Wenn das Jobcenter neue Angemessenheitswerte ermittelt und diese den Berechnungen zugrunde legt, ist eine neue Kostensenkungsaufforderung erforderlich. Aus diesem Grund können veraltete Kostensenkungsaufforderungen keine Startpunkte für die 6-Monatsfrist sein, die das Jobcenter Zeit hat, auf einen Bürgergeld-Antrag zu reagieren.
Nach der Rechtsprechung des BSG können neu erstellte Aufstellungen des Jobcenters nicht als nachgeschobene Gründe für vergangene Kostensenkungsverfahren herangezogen werden, so die Richter der 8. Kammer in Kassel mit Hinweis auf BSG, Urt. v. 30.1.2019 – B 14 AS 11/18 R -.
Urteil des Sozialgerichts Kassel
Das Sozialgericht Kassel urteilte im Fall einer Leistungsempfängerin, dass sie Kostensenkungsaufforderung einen Anspruch auf Berücksichtigung von Kosten in Höhe der aktuellen Werte nach der Wohngeldtabelle zzgl. Sicherheitszuschlag hat. (Urteil vom 13.06.2024 – S 14 AS 97/22 )
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Mit neuer Entscheidung gibt das Sozialgericht Kassel aktuell zu den Kosten der Unterkunft für Bürgergeld-Empfänger bekannt Az: S 8 AS 313/22
Mangels Kostensenkungsaufforderung hat die Bürgergeld-Empfängerin einen Anspruch auf Berücksichtigung von Kosten in Höhe der aktuellen Werte nach der Wohngeldtabelle zzgl. Sicherheitszuschlag.
Was ist die Rechtsgrundlage?
Rechtsgrundlage ist insoweit § 22 SGB II, wonach die tatsächlichen Kosten der Unterkunft als Bedarf berücksichtigt werden, soweit sie angemessen sind.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II gilt: Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, die Aufwendungen zu senken. In der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Die Voraussetzung einer Absenkung der tatsächlichen Kosten auf das angemessene Maß ist eine Kostensenkungsaufforderung. Erforderlich ist, dass die nach Auffassung des Jobcenters angemessenen Kosten genannt und eine Frist für die Senkung der Kosten gesetzt wird.
Kostensenkungsaufforderung fehlt
Daran fehlt es hier, weil sich zwar aus der vorläufigen Bewilligung, die nach Auffassung des Jobcenters maßgeblichen Werte ableiten lassen. Eine Kostensenkungsaufforderung stellt dies jedoch nicht dar, denn der Widerspruchsbescheid enthält zwar eine Darstellung der Kosten, nicht jedoch eine Aufforderung unter Fristsetzung, die Kosten zu senken.
Gericht verweist auf bestehende Entscheidung
Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen verweist das Gericht insofern auf die Entscheidung der 14.Kammer des Sozialgericht Kassel vom 13. Juni 2024 zum Az.: S 14 AS 97/22, wo diese wie folgt ausgeführt hat:
“Dass der Beklagte in der Vergangenheit auf die Senkung der Kosten hingewiesen hat, ist unerheblich. Zwar ist nicht Voraussetzung für eine wirksame Kostensenkung, dass die vom Beklagten ermittelten und mitgeteilten Werte richtig sind. Denn die Kostensenkungsaufforderung ist nur ein Angebot an den Leistungsempfänger und ein Einstieg in einen Dialog über die richtige Höhe der Kosten (vgl. BSG vom 30.01.2019 – B 14 AS 11/18 R SozR 4-4200 § 22 Nr. 100 Rn. 33 f.).
Jedoch können nach der Rechtsprechung des BSG spätere Konzepte nicht als nachgeschobene Gründe für vergangene Kostensenkungsverfahren herangezogen werden (BSG vom 30.1.2019 – B 14 AS 11/18 R,
SozR 4-4200 § 22 Nr. 100 Rn. 33 f.).Da das Konzept des Beklagten durch das HLSG kassiert wurde und danach methodisch offenbar neue bzw. andersartige Konzepte entwickelt wurden und schließlich zur Grundlage der Angemessenheitsbewertung im hier streitigen Fall sein sollten, ist die Kostensenkungsaufforderung aus dem Jahr 2015 veraltet und nicht mehr heranzuziehen.
Die späteren Konzepte können jedenfalls nicht im Sinne der Rechtsprechung des BSG Grundlage für die Kostensenkung im Jahr 2015 und einen sich daran anschließenden „Dialog“ über die richtige Höhe der Unterkunftskosten sein.”
Nur angemessene Kosten dürfen berücksichtigt werden
Das Gericht stellt fest, dass in diesem Fall nicht nur die als angemessen geltenden Kosten berücksichtigt werden dürfen. Die Ansicht des Jobcenters, wonach ab dem 1.1.2020 allein die Angemessenheitswerte aus dem Konzept maßgeblich wären, trifft hier nicht zu. Diese Regelung wäre nur dann entscheidend, wenn zuvor eine Kostensenkung gefordert worden wäre. Da eine solche Kostensenkung jedoch nicht erfolgt ist, kommt es nicht darauf an, ob die Kosten angemessen sind.