Wer 1962 geboren wurde, kann so abschlagsfrei in Rente gehen

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Viele Menschen, die sich dem Rentenalter nähern, stellen sich eine zentrale Frage: Kann ich früher in Rente gehen – und wenn ja, mit welchen finanziellen Konsequenzen? Besonders spannend wird es für den Jahrgang 1962, der bald abschlagsfrei in den Ruhestand starten kann – zumindest unter bestimmten Bedingungen.

Wer 1962 geboren wurde, kann bald abschlagsfrei in Rente gehen

Für die sogenannten besonders langjährig Versicherten gibt es eine Möglichkeit, zwei Jahre vor dem regulären Renteneintrittsalter in den Ruhestand zu gehen – und zwar ohne Abschläge. Diese Rentenart setzt jedoch eine Versicherungszeit von mindestens 45 Jahren voraus.

Wer also 1962 geboren wurde und diese Bedingung erfüllt, könnte mit 64 Jahren und 8 Monaten abschlagsfrei in Rente gehen. Das reguläre Renteneintrittsalter für diesen Jahrgang liegt bei 66 Jahren und 8 Monaten.

Die Regelung ermöglicht es Betroffenen, den Ruhestand früher zu genießen, ohne lebenslange Rentenminderungen hinnehmen zu müssen. Doch nicht alle möchten oder können so lange warten. Was passiert also, wenn man ein Jahr früher – mit 63 Jahren und 8 Monaten – in Rente gehen möchte?

Abschläge – wann sie greifen und wie sie sich berechnen

Entscheidet sich ein Versicherter dafür, noch früher als 64 Jahre und 8 Monate in Rente zu gehen, wird es finanziell spürbar. Denn dann greift nicht mehr die Regelung für besonders langjährig Versicherte, sondern die Regelung für langjährig Versicherte.

In diesem Fall wird die Rente dauerhaft gekürzt – um 0,3 Prozent pro Monat, den man vorzeitig in Rente geht. Auf ein ganzes Jahr gerechnet sind das 3,6 Prozent.

Aber entscheidend ist, von welchem Alter aus die Abschläge berechnet werden. Bei besonders langjährig Versicherten zählt die Grenze von 64 Jahren und 8 Monaten.

Doch wer diese Regelung verlässt – etwa weil er noch früher raus will –, rutscht automatisch in die Kategorie der „normalen“ Altersrente für langjährig Versicherte. Dann gilt als Referenz das gesetzliche Rentenalter: 66 Jahre und 8 Monate. Damit ergeben sich für drei Jahre Vorzeitigkeit statt 3,6 Prozent nun ganze 10,8 Prozent Abschlag – ein erheblicher Unterschied.

Schwerbehinderung – kleines Dokument, große Wirkung

Ein entscheidender Hebel zur Vermeidung hoher Rentenabschläge kann der Schwerbehindertenausweis sein. Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 können über die Altersrente für schwerbehinderte Menschen zwei Jahre vor dem regulären Renteneintrittsalter in Rente gehen – also ebenfalls mit 64 Jahren und 8 Monaten. Jeder Monat darüber hinaus wird – analog zu anderen Regelungen – mit 0,3 Prozent Abschlag belegt.

Das bedeutet: Wer mit 63 Jahren und 8 Monaten und anerkannter Schwerbehinderung in Rente geht, muss nur ein Jahr vor der abschlagsfreien Grenze kompensieren – also 3,6 Prozent Abschlag zahlen.

Ohne Schwerbehindertenausweis hingegen zählt der gesetzliche Rentenbeginn mit 66 Jahren und 8 Monaten als Ausgangspunkt für die Abschlagsberechnung – und es entstehen 36 Monate Vorzeitigkeit, also 10,8 Prozent Rentenabschlag.

Der Unterschied: ein Rechenbeispiel

Der Beitrag aus dem Video liefert ein konkretes Beispiel, das die Bedeutung der Regelung plastisch macht. Angenommen, ein Mann des Jahrgangs 1962 erwartet eine monatliche Bruttorente von 1.600 Euro.

Mit Schwerbehindertenausweis und einem Jahr Vorzeitigkeit würde seine Rente um 3,6 Prozent gemindert – also auf 1.543 Euro. Ohne den Ausweis hingegen wären 10,8 Prozent Abzug fällig – nur noch 1.427 Euro kämen monatlich an.

Zu berücksichtigen sind zusätzlich Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, die nochmals etwa 12 Prozent von der Bruttorente ausmachen. Auch mögliche Steuerzahlungen sind ein nicht zu unterschätzender Posten.

Das bedeutet: Der tatsächliche Rentenbetrag, der letztlich auf dem Konto ankommt, liegt teils deutlich unter dem Bruttowert – und der Unterschied zwischen 3,6 und 10,8 Prozent Abschlag fällt langfristig ins Gewicht.

Die 45 Jahre helfen nicht immer – Vorsicht bei der Wahl der Rentenart

Ein häufiges Missverständnis ist, dass die 45-jährige Versicherungszeit automatisch die Möglichkeit einer frühen Rente ohne Abschlag garantiert. Das ist nur bedingt richtig. Denn diese Regelung gilt nur für den Eintritt zwei Jahre vor dem regulären Rentenalter.

Wer früher in Rente will, verliert den Status des besonders langjährig Versicherten und wechselt – wie im Fall des 1962 geborenen Mannes – in eine weniger vorteilhafte Rentenkategorie.

In solchen Fällen ist die Schwerbehinderung ein zentraler Faktor, um den finanziellen Verlust abzumildern. Fehlt diese Anerkennung, kann sich der Wunsch nach einem früheren Ruhestand finanziell erheblich auswirken – teils lebenslang.

Wenn Gesundheit nicht mitspielt – Rente trotz Nachteile

Nicht immer ist die Entscheidung für einen früheren Rentenbeginn eine freiwillige. Häufig spielen gesundheitliche Gründe eine Rolle. Viele Menschen, die sich beispielsweise in der Beratung des Sozialverbands Deutschland (SoVD) melden, berichten davon, dass ein weiterer Verbleib im Erwerbsleben gesundheitlich schlicht nicht mehr möglich ist. In solchen Fällen ist der frühere Rentenbeginn nicht unbedingt eine Wahl, sondern eine Notwendigkeit.

In solchen Fällen kann der finanzielle Abschlag als das kleinere Übel erscheinen – auch wenn er langfristig die Rentenhöhe mindert.

Der Zugang zur Erwerbsminderungsrente ist an strenge medizinische und versicherungsrechtliche Bedingungen geknüpft und nicht für jeden erreichbar. Wer hingegen eine anerkannte Schwerbehinderung nachweisen kann, hat immerhin die Chance, den Schaden begrenzt zu halten.

Fazit: Gute Beratung ist entscheidend

Der Wunsch nach einem früheren Renteneintritt ist verständlich – und durchaus realistisch. Doch die Entscheidung darf nicht leichtfertig getroffen werden. Abschläge sind dauerhaft und können sich im Laufe vieler Rentenjahre zu erheblichen Summen addieren.

Wer frühzeitig plant, sollte seine individuellen Voraussetzungen genau prüfen: Liegen 45 Versicherungsjahre vor? Gibt es eine anerkannte Schwerbehinderung? Und wie sehen die finanziellen Folgen konkret aus?

Ein Gespräch mit Rentenberatern oder unabhängigen Stellen wie dem SoVD kann helfen, die beste Entscheidung für die eigene Lebenssituation zu treffen – und teure Fehler zu vermeiden. Denn Rentenplanung ist mehr als nur Mathematik – sie ist ein entscheidender Schritt in die nächste Lebensphase.