Schwerbehinderung: Fehlende Mitwirkung verursachte Ärger und Gerichtsverfahren

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Sinkt durch einen rechtskräftigen Bescheid des Versorgungsamtes der Grad der Behinderung (GdB) auf unter 30, ist man verpflichtet, dies der Bundesagentur für Arbeit mitzuteilen. So entschied das Verwaltungsgericht Ansbach (AN 6 K 13.01955).

Schwerbehinderung am Arbeitsplatz

Schwerbehinderte Menschen können am Arbeitsplatz Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen. Es handelt sich nicht um freiwillige Leistungen des Arbeitgebers, sondern um gesetzliche Pflichten.

So haben Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung das Recht auf zusätzliche Urlaubstage, einen besonderen Kündigungsschutz, das Recht auf eine Gestaltung des Arbeitsplatzes, die ihren Bedürfnissen gerecht wird.

Sie müssen bei einer Bewerbung persönlich zum Vorstellungsgespräch geladen werden, haben besondere Rechte, wenn es um Überstunden und belastende Tätigkeiten geht.

Gleichstellung für Nachteilsausgleiche gedacht

Schwerbehinderung gilt ab einem Grad der Behinderung von 50, und erst dann besteht Anspruch auf die entsprechenden Nachteilsausgleiche. Allerdings können auf Antrag auf Menschen mit einem Grad der Behinderung von 30 oder 40 mit Schwerbehinderten gleichgestellt werden und so viele der Nachteilsausgleiche erhalten (mit Ausnahme der Altersrente für schwerbehinderte Menschen, denn diese gilt nicht bei Gleichstellung, sondern nur mit einem Grad der Behinderung von 50 oder mehr).

Gleichstellung erst ab einem Grad der Behinderung von 30

Im Unterschied zur Schwerbehinderung selbst, bei der die Nachteilsausgleiche immer gelten, wird bei einer Gleichstellung mit einem Grad von 30 oder 40 individuell geprüft, ob die durch die Behinderung entstehenden Benachteiligungen denen bei einer Schwerbehinderung entsprechen. Ist dies der Fall, dann kann eine Gleichstellung stattfinden.

Ganz wichtig: Bei einem Grad der Behinderung von zehn oder 20 ist eine Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen nicht möglich.

Betroffener teilt Herabstufung nicht mit

Teilt der Betroffene der Bundesagentur für Arbeit nicht mit, wenn sein Grad der Behinderung unter 30 eingestuft wird, dann handelt es sich juristisch um eine Verletzung der Mitwirkungspflicht und um Rechtsmissbrauch, wie der folgende Fall zeigt.

Der Betroffene erhielt einen rechtskräftigen Änderungsbescheid des Versorgungsamtes, das ihm nur noch einen Grad der Behinderung von 20 zuerkannte. Ein Jahr zuvor wurde ihm ein höherer Grad der Behinderung anerkannt und war am Arbeitsplatz mit einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt worden.

Er informierte die zuständige Bundesagentur für Arbeit nicht darüber, dass sein Grad der Behinderung jetzt bei 20 lag, was bedeutete, dass er in keinem Fall Anspruch auf Gleichstellung mehr hatte.

Aufgrund einer Kündigung kommt der Fall ans Licht

Ins Rollen kam die Geschichte, weil der Arbeitgeber mehrere Jahre später beim zuständigen Integrationsamt die Zustimmung zur fristlosen Kündigung des Betroffenen beantragte.

Der Betroffene war als Vertrauensperson für schwerbehinderte Menschen gegenüber dem Arbeitnehmer tätig. Ihm waren sexuelle Übergriffe gegenüber Kolleginnen vorgeworfen worden.

Das Integrationsamt lehnte erst einmal eine außerordentliche Kündigung ab und verwies dabei auf den besonderen Kündigungsschutz laut dem Paragrafen 90 2 a zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen. Im Widerspruchsausschuss wurde der außerordentlichen fristlosen Kündigung jedoch stattgegeben.

Es handelt sich um Rechtsmissbrauch

Der Fall ging vor das Verwaltungsgericht. Dieses sah einen klaren Rechtsmissbrauch, wenn der Betroffene sich auf den Paragrafen 116 2 Satz 3 beriefe.

Dort heißt es: „Die besonderen Regelungen für gleichgestellte behinderte Menschen werden nach dem Widerruf oder der Rücknahme der Gleichstellung nicht mehr angewendet.“

Zu diesen Regelungen gehört der besondere Kündigungsschutz, den der Betroffene in diesem Fall in Anspruch nehmen wollte.

Der Grund dafür, dass seine Gleichstellung (noch) nicht zurückgenommen sei, liege nämlich darin, dass er verhindert hätte, eine Entscheidung über die Aufhebung des Gleichstellungsbescheides zu treffen, indem er seine Mitwirkungspflichten verletzt hätte.