Als Mensch mit Schwerbehinderung, und in manchen Bereichen auch bei bei einem niedrigeren Grad der Behinderung, haben Sie besondere Rechte am Arbeitsplatz – und der Arbeitgeber Ihnen gegenüber entsprechende Pflichten. Was können Sie tun, wenn der Arbeitgeber keine Rücksicht auf Ihre Behinderung nimmt?
Inhaltsverzeichnis
Sonderregelungen für Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung
Schwerbehinderte Arbeitnehmer stehen unter besonderem gesetzlichen Schutz: Sie haben einen besseren Kündigungsschutz, können Anspruch auf eine leidensgerechte Anpassung ihres Arbeitspaltzes erheben, können zusätzliche bezahlte Urlaubstage beanspruchen und haben bei entsprechender Wartezeit Zugang zur gesetzloichen Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Der Arbeitgeber muss dafür sorgen, dass Ihr Arbeitsplatz behindertengerecht gestaltet wird. Mögliche Rücksichtnahmen betreffen auch die Organisation und die Zeit der Arbeit. Ihr Arbeitgeber darf Sie nicht wegen Ihrer Behinderung benachteiligen, weder bei der Einstellung noch während des Arbeitsverhältnisses oder bei der Kündigung.
Was können Sie tun, wenn Ihr Arbeitgeber diese gesetzlichen Verpflichtungen ignoriert oder nicht ausreichend umsetzt?
Teilen Sie das Problem der Schwerbehindertenvertretung mit
Wenn es in Ihrem Betrieb eine Schwerbehindertenvertretung gibt, dann ist diese die erste Adresse bei Konflikten mit Ihrem Arbeitgeber. Fehlt eine solche Vertretung, können Sie die Personalabteilung oder den Personalrat um Hilfe bitten.
Informieren Sie sich
Ihre Postion ist umso besser, je genauer Sie die Regelungen der Behindertengesetzgebung kennen, zum Beispiel zum Thema Kündigungsschutz (Paragraf 168 und folgende im Sozialgesetzbuch IX) oder das Recht, als Mensch mit Schwerbehinderung Mehrarbeit abzulehnen (Paragraf 207 des Sozialgesetzbuches IX). Weisen Sie den Arbeitgeber schriftlich auf die entsprechenden Rechte hin und bitten Sie ihn nachdrücklich, diese gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten.
Schalten Sie einen Anwalt ein
Sie sollten einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht einschalten, wenn der Arbeitgeber keine Einsicht zeigt. In vielen Fällen haben Sie Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung.
Der Anwalt kann zudem mit Ihnen zusammen ein mögliches Verfahren vor dem Arbeitsgericht vorbereiten und umsetzen. Je besser Ihr rechtlicher Beistand ist, desto größer sind Ihre Chancen, ihr berechtigtes Anliegen vor Gericht durchzusetzen.
Wann ist ein Anwalt besonders wichtig?
Wenn Ihr Arbeitgeber Sie wegen Ihrer Behinderung diskriminiert, ist ein Rechtsstreit wahrscheinlich. Hier ist der juristische Beistand sehr wichtig, um Ihre Chance auf Schadensersatz zu verbessern, oder (bei Gewährung) diesen zu erhöhen.
Der Arbeitgeber ist zur Rücksichtnahme verpflichtet
Der Arbeitgeber ist in der gesetzlichen Pflicht, Rücksicht auf Ihre Behinderung zu nehmen – beim Arbeitsort ebenso wie bei der Arbeitszeit und den Arbeitsaufgaben. Es handelt sich also nicht um ein freiwilliges “nettes” Verhalten.
Das ist unabhängig von einer Schwerbehinderung. Auch bei einem Grad der Behinderung, der unter 50 liegt, muss der Arbeitgeber Ihre Bedürfnisse berücksichtigen.
Schutz vor Mobbing
Die Pflicht zur Rücksichtnahme umfasst beim Arbeitgeber auch eine Fürsorgepflicht. Arbeitgeber müssen Mobbing durch Ihre Mitarbeiter also bereits vorsorglich verhindern, und die Chefs müssen eingreifen, wenn Kollegen Sie diskriminieren.
Anspruch auf behindertengerechte Tätigkeit
Wenn Sie wegen Ihrer Behinderung Ihre ursprüngliche Tätigkeit nicht mehr ausüben können, besteht für den Arbeitgeber die Pflicht, Ihnen stattdessen eine andere vertragsgemäße und der Einschränkung gerechte Beschäftigung zuzuweisen. Dies gilt, wie das Landesarbeitsgericht Köln klarstellte, im Rahmen der Verhältnismäßigkeit und der Zumutbarkeit. (3 Sa 540/21Z)
Anspruch auf Schadensersatz
Wenn Ihr Arbeitgeber seiner Pflicht zur Rücksichtnahme nicht nachkommt, dann haben Sie als Mensch mit Behinderung oder Schwerbehinderung unter Umständen Anspruch auf Schadensersatz.