Jobcenter wollte Bürgergeld wegen gelegentlicher Pflege kürzen

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Jobcenter müssen für das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft schon konkret nachweisen, dass die zusammenlebenden Bürgergeld-Beziehenden dauerhaft füreinander einstehen.

Die gelegentliche Pflege und Versorgung eines nahen Angehörigen spricht noch nicht für den Willen, füreinander einzustehen, entschied das Sozialgericht Cottbus in einem kürzlich veröffentlichten Urteil (Az.: S 10 AS 283/21).

Zieht ein Bürgergeld-Leistungsberechtigter nach sechs Monaten aus der gemeinsam bewohnten Wohnung wieder aus, sei dies zudem ein Indiz dafür, dass die Hilfebedürftigen nicht miteinander liiert waren und füreinander Verantwortung übernehmen wollten.

Jobcenter kürzte Leistungen

Die Kläger aus dem Landkreis Spree-Neiße hatten Hartz-IV-Leistungen, das heutige Bürgergeld, für den Zeitraum Dezember 2020 bis Mai 2021 beantragt. Das Jobcenter bewilligte zwar Leistungen, ging aber nach Aktenlage davon aus, dass die Kläger eine Bedarfsgemeinschaft bilden.

Deshalb führte das Einkommen des Klägers auch zur Minderung des Hartz-IV-Anspruchs bei der Klägerin.

Dagegen wehrten sie sich gerichtlich und führten an, dass gar keine Bedarfsgemeinschaft vorliege. Das Jobcenter sei zu Unrecht von einer Bedarfsgemeinschaft unter Anrechnung des Einkommens des Mannes ausgegangen. Die Klägerin habe Anspruch auf Bürgergeld ohne Anrechnung seines Einkommens.

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Gelegentliche Angehörigenpflege begründet keine Bedarfsgemeinschaft

Die Klage hatte vor dem Sozialgericht Erfolg. Ob eine Bedarfsgemeinschaft vorliege, hänge im Wesentlichen von zwei Merkmalen ab. Zum einen müssten beide Personen in einem gemeinsamen Haushalt leben. Zum anderen müssten sie dauerhaft füreinander einstehen und Verantwortung übernehmen wollen.

„Häusliche Gemeinschaft besteht immer dann, wenn eine Vereinigung von Tisch und Bett innerhalb derselben Wohnung stattfindet“, urteilte das Sozialgericht.

Das Jobcenter habe hier nur nach Aktenlage und nicht ausreichend geprüft, ob eine gemeinsame Haushaltsführung vorliege. Da die Klägerin nach sechs Monaten aus dem Haus ausgezogen sei, könne die gemeinsame Haushaltsführung nicht mehr rückwirkend geprüft werden.

Sozialgericht Cottbus: Einstandswille muss dauerhaft bestehen

Vielmehr sei der Auszug ein Indiz dafür, dass die Kläger „nicht dauerhaft liiert waren und den wechselseitigen Willen hatten, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen“.

Zwar habe die Klägerin die Oma des Klägers gelegentlich gepflegt und versorgt. Dies lasse aber noch nicht auf einen Einstandswillen schließen. Versorgung setze kontinuierliche Unterstützungsleistungen voraus – und zwar in einem „mehr als nur unerheblichen zeitlichen Umfang“, betonte das Sozialgericht. fle

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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