Schulden: Keine Gebühren bei Stromschulden und mehr Zeit für Ratenzahlungen

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Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat bei Zahlungsrückständen die Verbraucher gegenüber dem jeweiligen Stromanbieter gestärkt. Der Energieversorger darf demnach erstens für vereinbarte Ratenzahlungen keine Gebühren verlangen und muss zweitens bei hohen Rückständen einen Zeitraum der Ratenzahlungen von bis zu 24 Monaten anrechnen. (Az I-20 UKI 7/24).

Energieversorger verlangte Gebühren

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen klagte vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf, weil die NEW Niederrhein Energie und Wasser GmbH Gebühren verlangt hatte für die moanrtlichen Ratenzahlungen, mit denen Kunden ihre Rückstände abstotterten.

Ein Fall für den Verbraucherschutz

Warum die Angelegenheit den Verbraucherschutz betrifft, erklärt Kolja Ofenhammer, Jurist bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: „Die Folgen einer Stromsperre sind für die Betroffenen gravierend. Eine Ratenzahlungsvereinbarung gibt ihnen die Chance, die Stromsperre abzuwenden und den Zahlungsrückstand auszugleichen.“

Schuldenfalle vermeiden

Wichtig sei dabei, dass solche Raten gebührenfrei bleiben: „Zusätzliche Gebühren für Kunden zu erheben, die bereits Schwierigkeiten haben, die Stromkosten zu bezahlen, sind da kontraproduktiv.“

Die Rechtslage ist hier eindeutig, und deswegen hat das Gericht vermutlich auch klar gesagt, dass keine Gebühren für die Raten erhoben werden dürfen. So steht in der Stromgrundversorgungsverordnung (StromGVV) im Paragrafen 19 zu “Unterbrechung der Versorgung” im Absatz 5:

“Der Grundversorger ist verpflichtet, dem betroffenen Kunden im Fall eines Verlangens nach Satz 1 innerhalb einer Woche und unabhängig von einem solchen Verlangen des betroffenen Kunden spätestens mit der Ankündigung einer Unterbrechung der Grundversorgung nach Absatz 4 zugleich in Textform den Abschluss einer Abwendungsvereinbarung anzubieten. Das Angebot für die Abwendungsvereinbarung hat Folgendes zu beinhalten: (…) eine Vereinbarung über zinsfreie monatliche Ratenzahlungen.”

Es ist also gesetzlich klar vorgeschrieben, dass auf die Ratenzahlungen bei Stromschulden keine Zinsen erhoben werden dürfen. Das Gericht dehnte das Zinsverbot vermutlich allgemein auf Gebühren aus.

Die Raten dienen gerade dazu, Menschen, die Probleme haben, ihre Schulden abzubezahlen, dies zu ermöglichen, indem sie monatlich kleine Summen leisten, die ihnen möglich sind und so zu verhindern, dass sie in die Schuldenfalle rutschen.

Schuldenfalle bedeutet, dass Schulden so weiter wachsen, dass die Betroffenen keinen Ausweg sehen, sie vollständig auszugleichen.

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Ratenzahlungen gegen Stromsperren

Bei der Energieversorgung haben Ratenzahlungen noch einen weiteren wichtigen Zweck. Sie können nämlich vermeiden, dass der Versorger wegen des Zahlungsrückstandes den Strom abstellt. Das kann sehr schnell gehen.

Energieversorger können bereits bei einem Zahlungsrückstand von zwei monatlichen Abschlägen und mindestens 100,00 Euro den Strom sperren. Eine vereinbarte Ratenzahlung verhindert das.

Mindestens 24 Monate Ratenzahlung

Die NEW hatte die Dauer der Ratenzahlung auch bei hohen Zahlungsrückständen auf 12 Monate beschränkt. Das untersagte das Oberlandesgericht Düsseldorf und verpflichtete die GmbH dazu, einen Zeitraum für die Ratenzahlungen von bis zu 24 Monaten anzubieten.

Der Energieversorger lässt offen, ob er das Urteil akzeptieren wird, oder für eine Revision vor den Bundesgerichtshof geht.

Eine Sprecherin von NEW sagte: „Sollte die Begründung und die darin enthaltene Auslegung der Gesetze nachvollziehbar sein, werden wir das Urteil selbstverständlich umsetzen.“

Rechtlich klar ist die Lage hier nicht. So steht in der Ratenzahlungs-Verordnung, die im Mai 2022 in Kraft trat: “Die Ratenzahlungen sind auf jeden Fall für 12 Monate, unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. Nachzahlung, die mindestens die Höhe von 4 monatlichen Teilzahlungsbeträgen erreicht) für 18 Monate möglich.”

Ein Zeitraum für die Ratenzahlung von mehr als zwölf Monaten ist also gesetzlich möglich, aber nicht vorgeschrieben. Insofern lässt sich nachvollziehen, dass der Energieversorger eine Klärung durch den Bundesgerichtshof ins Auge fasst.

Rechte von Verbrauchern gestärkt

Ofenhammer sieht das Urteil als Erfolg: „Das Urteil bestätigt die Rechte von Verbraucher:innen gegenüber ihrem Energieversorger und schützt sie davor, in eine plötzliche Stromsperre zu rutschen.“

Er erklärt, warum Gebühren und kurze Fristen für die Ratenzahlungen dem Zweck, Schulden abzubezahlen, zuwider laufen und sagt: „Menschen mit Zahlungsschwierigkeiten brauchen konkrete Hilfsangebote, um ihre Schulden auszugleichen und keine zusätzlichen Hürden, die ihre Situation verschlimmern.“

Ratenzahlung bei drohender Stromsperre

Der Grundversorger ist verpflichtet, Ihnen eine Ratenzahlungsvereinbarung anzubieten. Wenn Sie bereits eine Sperrandrohung erhalten haben, dann sollten Sie den Versorger auffordern, Ihnen eine Abwendungsvereinbarung zu schicken. Er ist verpflichtet, dies innerhalb einer Woche zu tun.

Wichtig: Achten Sie bei der Höhe der Raten darauf, dass Sie diese auch zahlen können.

Wann darf der Versorger eine Stromsperre verhängen?

Bevor der Versorger Ihnen den Strom sperrt, muss er bestimmte Bedingungen erfüllt haben. Er muss Ihnen die Sperre vier Wochen vorher angedroht haben, und den Vollzug der Sperre acht Tage vorher in Briefform angekündigt haben.

Sie müssen mindestens zwei Abschlagszahlungen im Rückstand sein mit einem Zahlungsverzug von mindestens 100,00 Euro, und die Sperre muss verhältnismäßig sein.

Er muss Sie in Textform darüber informiert haben, wie Sie eine Unterbrechung vermeiden können und eine Ratenzahlung zum Vermeiden der Sperre angeboten haben, die Sie nicht angenommen haben.