Bürgergeld: Das Jobcenter zahlt keine Miete bei freiwilligen Zahlungen

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Bloße freiwillige Zahlungen von Mietkosten begründen bei Bürgergeld Beziehern keinen Mietvertrag, so das das Jobcenter keine Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 1 SGB 2 erbringen muss.

So aktuell das Landessozialgericht Niedersachsen – Bremen Az. L 9 AS 83/23 – BSG, Beschluss vom 3.Juni 2025 Az. B 7 AS 1/25 B – Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen werden als unzulässig verworfen.

Kurzbegründung des Gerichts

Tatsächliche Aufwendungen für eine Wohnung liegen allerdings nicht nur dann vor, wenn der Hilfebedürftige die Miete bzw. Nebenkosten bereits gezahlt hat und nunmehr deren Erstattung verlangt. Vielmehr reicht es aus, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Forderung ausgesetzt ist (vgl. BSG, Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 37/08 R; BSG, Urteil vom 7. Mai 2009 – B 14 AS 31/07 R).

Mietverträge zwischen Verwandten

Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Verpflichtung des Hilfebedürftigen vorliegt, ist damit in erster Linie der Mietvertrag, mit dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist. Bei Mietverträgen zwischen Verwandten kann nicht schematisch auf die Elemente eines “Fremdvergleichs”, den der Bundesfinanzhof (BFH) im Steuerrecht entwickelt hat (vgl. BFH, Urteil vom 5. Februar 1988, III R 234/84), zurückgegriffen werden.

Allerdings spielt der in der Formel des BFH ebenfalls enthaltene Gesichtspunkt des tatsächlichen Vollzugs des Vertragsinhalts, also insbesondere die Feststellung, ob die Absicht bestand oder besteht, den vereinbarten Mietzins zu zahlen, auch im Falle der Grundsicherung eine Rolle.

Nach der Rechtsprechung des BSG gilt: Bloße freiwillige Zahlungen reichen nicht aus

Mietvertragliche Verpflichtungen müssen somit wirksam sein, um als Kosten für Unterkunft und Heizung berücksichtigt werden zu können (vgl. BSG, Urteile vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 48/08 R und vom 24. November 2011 – B 14 AS 15/11 R); bloß freiwillige Zahlungen reichen nicht aus.

Ein entsprechender Vertrag muss daher zum einen wirksam geschlossen worden sein und darf zum anderen nicht etwa wegen Verstoßes gegen ein Gesetz nichtig sein (§ 134 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) oder einer Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 307ff BGB nicht standhalten. Das Vorliegen eines Vertragsschlusses – einschließlich etwa der Frage, ob ein Scheingeschäft (§ 117 BGB) vorliegt – ist von den Jobcentern und gegebenenfalls den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in jedem Fall zu prüfen.

Anmerkung vom Verfasser:

1. Hier haben sie ( Kläger ) selbst vorgetragen, lediglich unregelmäßig Mietzahlungen an den Sohn geleistet zu haben.

2. Die behauptete Stundungsabrede passt – nicht zu dem späteren Vortrag, durch die Kläger seien laufende Kosten des Hauses (z.B. Wasser, Ankauf von Heizöl sowie weitere Nebenkosten) gleichsam als Ausgleich für ausgebliebene Mietzahlungen bezahlt worden.

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Diesbezüglich hat das Jobcenter zutreffend darauf verwiesen, dass diese Zahlungen – sofern nachgewiesen – keine übernahmefähigen Kosten im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II sind, da es an einer entsprechenden mietrechtlichen Grundlage mangelt.

Ob, für welchen Zeitraum und in welcher Höhe bezüglich der (gestundeten) Erfüllung eingetreten ist, haben die Kläger trotz mehrfacher Aufforderung durch das Gericht – ebenfalls nicht hinreichend belegt.

3. Der Senat lässt offen, ob ein Scheingeschäft vorlag.

4. Das Gericht weist darauf hin, dass aufgrund der behaupteten Stundung überhaupt ein Anspruch aus § 22 Abs. 1 SGB II auf Übernahme von Mietkosten bestehen konnte, da es sich insoweit um einen – aktuellen Bedarf – handeln muss.

Praxistipp zum Bürgergeld

Nachweis einer wirksamen, nicht dauerhaft gestundeten Mietzahlungsverpflichtung als Voraussetzung eines Anspruchs auf Bewilligung der Kosten für die Unterkunft durch das Jobcenter

Eine Bezieherin von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB 2 hat keinen Anspruch auf Übernahme ihrer Miete für die Wohnung im Haus ihrer Eltern, wenn die Eltern ihr einen Zahlungsaufschub – freiwillig gewährt haben.

Ein Anspruch für die Bürgergeld-Bezieherin hätte nur in dem Fall bestanden

Ein dem Hilfebedürftigen von dem Verwandten als Folge der Nichtberücksichtigung der Kosten der Unterkunft durch den Grundsicherungsträger “unfreiwillig” gewährter Zahlungsaufschub stellt keine dauerhafte Stundung des Mietzinses dar, die einem Anspruch nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB 2 entgegenstehen würde (vgl. dazu LSG Hamburg, Urteil vom 10.9.2021 – L 4 AS 156/20 – mit Verweis auf BSG, Urt. v. 07.05. 2009 – B 14 AS 31/07 R -) was hier aber nicht der Fall war.

Fazit:

Haben die Eltern vier Jahre lang auf die ihnen vermeintlich zustehende Nachzahlung der Miete verzichtet und diese noch nicht einmal angemahnt, obwohl der Leistungsberechtigte inzwischen wirtschaftlich auf eigenen Füßen steht, so ist ein Anspruch aus § 22 SGB 2 wegen nicht nachgewiesener Zahlungsverpflichtung ausgeschlossen.