Ein Grad der Behinderung von 20 zeigt nach deutschem Sozialrecht den Einstieg in die amtliche Anerkennung einer Behinderung. Zwar liegt die Schwelle zur Schwerbehinderung erst bei einem GdB von 50, doch schon die niedrigere Einstufung kann finanzielle Entlastungen erรถffnen und โ unter bestimmten Voraussetzungen โ arbeitsrechtliche Vorteile sichern.
Voraussetzung fรผr alle Nachteilsausgleiche ist jedoch, dass die Betroffenen aktiv einen Feststellungsantrag beim zustรคndigen Versorgungsamt stellen; automatisch wird der GdB nicht vergeben.
Rechtliche Grundlage und Verfahren der Feststellung
Die Grundlage findet sich im Neunten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX). Dort ist festgelegt, dass der Grad der Behinderung in Zehnerschritten bemessen und von 20 bis 100 reicht.
Maรgeblich sind die โVersorgungsmedizinischen Grundsรคtzeโ, die die Auswirkungen einzelner Gesundheitsstรถrungen auf das alltรคgliche Leben bewerten. Wer den Antrag stellt, sollte mรถglichst aktuelle รคrztliche Gutachten und Befundberichte beifรผgen, denn nur was dokumentiert ist, kann berรผcksichtigt werden.
Die Behรถrde prรผft anschlieรend die Gesamtauswirkungen aller Gesundheitsstรถrungen โ eine bloรe Addition einzelner GdB-Werte findet nicht statt.
Tabelle: “Vorteile” bei GdB 20 in 2025
| Vorteil | Erlรคuterung |
| Steuerlicher Behinderten-Pauschbetrag | Mit einem GdB von 20 kรถnnen Sie jรคhrlich 384 โฌ von Ihrem zu versteuernden Einkommen abziehen. Der Betrag wird nicht ausgezahlt, sondern mindert Ihre Steuerlast; spรผrbar ist die Entlastung nur, wenn Sie รผberhaupt Einkommensteuer zahlen. |
| Gleichstellung wรคhrend einer Berufsausbildung | Auszubildende oder Ausbildungssuchende kรถnnen sich bei der Agentur fรผr Arbeit mit Schwerbehinderten gleichstellen lassen. Dadurch genieรen sie besonderen Kรผndigungsschutz, ihr Ausbildungsbetrieb kann Integrations-Zuschรผsse erhalten, und begleitende Hilfen (z. B. Finanzierung technischer Hilfsmittel oder Arbeitsassistenz) werden erleichtert. |
| Nachteilsausgleiche in Schule, Hochschule und Prรผfungen | Viele Bildungs- und Prรผfungsordnungen erkennen bereits einen GdB 20 als hinreichenden Nachweis einer Behinderung an. Betroffene kรถnnen Nachteilsausgleiche beantragen, etwa verlรคngerte Bearbeitungszeiten, angepasste Prรผfungsformen oder barrierefreie Materialien โ immer individuell und auf Antrag. |
Steuerliche Entlastung durch den Behinderten-Pauschbetrag
Das wohl bekannteste Privileg bei einem GdB von 20 ist der Behinderten-Pauschbetrag von derzeit 384 Euro pro Jahr. Er wird nicht als direkte Zahlung ausgezahlt, sondern als Freibetrag vom zu versteuernden Einkommen abgezogen.
Je nach Steuerklasse und Einkommenshรถhe sinkt dadurch die individuelle Steuerlast. Wer jedoch bereits so wenig verdient, dass keine Einkommensteuer anfรคllt โ das ist grob bei Bruttoeinkommen von etwa 1 000 Euro monatlich der Fall โ spรผrt von der Pauschale keinen finanziellen Effekt.
Lebenshilfe
Gleichstellung wรคhrend der Berufsausbildung
Jugendliche und junge Erwachsene in einer betrieblichen oder schulischen Berufsausbildung profitieren von einer besonderen Regel im ยง 151 Absatz 4 SGB IX: Sie gelten wรคhrend der Ausbildung automatisch als schwerbehinderten Menschen gleichgestellt, selbst wenn ihr GdB unter 30 liegt oder noch gar nicht festgestellt wurde.
