Sozialhilfe: Sozialamt muss Beerdigung im Ausland im Einzelfall zahlen

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Bei einer Beerdigung im Ausland zahlt das Sozialamt nur die erforderlichen Kosten

Das Sozialamt muss keine Kosten einer Bestattung in Serbien einschlieรŸlich der รœberfรผhrungskosten nach ยง 74 SGB 12 รผbernehmen bei Nicht-Erforderlichkeit.

Die Kosten einer รœberfรผhrung in das Ausland an den dort vorgesehenen Bestattungsort sind nur erforderlich im Sinne von ยง 74 SGB XII, wenn diese รœberfรผhrung nach den Besonderheiten des Einzelfalles notwendig ist, hier verneinend.

Es ist auch nicht Aufgabe des steuerfinanzierten deutschen Sozialhilfesystems, bestattungsverpflichteten Angehรถrigen von Menschen mit auslรคndischen Wurzeln, die in Deutschland versterben, รผber ยง 74 SGB XII grundsรคtzlich eine Beerdigung des Verstorbenen im jeweiligen Heimatland zu ermรถglichen.

Das gibt das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen bekannt ( LSG NSB, Urteil vom 27.08.2024 – L 15 SO 26/23 – Bundessozialgericht verwirft Beschwerde als unzulรคssig – BSG 8. Senat, Beschluss vom 16.Juni 2025 , Az: B 8 SO 24/24 B )

Kurzbegrรผndung des Gerichts

Bei einer Auslandsbestattung geht es nicht um einen bloรŸen Kostenvergleich mit einer ortsรผblichen Bestattung, sondern es ist eine zweistufige Prรผfung erforderlich. รœber die Erforderlichkeit der Bestattungskosten ist eine den Individualitรคtsgrundsatz berรผcksichtigende Entscheidung im Einzelfall zu treffen.

Dabei sind auch angemessene Wรผnsche des Bestattungspflichtigen und gegebenenfalls des Verstorbenen sowie religiรถse Bekenntnisse (Art. 4 Grundgesetz) unter Berรผcksichtigung der auch nach dem Tod zu beachtenden Menschenwรผrde zu berรผcksichtigen (vgl. auch Sรคchsisches Landessozialgericht, Urteil vom 30. November 2022 โ€“ L 8 SO 107/19).

Kosten einer รœberfรผhrung in das Ausland an den dort vorgesehenen Bestattungsort sind nur erforderlich im Sinne von ยง 74 SGB XII

Wenn diese รœberfรผhrung nach den Besonderheiten des Einzelfalles notwendig ist. Eine solche Notwendigkeit kann sich ergeben, wenn z. B. die Umstรคnde eine Bestattung nach dem religiรถsen Bekenntnis des Verstorbenen im Inland nicht ermรถglichen. Die durch die รœberfรผhrung der Leiche in das Ausland entstehenden Kosten sind allerdings nicht erforderlich im Sinne des ยง 74 SGB XII, wenn eine Beerdigung am Sterbeort im Inland mรถglich und nicht unรผblich ist (vgl. LSG Baden-Wรผrttemberg, Urteil vom 26. Februar 2019 โ€“ 2 SO 2529/18 โ€“; Sรคchsisches LSG, Urteil vom 30. November 2022 โ€“ L 8 SO 107/19 – ).

Bis zum Schluss hat die Klรคgerin keine stichhaltigen Argumente vorgebracht, warum die Beerdigung in Serbien erforderlich war

Es ist kein Grund erkennbar geworden, warum der Ehemann nicht auch im Inland hรคtte beerdigt werden kรถnnen. Dies wรคre nicht unรผblich gewesen. Es ist auch nicht Aufgabe des steuerfinanzierten deutschen Sozialhilfesystems, bestattungsverpflichteten Angehรถrigen von Menschen mit auslรคndischen Wurzeln, die in Deutschland versterben, รผber ยง 74 SGB XII grundsรคtzlich eine Beerdigung des Verstorbenen im jeweiligen Heimatland zu ermรถglichen.

Offen lรคsst das Gericht und gibt wichtigen Hinweis: Kein Rรผckgriff auf Pauschalbetrรคge im Rahmen des ยง 74 SGB XII

Da die Bestattung nicht erforderlich war, kann offenbleiben, ob die weiteren Kosten pauschal bis zur Hรถhe des in Bremen รœblichen hรคtten รผbernommen werden mรผssen. Insoweit lediglich ergรคnzend wird aber festgestellt, dass ein Rรผckgriff auf Pauschalbetrรคge im Rahmen des ยง 74 SGB XII ausscheidet, denn die Erforderlichkeit der Kosten ist, im konkreten Einzelfall zu ermitteln und zu beurteilen.

Anmerkung vom Sozialrechtsexperten Detlef Brock

Nicht zu den erforderlichen Aufwendungen einer Bestattung nach ยง 74 SGB 12 zรคhlen Kosten einer Auslandsbeerdigung.

Dies betrifft insbesondere die รœberfรผhrungs-, Transport- und Beisetzungskosten nach รถrtlichen Gepflogenheiten.

So kann zum Beispiel dem Verstorbenen eine Beisetzung auf einen islamischen Friedhof in Deutschland mรถglich und zumutbar gewesen sein, so dass eine sozialhilferechtliche Erforderlichkeit der Beisetzung in der Tรผrkei zu verneinen ist ( SG Lรผneburg, Az.: S 22 SO 19/09 ).

Von der Sozialhilfe zu รผbernehmen sind nach der Rechtsprechung des BSG (Beschluss vom 24. Februar 2016 โ€“ B 8 SO 103/15 B โ€“ und Urteil vom 25. August 2011 โ€“ B 8 SO 20/10 R โ€“ ) deshalb nur die Kosten, die unmittelbar der Bestattung unter Einschluss der ersten Grabherrichtung dienen oder mit der Durchfรผhrung der Bestattung untrennbar verbunden sind.

Andere Kosten, die anlรคsslich des Todesfalles entstehen, aber nicht zweckgerichtet auf die eigentliche Bestattung ausgerichtet sind (wie z.B. Todesanzeigen, Danksagungen, Leichenschmaus, Anreisekosten, Bekleidung), sind demgegenรผber nicht erstattungsfรคhig.