Jobcenter müssen bei einer unangemessen teuren und zu großen Wohnung für aufgelaufene Mietschulden nicht zwingend ein Darlehen gewähren. Dies gilt erst recht, wenn der Vermieter auf seine Mietkündigung beharrt und die Räumung durchsetzen will, entschied das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss (Az.: L 6 AS 127/23 B ER).
Mietschulden häuften sich an
Konkret ging es um einen alleinerziehenden Vater von drei Kindern, der in den Monaten März bis August 2020 einen großen Teil seiner Kaltmiete nicht gezahlt hatte. So liefen Mietschulden in Höhe von knapp 5.400 Euro auf. Seit August 2021 bezieht der Mann Arbeitslosengeld II und zuletzt Bürgergeld.
Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis angesichts der Mietrückstände schließlich fristlos zum 31. Dezember 2023 und hilfsweise ordentlich zum 28. Februar 2024.
Der Bürgergeldempfänger beantragte beim Jobcenter Kreis Plön ein Darlehen zur Begleichung der Mietschulden.
Doch die Behörde lehnte ab.
Der dagegen gerichtete Eilantrag hatte weder vor dem Sozialgericht Kiel als auch vor dem LSG keinen Erfolg. Das Jobcenter müsse nur unter bestimmten Bedingungen ein Darlehen zur Begleichung von Mietschulden gewähren, entschied das LSG. Beim Bürgergeld könnten nach dem Gesetz Schulden übernommen werden, „soweit dies zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt ist“.
„Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit droht“.
Jobcenter muss nicht zwingend für Mietschulden einspringen
Hier sei die Schuldenübernahme aber nicht gerechtfertigt, so die Schleswiger Richter. Denn die Räumung und längerfristige Sicherung der Wohnung könne nicht erreicht werden.
Der Vermieter habe erklärt, dass er auch bei einer Begleichung der Mietschulden unter keinen Umständen an einer Fortsetzung des Mietverhältnisses interessiert sei.
Der Einwand des Antragstellers, dass die Mietkündigung und die damit einhergehende drohende Wohnungslosigkeit für sich und seine Kinder aus Härtegründen unwirksam sei, ließ das LSG nicht gelten.
LSG Schleswig: Schlechte Karten bei unangemessener Wohnung
Denn die Härtegesichtspunkte müssten auch mit dem berechtigten Interesse des Vermieters abgewogen werden. So habe der Vermieter mittlerweile über drei Jahre die Mietschulden gestundet und auf die persönlichen Belange des Bürgergeld-Beziehers Rücksicht genommen. Entscheidend für die verweigerte Darlehensgewährung sei letztlich, dass die Wohnung nicht mehr nachhaltig gesichert werden könne.
Schließlich handele es sich hier um eine „nicht kostenangemessene“ Unterkunft, für die das Jobcenter sowieso nur befristet voll aufkommen müsse.
Zwar habe der Gesetzgeber mit der Einführung des Bürgergeldes eine einjährige „Karenzzeit“ eingeführt, in der Jobcenter auch die tatsächlich unangemessenen Unterkunftskosten übernehmen. Damit solle dem Bürgergeldempfänger es ermöglicht werden, sich auf die Arbeitssuche konzentrieren zu können, ohne mit einer Wohnungssuche belastet zu sein. Hier sei die Karenzzeit aber längst abgelaufen. fle
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