Zuverdienst beim Arbeitslosengeld ab 2026

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Mit dem Jahreswechsel 2026 steigt der gesetzliche Mindestlohn. Dadurch verschiebt sich zugleich die Verdienstgrenze im Minijob nach oben. Wer 2026 neben dem Arbeitslosengeld arbeitet, muss deshalb zwei Größen gleichzeitig im Blick behalten: die zeitliche Grenze, um weiterhin als arbeitslos zu gelten, und die finanzielle Grenze, ab der der Nebenverdienst die Leistung mindert.

Was beim Arbeitslosengeld I gilt – und was sich 2026 nicht automatisch ändert

Beim Arbeitslosengeld I ist der Zuverdienst nicht „frei“ im Sinne einer echten Zusatzleistung, sondern wird in weiten Teilen gegengerechnet. Nach der derzeit geltenden Rechtslage bleibt ein monatlicher Freibetrag bestehen, darüber hinaus reduziert sich das Arbeitslosengeld um den anrechenbaren Betrag. Solange der Gesetzgeber diese Vorschriften nicht ändert, ist 2026 daher vor allem ein Jahr, in dem sich Rahmenbedingungen am Arbeitsmarkt ändern können, die Systematik der Anrechnung selbst aber nicht von allein „mitwächst“.

Die Konsequenz ist praktisch: Ein höherer Mindestlohn ermöglicht zwar, mit wenigen Stunden mehr Geld zu verdienen. Wer aber weiterhin Arbeitslosengeld beziehen möchte, spürt die Anrechnung meist schon bei vergleichsweise kleinen Beträgen. Gerade bei Tätigkeiten mit Mindestlohn-Niveau entspricht der übliche Freibetrag rechnerisch nur ungefähr einem knappen Dutzend Arbeitsstunden im Monat, wenn man vereinfacht mit brutto gleich netto im Minijob rechnet.

Die Zeitgrenze: Wann ein Nebenjob die Arbeitslosigkeit beendet

Arbeitslosengeld setzt nicht nur Bedürftigkeit oder Versicherungszeiten voraus, sondern auch die sogenannte Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt. Dafür ist eine klare Schwelle besonders wichtig: Wer in einer Nebenbeschäftigung 15 Stunden oder mehr pro Kalenderwoche arbeitet, gilt nicht mehr als arbeitslos und muss sich aus der Arbeitslosigkeit abmelden. Diese Grenze wirkt unabhängig davon, ob die Tätigkeit gut bezahlt oder nur gering vergütet wird. Auch eine kurzfristige Ausweitung der Arbeitszeit kann daher Folgen haben, weil der Status als arbeitslos entfällt und die Leistungszahlung unterbrochen wird.

In der Praxis ist das nicht nur eine Rechenfrage, sondern auch eine Frage der Organisation. Ein Nebenjob mit wechselnden Schichten kann die Teilnahme an Terminen, kurzfristige Vorstellungsgespräche oder den Beginn einer neuen Beschäftigung erschweren. Die Agentur für Arbeit prüft deshalb nicht allein die Stundenzahl, sondern auch, ob die Stellensuche realistisch möglich bleibt.

Die Geldfrage: Wie der Freibetrag funktioniert und wann gekürzt wird

Beim Arbeitslosengeld wird nicht jeder Euro Nebenverdienst sofort abgezogen, aber der Spielraum ist eng. Grundsätzlich bleibt ein Freibetrag von 165 Euro im Monat anrechnungsfrei. Relevant ist dabei das Einkommen nach Abzug von Steuern, Sozialversicherungsbeiträgen und berücksichtigungsfähigen Werbungskosten. Liegt der so ermittelte Betrag über dem Freibetrag, wird der übersteigende Teil auf das Arbeitslosengeld angerechnet – die Leistung sinkt entsprechend.

Ein einfaches Rechenbeispiel: Wer im Monat 300 Euro als bereinigtes Nettoeinkommen aus dem Nebenjob erzielt, liegt 135 Euro über dem Freibetrag. Das Arbeitslosengeld reduziert sich dann um diese 135 Euro.

Das führt zu einer nüchternen Erkenntnis: Ein höherer Nebenverdienst erhöht häufig nicht das Gesamteinkommen, sondern verschiebt nur die Zusammensetzung aus Lohn und Leistung. Für viele lohnt sich ein Nebenjob dennoch, etwa um Kontakte zu halten, Routine zu bewahren oder den Einstieg in eine reguläre Beschäftigung vorzubereiten – finanziell ist der Effekt aber oft kleiner als erwartet.

Der Sonderfall mit Vorteil: Wenn die Nebentätigkeit schon vor der Arbeitslosigkeit bestand

Weniger bekannt, aber für manche entscheidend, ist eine begünstigende Regel: Wer bereits vor Eintritt der Arbeitslosigkeit über längere Zeit neben dem versicherungspflichtigen Job eine Nebenbeschäftigung ausgeübt hat, kann einen höheren anrechnungsfreien Betrag behalten.

Maßgeblich ist dann der durchschnittliche monatliche Nebenverdienst aus der Zeit vor Entstehung des Anspruchs, sofern bestimmte zeitliche Voraussetzungen erfüllt sind. Der Freibetrag liegt in diesen Fällen mindestens bei 165 Euro, kann aber darüber liegen.

In der Praxis hilft das Menschen, die dauerhaft nebenbei gearbeitet haben, etwa am Wochenende oder in einem kleinen Umfang selbstständig waren. Für sie soll die Arbeitslosigkeit nicht dazu führen, dass ein über längere Zeit etablierter Nebenverdienst sofort vollständig „weggekürzt“ wird. Entscheidend ist, dass die Tätigkeit tatsächlich fortgeführt wird und die Voraussetzungen nachweisbar sind.

Selbstständige Nebentätigkeit: Einnahmen, Ausgaben und Schätzungen

Wer während des Arbeitslosengeldbezugs selbstständig im Nebenerwerb tätig ist, stößt auf eine zusätzliche Besonderheit: Bei selbstständigen Tätigkeiten werden pauschal Betriebsausgaben berücksichtigt. Üblich ist eine Pauschale von 30 Prozent der Betriebseinnahmen, sofern keine höheren Ausgaben nachgewiesen werden. Damit soll verhindert werden, dass Bruttoeinnahmen aus Selbstständigkeit ohne Blick auf Kosten gegengerechnet werden.

Allerdings entsteht dadurch auch ein typisches Konfliktfeld: Selbstständige Einnahmen schwanken, Rechnungen werden nicht immer monatlich gezahlt, und Gewinne lassen sich im Voraus oft nur schätzen. Hier ist die Kommunikation mit der Agentur für Arbeit besonders wichtig, weil falsche oder veraltete Prognosen später zu Korrekturen führen können. Wer die Tätigkeit ausweitet, neue Aufträge annimmt oder Gewinne deutlich steigen, sollte nicht darauf warten, dass Nachfragen kommen.

Minijob 2026: Mehr Verdienst möglich – aber nicht automatisch mehr „oben drauf“

Durch den höheren Mindestlohn steigt 2026 die Minijob-Verdienstgrenze. Das bedeutet: Ein Minijob kann 2026 mehr Monatsverdienst ermöglichen, ohne dass die Beschäftigung ihre Minijob-Eigenschaft verliert.

Für Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld löst diese Erhöhung aber nicht das Grundproblem der Anrechnung. Wer den Minijob 2026 bis zur Grenze ausschöpft, muss damit rechnen, dass das Arbeitslosengeld deutlich sinkt, weil der Freibetrag im Arbeitslosengeld nicht mit der Minijob-Grenze gekoppelt ist.

Das ist für viele ernüchternd, aber planbar. Wer bewusst nur so viel arbeiten möchte, dass das Arbeitslosengeld nicht gekürzt wird, wird sich eher an der Anrechnungslogik orientieren als an der Minijob-Grenze. Umgekehrt kann ein höherer Minijob-Verdienst sinnvoll sein, wenn der Nebenjob als Brücke in eine reguläre Stelle dient oder wenn es um Qualifikation, Stabilität und Perspektive geht – auch dann, wenn die Leistung gleichzeitig sinkt.

Werbungskosten, Fahrten und Steuerklasse: Warum der bereinigte Betrag entscheidend ist

Nicht immer entspricht der Lohnzettel dem Betrag, der für die Anrechnung maßgeblich ist. Bei abhängiger Beschäftigung können Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn sie durch den Nebenjob entstehen. Das kann die Anrechnung rechnerisch reduzieren, weil das anrechenbare Einkommen sinkt. In der Realität bleibt natürlich: Ausgaben sind Ausgaben.

Ein geringerer Abzug beim Arbeitslosengeld ist kein Gewinn, sondern verhindert lediglich, dass Kosten doppelt „bestrafen“, einmal durch die Ausgabe selbst und zusätzlich durch eine ungekürzte Anrechnung.

