Bürgergeld: Wegen falscher Wohnangaben darf das Jobcenter 4000 Euro zurückfordern

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Sehr geringe Verbrauchswerte für Wasser, Heizung und Strom können darauf hindeuten, dass der Bürgergeld Empfänger seine Wohnung nicht tatsächlich genutzt hat und es somit zu hohen Rückzahlungen der Unterkunftskosten an das Jobcenter kommen kann.

Ein Unterkunftskosten anzuerkennender Bedarf besteht nur dann, wenn die Wohnung benötigt wird, weil keine anderweitige kostenfreie Unterkunft zur Verfügung steht.

Spricht ein extrem geringer ausgewiesener Energieverbrauch gegen eine tatsächliche Nutzung der Wohnung durch den Hilfebedürftigen, so liegt die Beweislast für eine tatsächliche Nutzung der maßgeblichen Wohnung allein bei diesem (LSG Thüringen 9. Senat).

Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Hilfebedürftige beim Jobcenter eine nicht aktuelle Wohnanschrift angibt und eine Mietbescheinigung einreicht, obwohl ein entsprechender Wohnbedarf nicht besteht, so das Gericht.

Das Antragsformular verpflichtet den Leistungsbewerber ausdrücklich zur Mitteilung wahrer Angaben und von Änderungen. Dazu gibt der 9. Senat des LSG Thüringen folgendes bekannt:

Aufhebung eines Bewilligungsbescheides über Leistungen des Bürgergeldes wegen falscher Wohnangaben

Ein nach § 22 SGB II anzuerkennender Bedarf besteht nur dann, wenn die Unterkunft benötigt wird, weil keine anderweitige kostenfreie Unterkunft zur Verfügung steht. Hier ist aber auf der Grundlage des vorliegenden Sachverhalts davon auszugehen, dass die Klägerin ihren Unterkunftsbedarf anderweitig gedeckt hat.

In diesem Fall können keine Kosten nach § 22 SGB II anerkannt werden.

Gründe der Leistungsempfängerin für ihren geringen Stromverbrauch – sind nicht plausibel

Soweit sie als Grund angibt, sie sei ein sparsamer Mensch und „heruntergeregelt“, hält der Senat das nicht für überzeugend, weil ein derart geringer Verbrauchswert wie z. B. für 2007/2008 mit 22 kwh selbst bei einem extrem sparsamen Menschen nicht plausibel ist.

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Auch das Verhalten der Klägerin zu den SGB II – Leistungen ab Oktober 2010 spricht dafür, dass sie tatsächlich eine anderweitige Unterkunft hatte:

1. Sie erklärte zunächst, keinen neuen Leistungsantrag zu stellen, und diese Erklärung nach Einschaltung ihrer Rechtsanwältin widerrief sie, indem sie mitteilte, doch keine SGB II – Leistungen zu beantragen. Dieses Verhalten rechtfertigt die Annahme, dass ihr Unterkunftsbedarf anderweitig gedeckt war, und lässt unter den gegebenen Umständen die Schlussfolgerung zu, dass dies auch in den hier betroffenen Zeiträumen der Fall war.

Gericht setzt Kenntnis der Leistungsempfängerin voraus hinsichtlich der Anerkennung bei gedecktem Wohnraum-Bedarf

Kosten der Unterkunft nach dem SGB II können – bei anderweitiger Bedarfsdeckung – nicht anerkannt werden können. Denn es stellt eine Selbstverständlichkeit dar, dass Bedarfe nach dem SGB II nur dann übernommen werden können, wenn sie nicht anderweitig gedeckt sind.

Ohne Bedeutung dafür ist, dass die Klägerin tatsächlich den mit dem Mietvertrag eingegangenen Zahlungsverpflichtungen ausgesetzt war. Denn wenn sie die erforderliche Hilfe bereits anderweitig erhielt, bedurfte es der SGB II – Leistungen nicht (vgl. § 9 Abs. 1 SGB II). Auf dieser Grundlage ist es jedenfalls grob fahrlässig, wenn die Klägerin bei der Antragstellung auf SGB II – Leistungen ihre bisherige Adresse angibt und eine Mietbescheinigung einreicht, obwohl ein entsprechender Wohnbedarf gar nicht bestand.

Gegen die vom Jobcenter daraus gezogene Schlussfolgerung, dass die Klägerin Angaben grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, ist rechtlich nichts zu erinnern, zumal in den Antragsformularen ausdrücklich auf die Verpflichtung zur Mitteilung wahrer Angaben sowie von Änderungen hingewiesen wurde.

Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebungsentscheidung ist § 40 Abs. 1 SGB II i. V. m. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X. Hier musste die Leistungsempfängerin knapp 4000, 00 Euro an das Jobcenter zurück zahlen.

Anmerkung vom Sozialrechtsexperten Detlef Brock

1. Sehr geringe Verbrauchswerte für Wasser, Heizung und Strom können darauf hindeuten, dass der Bürgergeld Empfänger seine Wohnung nicht tatsächlich genutzt hat und somit kann bei Vorliegen der groben Fahrlässigkeit das Jobcenter die gewährten Mietkosten zurück fordern.

2. Antragsteller sind verpflichtet beim Antrag wahre Angaben zu machen. Veränderungen sollten unverzüglich dem Jobcenter mitgeteilt werden, wie Zuwachs der Bedarfsgemeinschaft, Rentenantrag oder zum Beispiel Eingang einer Heizkostennachzahlung vom Vermieter.