selbstständigen Hartz-IV-Anspruch

Das BSG gab der Klägerin jedoch Recht. Zwar müsse eine Behörde auch abschließend über einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II entscheiden und damit Rechtssicherheit schaffen.

Dazu dürfe sie auch Fristen setzen. Die hier maßgebliche gesetzliche Regelung zum Anspruch auf Arbeitslosengeld II bestimme jedoch nicht eindeutig, dass verspätet eingereichte Nachweise zum vollständigen Verlust der Leistung führen können. Da die Klägerin die Unterlagen erst im Laufe des Klageverfahrens nachgereicht habe, dürfe ihr daher die Leistung nicht versagt werden.

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