Rente: Wartezeiten aus drei Ländern werden angerechnet – Urteil Bundessozialgericht

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Einer der wichtigsten Punkte im Rentenrecht ist die Wartezeit, also die Versichertenzeiten, die die gesetzliche Rentenkasse anerkennt.

Mindestens 35 Jahre Wartezeit bei Altersrente für schwerbehinderte Menschen

Um überhaupt eine gesetzliche Altersrente zu bekommen, müssen fünf Jahre Wartezeit nachgewiesen werden, um eine Altersrente für langjährig Versicherte oder eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu beanspruchen, müssen es 35 angerechnete Jahre sein.(B 5 R 21/18 R)

Wartezeiten in 3 unterschiedlichen Ländern

Immer wieder beschäftigen sich Sozialgerichte damit, ob die 35 Jahre erfüllt sind und somit ein Rentenanspruch vorliegt. In einem konkreten Fall hatte die Betroffene die Anrechnungszeit für eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Deutschland, Frankreich und Serbien (seinerzeit Jugoslawien) gesammelt.

Europarecht und Sozialversicherungsabkommen

Solche Versichertenzeiten werden in Deutschland dann anerkannt, wenn es sich um EU-Länder, Island, Liechtenstein, Norwegen oder die Schweiz handelt, oder um Länder, mit denen Deutschland ein spezielles Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat.

Derzeit bestehen solche Abkommen mit 21 Staaten, von Albanien und Australien bis zu Brasilien und Chile, Kanada und den USA.

Wenn ein Staat sich außerhalb der Europäischen Union befindet und Deutschland mit diesem kein Sozialversicherungsabkommen hat, gibt es auch keinen Rentenanspruch für die in diesem Staat geleisteten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen.

Rentenkasse sieht Unvereinbarkeit der Abkommen

In diesem Fall hatte die Betroffene nicht nur sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen in Deutschland und einem EU-Land (Frankreich) vorzuweisen, sondern auch noch aus einem dritten Staat, nämlich Serbien.
Die Rentenkasse vertrat jetzt den Standpunkt, dass die Zeiten in Serbien und Frankreich nicht zusammengerechnet werden dürften.

Entweder die Zeiten in Deutschland und Serbien oder die Zeiten in Deutschland und Frankreich würden zusammengefasst, so die Position der Rentenkasse. Es gelte das EU-Recht oder aber das Deutsch-Serbische Abkommen und nicht beides gleichzeitig.

Damit hätte die Betroffene keinen Anspruch auf die Altersrente für schwerbehinderte Menschen gehabt, denn die 35 Jahre Wartezeit erfüllt sie nur mit den Zeiten aus allen drei Staaten.

Landessozialgericht sieht den Rentenanspruch gegeben

Die Frau klagte vor dem Sozialgericht und blieb dort ohne Erfolg. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg stimmte ihr jedoch in der Berufung zu, und am Ende bestätigte auch das Bundessozialgericht, dass die Betroffene einen Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen hat.

Rechtslage laut Bundessozialgericht eindeutig

Das deutsch-jugoslawische Sozialversicherungsabkommen und das EU-Recht würden sich nicht gegenseitig blockieren, so argumentierten Landes- und Bundessozialgericht sinngemäß.

Beide Rechtskreise würden eine multilaterale Zusammenrechnung nicht verbieten. Damit würde die Betroffene die Wartezeit von 35 Jahren erfüllen, und die Rentenversicherung müsste ihr diese Rente auszahlen.

Zur Begründung dieses Urteils kann das Bundessozialgericht sogar weit in die Vergangenheit zurückgehen. Denn dasselbe Gericht hatte bereits 1984 entschieden, dass das Deutsch-Jugoslawische Sozialversicherungsabkommen keine Abwehrklausel enthält, die ein Zusammenrechnen verschiedener Zeiten verbiete.

Diese Rechtslage hätte sich, so das Bundessozialgericht, nicht geändert.