Diese Gleichstellung erรถffnet vor allem Zugang zu Integrations- und Fรถrderleistungen des Integrationsamts. Unternehmen kรถnnen etwa Zuschรผsse erhalten, um einen behindertengerechten Ausbildungsplatz einzurichten; fรผr die Auszubildenden selbst greift ein besonderer Kรผndigungsschutz.
Nicht umfasst sind dagegen Zusatzurlaub, unentgeltliche รPNV-Befรถrderung oder die vorgezogene Altersrente โ diese bleiben einer tatsรคchlichen Schwerbehinderung vorbehalten.
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Grenzen der Gleichstellung nach der Ausbildung
Mit dem Ende der Ausbildung erlischt die automatische Gleichstellung. Fรผr das regulรคre Berufsleben verlangt das Gesetz mindestens einen GdB von 30, um auf Antrag bei der Agentur fรผr Arbeit dem Status eines schwerbehinderten Menschen gleichgestellt zu werden.
Erst ab dieser Schwelle lassen sich der besondere Kรผndigungsschutz sowie weitere arbeitsrechtliche Nachteilsausgleiche aufrechterhalten.
Mรถglichkeiten, den GdB anpassen zu lassen
Verschlimmern sich Gesundheitsstรถrungen oder kommen neue hinzu, kann ein โNeufeststellungsantragโ โ oft auch Verschlechterungs- oder Verschlimmerungsantrag genannt โ gestellt werden. Die Behรถrde prรผft dann erneut den gesamten Gesundheitszustand.
Steigen die funktionellen Einschrรคnkungen messbar, kann der GdB erhรถht werden, was insbesondere den Weg zu einem Grad von mindestens 30 oder gar 50 und damit zu weitergehenden Nachteilsausgleichen ebnet. Wichtig ist, die Verschlechterung sorgfรคltig zu belegen: Aktuelle Facharztberichte, Krankenhaus-Entlassungsbriefe oder Reha-Gutachten erhรถhen die Erfolgsaussichten.
Vorsicht: Risiken eines Neufeststellungsantrags
Ein Neufeststellungsverfahren birgt stets auch das Risiko, dass die Behรถrde zu dem Schluss kommt, die gesundheitliche Situation habe sich verbessert. In der Praxis kann ein bisheriger GdB daher herabgesetzt oder sogar ganz aberkannt werden.
Wer etwa nur knapp รผber der Schwelle zur Schwerbehinderung liegt und kurz vor der abschlagsfreien Schwerbehindertenrente steht, sollte den Schritt sorgfรคltig abwรคgen und sich beraten lassen.
Wenn der Bescheid offensichtlich falsch ist: Widerspruch und Klage
Fehler in der Erstbewertung lassen sich nicht รผber einen Neufeststellungsantrag korrigieren. Hier fรผhrt der Weg รผber den fรถrmlichen Widerspruch innerhalb eines Monats nach Bescheiderhalt. Das Verfahren ist fรผr die Betroffenen kostenfrei und erzwingt eine erneute Prรผfung durch die Behรถrde.
Bleibt der Widerspruch erfolglos, kann man Klage vor dem Sozialgericht erheben, ebenfalls ohne Gerichtsgebรผhren. Zwar verlรคngert sich dadurch die Verfahrensdauer, doch die Erfolgschancen steigen, wenn medizinische Unterlagen lรผckenlos eingereicht und gegebenenfalls durch ein gerichtliches Sachverstรคndigengutachten ergรคnzt werden.
Fazit โ kleine Zahl, spรผrbarer Unterschied
Ein GdB 20 mag im Vergleich zu hรถheren Graden gering erscheinen, erรถffnet aber bereits konkrete steuerliche Vorteile und โ fรผr Auszubildende โ erhebliche arbeitsrechtliche Absicherungen. Entscheidend sind eine fundierte Antragstellung, die Kenntnis der eigenen Rechte und eine realistische Einschรคtzung, wann sich ein neues Verfahren lohnt.
Wer unsicher ist, sollte fachkundigen Rat etwa bei Sozialverbรคnden, Integrationsfachdiensten oder spezialisierten Beratungsstellen suchen. So lรคsst sich sicherstellen, dass aus einer vermeintlich kleinen Zahl doch ein spรผrbarer Unterschied im Alltag erwรคchst.




