Schwerbehinderung: Bei Endometriose ist ein Grad der Behinderung von 50 möglich

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Endometriose ist eines der häufigsten Frauenleiden. Während manche Betroffene kaum Einschränkungen durch die Krankheit haben, sind andere in ihrer gesellschaftlichen Teilhabe schwer beeinträchtigt. Das Sozialgericht erkannte bei einer Betroffenen einen Grad der Behinderung von 50 an und bestätigte damit, dass Endemetriose eine Schwerbehinderung sein kann. (S 8 SB 56/20).

Was ist Endometriose

Bei einer Endometriose wächst Gewebe, das dem der Gebärmutter ähnelt, außerhalb der Gebärmutter, zum Beispiel an den Eierstöcken, im Bauch und im Becken, an den Därmen oder am Bauchfell.

Die Endometriose-Vereinigung informiert: „Manche Betroffene haben keine Beschwerden und auch keinen Behandlungsbedarf. Das trifft jedoch nicht auf alle zu. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen muss von einem dauerhaften Therapiebedarf ausgegangen werden. Viele Betroffene leiden unter chronischen Schmerzen und vielen weiteren Symptomen.“

Nur ein Grad der Behinderung von 20 anerkannt

Die zuständige Behörde hatte der Betroffenen wegen Ihrer Endometriose nur einen Grad der Behinderung von 20 anerkannt. Sie legte Widerspruch ein, doch dieser wurde zurückgewiesen. Deshalb klagte sie vor dem Sozialgericht Hamburg.

Dieses kam zu einer deutlich anderen Einschätzung. Demnach gehört die tief infiltrierende Endometriose der Betroffenen zum Stadium IV, also der schwersten Ausprägung dieser Erkrankung. Sie hatte operative Eingriffe vornehmen lassen und befand sich dauerhaft in Hormontherapie. Trotzdem verspürte sie anhaltende starke Schmerzen in Ober-, Mittel- und Unterbauch sowie während der Menstruation.

Zur medikamentösen Behandlung gehören hochdosierte Schmerzmittel und bei Bedarf Morphinderivate.

Erhebliche Einschränkungen

Das Sozialgericht erkannte als Folge erhebliche Einschränkungen im Berufs- wie Privatleben, die durch die Nebenwirkungen der Hormontherapie noch verstärkt würden. Denn diese führe zu depressiven Verstimmungen, Libidoverlust und Müdigkeit.

Die Diagnosen umfassen neben der chronischen Schmerzstörung auch noch eine rezidivierende depressive Störung.

Die Schwere der Erkrankung rechtfertigte einen höheren Grad der Behinderung

Die Richter würdigten die Endometriose in diesem Fall als eine schwere und chronisch verlaufende Erkrankung. Ihr Allgemeinzustand sei erheblich beeinträchtigt. Zur Bewertung trug auch eine vermutliche Sterilität der Betroffenen bei.

Rückwirkende Anerkennung

Das Sozialgericht verpflichtete die zuständige Behörde, der Betroffenen rückwirkend einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen, zum 09.09.2019, dem Datum des Erstantrags. Die Klägerin gilt damit als schwerbehindert und hat Anspruch auf alle Nachteilsausgleiche, die mit diesem Status verbunden sind.

Was bedeutet dieses Urteil

Die Hamburger Richter stärkten die Rechte von Menschen, die unter Endometriose leiden in besonderem Ausmaß. Denn Sie bezogen nicht nur die körperlichen Beeinträchtigungen ein, die mit der Erkrankung verbunden sind wie die chronischen Schmerzen.

Auch die psychischen Störungen infolge der Endometriose bezogen sie ein, wie die wiederkehrenden Depressionen. Insgesamt kamen sie also zu einem wesentlich höheren Grad der Behinderung als die zuständige Behörde zuerst vorgesehen hatte.