Insolvenzverfahren war verfassungswidrig – Schuldnerin wehrte sich erfolgreich

Lesedauer 2 Minuten

Teilweise erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen Insolvenzverfahrensbeschluss

Das kommt nicht alle Tage vor. Eine Betroffene wehrte sich vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Erรถffnung eines Insolvenzverfahrens durch das Gericht.

Das Bundesverfassungsgericht gab der Verfassungsbeschwerde der Schuldnerin in einem bemerkenswerten Urteil (2 BvR 2204/21) statt. Es hob gleichzeitig den Beschluss des Landgerichts Hamburg (AZ 330 T 54/20) auf. Die Grundrechte der Betroffenen seien verletzt worden, so das Bundesverfassungsgericht.

Hintergrund der Verfassungsbeschwerde

Die Betroffene hatte gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg, der das Insolvenzverfahren aufgrund von Zahlungsunfรคhigkeit und รœberschuldung erรถffnete, sofortige Beschwerde eingelegt.

Zwei Glรคubiger hatten jeweils Vollstreckungsbescheide vorgelegt, die jedoch von der klagenden Schuldnerin angezweifelt wurden. Trotz mehrerer Einwรคnde seitens der Betroffenen bestรคtigte das Landgericht Hamburg am 25. Oktober 2021 die Erรถffnung des Insolvenzverfahrens. Dagegen wehrte sich die Schuldnerin und zog vor das Bundesverfassunsgericht.

Und so urteilte das Bundesverfassungericht

Das Bundesverfassungsgericht urteilte, dass die Entscheidung des Landgerichts unhaltbar sei, da sie gegen das Willkรผrverbot (Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes) verstoรŸe.

Lesen Sie auch:
Privatinsolvenz: Nur tatsรคchliches Einkommen darf angerechnet werden โ€“ Urteil

Die Richter am Bundesverfassungsgericht kritisierte mit deutlichen Worten insbesondere die Ansicht des Landgerichts, dass es auf die Zulรคssigkeitsvoraussetzungen des Insolvenzantrags nicht ankomme, solange zum Zeitpunkt der Verfahrenserรถffnung tatsรคchlich ein Insolvenzgrund vorliege.

Das Bundesverfassungsgericht betonte aber, dass die Prรผfung der Zulรคssigkeitsvoraussetzungen eines Insolvenzantrags gemรครŸ ยง 14 Absatz 1 Satz 1 Insolvenzordnung (InsO) im Vorfeld der Erรถffnungsentscheidung jedoch zwingend erforderlich sei.

Fรผr die Erรถffnung eines Insolvenzverfahrens ist nur ein zulรคssiger und begrรผndeter Insolvenzantrag notwendig. Dabei mรผssen Glรคubiger ein rechtliches Interesse an der Erรถffnung darlegen und ihre Forderungen sowie den Erรถffnungsgrund glaubhaft machen.

Das Landgericht hatte diese Voraussetzungen nicht ausreichend berรผcksichtigt und war somit in seiner Entscheidung als unhaltbar einzustufen.

Verbot objektiver Willkรผr

Die Verfassungsbeschwerde stรผtzte sich auf die Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Artikel 3 Absatz 1 GG) in seiner Ausprรคgung als Verbot objektiver Willkรผr.

Das Bundesverfassungsgericht machte sehr deutlich, dass eine Entscheidung nur dann “als objektiv willkรผrlich betrachtet wird, wenn sie unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich der Schluss aufdrรคngt, dass sie auf sachfremden Erwรคgungen beruht”.

Zurรผckverwiesen an das Landgericht

Das Bundesverfassungsgericht hob somit den Beschluss des Landgerichts auf und verwies das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurรผck.