Zuschuss zum Krankengeld: Wann muss der Arbeitgeber zahlen

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Wer krankheitsbedingt lรคnger ausfรคllt, erhรคlt zunรคchst bis zu sechs Wochen Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber. Danach endet die Pflicht zur Entgeltfortzahlung, und die gesetzliche Krankenkasse springt mit Krankengeld ein.

Dessen Hรถhe betrรคgt in der Regel 70 Prozent des Bruttoeinkommens, maximal jedoch 90 Prozent des Nettoentgelts; fรผr 2025 gilt zusรคtzlich ein kalendertรคglicher Hรถchstbetrag (derzeit bis zu 128,63 Euro pro Tag). Genau an dieser Einkommenslรผcke zwischen vollem Entgelt und Krankengeld setzen mรถgliche Arbeitgeber-Zuschรผsse an.

Zuschรผsse sind vereinbarte Zusatzleistungen

Ein gesetzlicher Zwang, รผber die sechs Wochen hinaus aufzustocken, existiert nicht. Ein Anspruch auf einen Zuschuss zum Krankengeld entsteht nur, wenn er in einem Tarifvertrag, in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung oder im individuellen Arbeitsvertrag zugesagt ist.

Unternehmen kรถnnen Zuschรผsse auรŸerdem freiwillig zahlen, ohne dass daraus automatisch ein dauerhafter Anspruch fรผr die Zukunft folgt.

Typische Anspruchsgrundlagen: Tarifvertrรคge im รถffentlichen Dienst und in Branchen

Besonders verbreitet ist der Krankengeldzuschuss im รถffentlichen Dienst. Nach TVรถD/TV-L entsteht nach Ablauf der sechs Wochen Lohnfortzahlung ein Anspruch, sofern ein Anspruch auf Krankengeld (oder gleichgestellte Leistungen wie Verletztengeld oder รœbergangsgeld) besteht. Der Zuschuss soll den Einkommensverlust ausgleichen.

Wie lange der รถffentliche Dienst aufstockt, hรคngt von der Beschรคftigungszeit ab: Je nach Dauer des Arbeitsverhรคltnisses endet der Zuschuss spรคtestens mit der 13. oder der 39. Woche seit Beginn der Arbeitsunfรคhigkeit. Diese Fristen zรคhlen durchgehend ab dem ersten Krankheitstag, nicht erst ab dem Ende der Lohnfortzahlung.

Auch in der Privatwirtschaft kennen viele Tarifvertrรคge Zuschรผsse. In der Metall- und Elektroindustrie sieht der Manteltarifvertrag โ€“ je nach Betriebszugehรถrigkeit โ€“ einen Zuschuss fรผr einen bis zu drei Monate langen Zeitraum vor, um die Differenz zur Entgeltfortzahlung teilweise zu schlieรŸen. Inhalt und Dauer variieren je nach Region und Tarifstand.

Hรถhe und Berechnung: Das โ€žDifferenz-zum-Nettoโ€œ-Prinzip

Wo Zuschรผsse vorgesehen sind, folgt ihre Berechnung in der Praxis einem einheitlichen Gedanken: Aufgestockt wird bis zur Differenz zwischen dem maรŸgeblichen Nettoentgelt und den โ€žBarleistungen des Sozialleistungstrรคgersโ€œ โ€“ im Regelfall dem (Brutto-)Krankengeld der Kasse. Tariftexte im รถffentlichen Dienst definieren dieses Prinzip ausdrรผcklich. In der Folge gleicht der Zuschuss den Abstand zwischen dem bisherigen Netto und dem gezahlten Krankengeld aus; Sonderregelungen oder รœbergangsrechte kรถnnen im Detail abweichen.

Fรผr Alt-Fรคlle mit historischen Tarifรผberleitungen gibt es vereinzelt abweichende Rechenwege, bei denen die Differenz zwischen Nettoentgelt und Netto-Krankengeld maรŸgeblich ist. Solche Ausnahmen sind tariflich prรคzise beschrieben und betreffen nur klar umrissene Beschรคftigtengruppen.

Steuern und Sozialversicherung: Lohnsteuerpflicht โ€“ und eine 50-Euro-Freigrenze in der SV

Zuschรผsse zum Krankengeld sind steuerlich Arbeitslohn und grundsรคtzlich lohnsteuerpflichtig. Sozialversicherungsrechtlich gilt dagegen eine besondere Bagatellgrenze: Solange Zuschuss und Krankengeld zusammen das frรผhere Nettoentgelt nicht um mehr als 50 Euro im Monat รผbersteigen, fallen auf den Zuschuss keine Beitrรคge an.

Wird die 50-Euro-Freigrenze รผberschritten, ist der รผbersteigende Teil beitragspflichtig. Zusรคtzlich kann โ€“ unabhรคngig von dieser Freigrenze โ€“ ein sogenannter SV-Freibetrag wirken: Bis zur Differenz zwischen Vergleichs-Nettoarbeitsentgelt und Netto-Krankengeld bleibt eine laufende Arbeitgeberleistung beitragsfrei.

Dauer des Zuschusses: Bindung an Tarifgrenzen und an den Krankengeld-Bezug

Gezahlt wird nur solange, wie auch Krankengeld oder eine gleichgestellte Entgeltersatzleistung flieรŸt. In der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Anspruchsdauer auf Krankengeld wegen derselben Krankheit innerhalb einer dreijรคhrigen Blockfrist auf hรถchstens 78 Wochen begrenzt. Tarifliche Zuschusszeitrรคume โ€“ etwa die 13- bzw. 39-Wochen-Grenzen im TVรถD/TV-L โ€“ liegen regelmรครŸig deutlich darunter und enden unabhรคngig davon, ob die Kasse weiter Krankengeld leisten wรผrde. Endet das Arbeitsverhรคltnis, endet in aller Regel auch der Zuschuss.

Gleichgestellte Leistungen: Verletztengeld, รœbergangsgeld & private Krankentagegeldpolicen

Viele Regelwerke stellen dem Krankengeld andere gesetzliche Entgeltersatzleistungen gleich, zum Beispiel Verletztengeld aus der Unfallversicherung oder รœbergangsgeld aus der Rentenversicherung. Der Zuschussmechanismus bleibt derselbe: maรŸgeblich ist die Differenz zum Nettoentgelt.

Erhรคlt eine Beschรคftigte statt gesetzlichem Krankengeld Leistungen aus einer privaten Krankentagegeldversicherung, kรถnnen Zuschรผsse ebenfalls sozialversicherungsfrei bleiben, solange die 50-Euro-Freigrenze zum frรผheren Netto eingehalten wird. Die konkrete Anspruchsgrundlage ergibt sich stets aus dem jeweiligen Tarif- bzw. Vertragswerk.

Privat oder freiwillig gesetzlich versichert: Fiktivbetrรคge und Grenzen

Ist jemand privat krankenversichert und tariflich ein Krankengeldzuschuss vorgesehen, wird hรคufig mit einem fiktiven Vergleichswert gerechnet, der dem gesetzlichen Krankengeld entspricht bzw. dem Tariftext entnommen ist.

Auch hier dient der Zuschuss dazu, das frรผhere Netto nรคherungsweise zu erreichen, ohne es zu รผberschreiten. Details regeln Tarifnormen oder interne Richtlinien.

Was Beschรคftigte konkret prรผfen sollten

Entscheidend ist, ob und in welcher Form ein Zuschuss in Ihrem Fall vereinbart wurde. MaรŸgeblich sind der einschlรคgige Tarifvertrag, mรถgliche Betriebs- oder Dienstvereinbarungen und Ihr Arbeitsvertrag. Aus diesen Quellen ergeben sich Anspruch, Beginn, Berechnung, Dauer und eventuelle Ausschlussfristen. Dabei lohnt der Blick auf die Definition des โ€žNettoentgeltsโ€œ im Tariftext sowie auf die Anrechnungsvorschriften, etwa zu Einmalzahlungen oder zu gleichgestellten Leistungen.

Fragen und Antworten: Wann muss der Arbeitgeber einen Zuschuss zum Krankengeld zahlen?

Habe ich einen gesetzlichen Anspruch auf einen Zuschuss zum Krankengeld?
Nein. Ein allgemeiner Rechtsanspruch existiert nicht. Zuschรผsse zum Krankengeld gibt es nur, wenn sie ausdrรผcklich vereinbart wurden โ€“ etwa in einem Tarifvertrag, in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung oder im individuellen Arbeitsvertrag. Manche Arbeitgeber zahlen freiwillig, ohne dass daraus ein dauerhafter Anspruch fรผr die Zukunft entsteht. MaรŸgeblich ist immer die konkrete Regelung in Ihrem Unternehmen bzw. Ihrem Tarifbereich.

Wie hoch ist der Zuschuss โ€“ und wie lange wird er gezahlt?
รœblich ist das โ€žDifferenz-zum-Nettoโ€œ-Prinzip: Der Arbeitgeber stockt das Krankengeld bis zum maรŸgeblichen Nettoentgelt aus dem Arbeitsverhรคltnis auf. Grundlage sind die Entgeltbestandteile, die in der jeweiligen Regelung definiert sind; Einmalzahlungen, Zulagen oder Sonderfรคlle kรถnnen abweichend behandelt werden. Gezahlt wird grundsรคtzlich nur, solange Sie Krankengeld oder eine gleichgestellte Entgeltersatzleistung beziehen und nur innerhalb der in Tarif- oder Vertragsregelungen festgelegten Hรถchstdauer.

Diese Zeitrรคume liegen je nach Branche und Tarif hรคufig im Bereich einiger Wochen bis weniger Monate und sind unabhรคngig von der maximalen Krankengelddauer der Krankenkasse.

Wie wird der Zuschuss steuer- und sozialversicherungsrechtlich behandelt โ€“ und was gilt bei Privatversicherung?
Zuschรผsse zum Krankengeld gelten steuerlich als Arbeitslohn und sind lohnsteuerpflichtig. In der Sozialversicherung greifen besondere Anrechnungsregeln; in vielen Konstellationen bleibt der Zuschuss bis zur Hรถhe des frรผheren Nettoentgelts beitragsfrei, geringe รœberschreitungen sind teilweise privilegiert. Bei privat Krankenversicherten oder beim Bezug privaten Krankentagegelds kommt es auf die Vereinbarung an: Tarif- und Vertragswerke arbeiten oft mit fiktiven Vergleichswerten, die dem gesetzlichen Krankengeld entsprechen. Ob, wie hoch und wie lange ein Zuschuss gezahlt wird, ergibt sich auch hier ausschlieรŸlich aus der einschlรคgigen Regelung.

Fazit: Zuschรผsse schlieรŸen Lรผcken โ€“ aber nur, wenn sie vereinbart sind

Arbeitgeber-Zuschรผsse zum Krankengeld sind oft wichtig, um lรคngere Krankheitsphasen abzufedern. Einen pauschalen gesetzlichen Anspruch gibt es dafรผr nicht; ob und wie aufgestockt wird, ergibt sich aus Tarif- und Vertragslage.

Wo es einen Anspruch gibt, orientiert sich die Hรถhe am Abstand zwischen dem bisherigen Netto und den Kassenleistungen; steuerlich gelten Zuschรผsse als Arbeitslohn, sozialversicherungsrechtlich schรผtzt eine 50-Euro-Freigrenze. Wer Klarheit braucht, sollte die eigenen Regelwerke prรผfen und โ€“ falls vorhanden โ€“ die Personalstelle oder den Betriebsrat einbeziehen.