EM-Rente: Sterbegeldversicherung als Einkommensminderung: Es kommt darauf an

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Das Bundessozialgericht (B 8 SO 19/22 R) wies einen Fall zur Prüfung zurück, in dem eine Bürgergeld-Leistungsberechtigte mit Erwerbsminderung und Schwerbehinderung beanspruchte, dass ihre Kosten für einen Sterbegeldversicherung einkommmensmindernd berücksichtigt würden.

Der Tatbestand

Das Bundessozialgericht erklärt: “Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beiträge zu einer noch abzuschließenden Sterbegeldversicherung bei der Berechnung der ihr gewährten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) einkommensmindernd zu berücksichtigen sind.”

Schwerbehinderung und Pflegegrad 1

Die Betroffene leider an den Folgen eines Guillain-Barré-Syndroms mit Defektheilung der Akuterkrankung.

Hinzu kommen eine immunvermittelte Neuritis, eine chronische Polyneuropathie mit schweren Paresen, eine schwere Gang- und eine Anpassungsstörung. Sie hat nachgewiesen einen Grad der Behinderung von 70, die Merkzeichen G und B sowie Pflegegrad 1.

Wohnverhältnisse, Erwerbsminderung und Grundsicherung

Sie lebt allein in einer Mietwohnung für 617,60 Euro kalt plus 80 Euro Heizkosten. Ihre Beiträge zur Haftpflichtversicherung lagen 2022 bei 81,16 Euro pro Jahr und zur Hausratsversicheurng bei 104,77 Euro.

Seit 2018 erhält sie eine volle Erwerbsminderungsrente von zuletzt 262,69 Euro und Grundsicherung in Höhe von 973,59 Euro. Ihre ältere Tochter ist erwerbstätig, die jüngere befand sich 2022 noch in der Ausbildung.

Übernahme der Kosten der (noch abzuschließenden) Sterbeversicherung

Die Betroffene stellte bei der Leistungsbehörde einen Antrag auf Übernahme der Kosten einer Sterbegeldversicherung, die noch abzuschließen war. Das Jobcenter lehnte dies ab und wies auch den Widerspruch zurück.

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Auch ein anderes Angebot einer Sterbegeldversicherung lehnte die Behörde ab, mit der Begründung, es könnten nur Sterbegeldversicherungen anerkannt werden, die abgeschlossen worden seien, bevor jemand Fürsorgeleistungen bezogen hätte.

Landessozialgericht versus Sozialgericht

Eine Klage der Betroffenen, um ihren Anspruch durchzusetzen, wies das Sozialgericht Berlin ab. In zweiter Instanz entschied jedoch das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg für die Leistungsberechtigte und verpflichtete die Behörde dazu, die Kosten für die günstigere der beiden Sterbegeldversicherungen vom Einkommen abzusetzen.

“Bei der Berücksichtigung von Versicherungsbeiträgen sei (…) grundsätzlich unbeachtlich, ob diese vor oder nach Beginn des Leistungsbezugs abgeschlossen würden.”

Die Lebenserwartung muss deutlich verkürzt sein

Die Behörde zog vor das Bundessozialgericht und weigerte sich, das Urteil im Sinne der Leistungsberechtigen anzuerkennen. Das Bundessozialgericht hob das Urteil des Landessozialgerichtes auf und verpflichtete dies zur erneuten Prüfung des Falls.

Das Bundessozialgericht räumte ein, dass erstens Sterbegeldversicherungen durchaus auch nach dem Beziehen staatlicher Leistungen vom Einkommen abgesetzt werden könnten – allerdings nur unter bestimmten Bedingungen.

So dürften staatliche Leistungen wie Bürgergeld oder Sozialhilfe nicht dazu gebraucht werden, Vermögen aufzubauen. Das sei in diesem Fall nicht zu erwarten.

Es sei zudem erforderlich, “dass der oder die Leistungsberechtigte an einer schwerwiegenden Erkrankung leidet, die im konkreten Fall prognostisch zu einer deutlich verkürzten Lebenserwartung führt und die nachvollziehbar Anlass dazu gibt, Vorsorge für die Sicherstellung der Beerdigungskosten zu treffen.”

“Nicht nur Diagnosen, sondern konkrete Auswirkungen auf die Gesundheit zählen”

Dabei seien nicht nur die entsprechenden Diagnosen maßgeblich, sondern die Auswirkungen der Krankheit auf die Gesundheit.

Im konkreten Fall müsste eine reduzierte Überlebenswahrscheinlichkeit vorliegen, bezogen auf einen Zeitraum von rund zehn Jahren.

Das Gericht schließt: “Das LSG wird daher zu prüfen haben, ob in der gesundheitlichen Situation der Klägerin nach den oben dargelegten Grundsätzen ein hinreichender Grund für den beabsichtigten Abschluss der Sterbegeldversicherung zu sehen ist.”

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