Ein weiterer Punkt ist die Besteuerung: Wer neben einem bestehenden Arbeitsverhältnis oder in bestimmten Konstellationen als Zweitjob arbeitet, kann in eine ungünstigere Steuerklasse geraten. Das reduziert das Netto – und damit auch die Grundlage, von der aus der Freibetrag und die Anrechnung berechnet werden. Für Betroffene fühlt sich das oft widersprüchlich an, folgt aber der Logik, dass beim Arbeitslosengeld auf das bereinigte Einkommen abgestellt wird.

Schwankende Verdienste und Einmalzahlungen: Warum es später noch Post geben kann

Viele Nebenjobs sind nicht jeden Monat gleich hoch vergütet. Gerade in Gastronomie, Pflege, Veranstaltungen oder saisonalen Tätigkeiten schwankt der Lohn. Dann wird die Anrechnung oft nicht „glatt“ im selben Monat erledigt, sondern später korrigiert, wenn die tatsächlichen Daten vorliegen. Das kann dazu führen, dass zunächst mehr Arbeitslosengeld ausgezahlt wird und später eine Rückforderung entsteht oder umgekehrt.

Einmalzahlungen sind ein eigenes Thema. Zuschläge, Prämien oder andere Einmalbeträge zählen grundsätzlich als Einkommen aus Beschäftigung und werden dem Monat zugeordnet, in dem sie gewährt werden. Wer sich hier nicht vorbereitet, erlebt schnell, dass ein scheinbar attraktiver Bonus das Arbeitslosengeld im gleichen Monat spürbar reduziert.

Meldepflicht und Nachweise: Ohne saubere Angaben wird es teuer

Die Aufnahme einer Nebenbeschäftigung ist keine Nebensache, sondern muss der Agentur für Arbeit mitgeteilt werden. Maßgeblich ist, dass die Tätigkeit spätestens am Tag der Aufnahme angezeigt wird. Auch dann bleibt die Pflicht bestehen, wenn ein Arbeitgeber ankündigt, sich selbst zu kümmern. Zusätzlich braucht die Agentur Nachweise, typischerweise in Form einer Bescheinigung über das Nebeneinkommen und später über die tatsächliche Höhe. Wer Werbungskosten geltend machen will, muss diese nachvollziehbar angeben.

Die Folgen verspäteter oder unvollständiger Angaben sind unerquicklich: Es drohen Rückforderungen, weil zu viel Arbeitslosengeld ausgezahlt wurde. Je nach Fall kann auch ein Ordnungswidrigkeitsverfahren im Raum stehen. Gerade weil Nebenjobs oft kurzfristig beginnen, ist dieser Schritt organisatorisch entscheidend.

Ehrenamt und Aufwandsentschädigungen: Wann Engagement nicht als Nebenverdienst zählt

Nicht jede Zahlung neben dem Arbeitslosengeld ist automatisch „Zuverdienst“ im Sinne einer Erwerbstätigkeit. Beim Ehrenamt wird genau hingeschaut, ob es wirklich unentgeltlich ist und nur Auslagen ersetzt werden.

Pauschalierter Auslagenersatz kann bis zu einer bestimmten Grenze unschädlich sein. Kritisch wird es dort, wo Zahlungen den tatsächlichen Aufwand übersteigen oder steuerpflichtige Aufwandsentschädigungen entstehen. Dann kann aus Sicht der Anrechnung eine entgeltliche Beschäftigung vorliegen, zumindest mit Blick auf den steuerpflichtigen Anteil.

Was Betroffene 2026 strategisch bedenken sollten

Ein Nebenjob während des Arbeitslosengeldbezugs ist 2026 weder verboten noch sinnlos, aber er verlangt eine realistische Erwartung an die finanzielle Wirkung. Wer ausschließlich das Gesamteinkommen steigern will, stößt wegen der Anrechnung schnell an Grenzen. Wer hingegen die Beschäftigungsfähigkeit sichern, Lücken im Lebenslauf vermeiden, Kontakte pflegen oder eine neue Branche testen möchte, kann trotz geringer finanzieller Mehrwirkung profitieren.

Entscheidend ist, die eigene Situation nicht nur mit Blick auf den nächsten Bescheid zu betrachten, sondern auch im Hinblick auf Perspektiven: Ein Nebenjob kann ein Türöffner sein, er kann aber auch Zeit binden und Energie kosten. Die Frage lautet deshalb oft nicht „Wie viel darf ich?“, sondern „Wofür setze ich die Stunden ein, die mir unterhalb der 15-Stunden-Grenze bleiben?“.