Wer mit einer anerkannten Behinderung oder einem Pflegegrad in den eigenen vier Wänden leben möchte, benötigt häufig bauliche Anpassungen: stufenlose Zugänge, eine bodengleiche Dusche, verbreiterte Türen, Haltegriffe, ein unterfahrbares Waschbecken oder technische Unterstützungssysteme.
Die Kosten dafür summieren sich schnell. Damit Umbauten nicht am Geld scheitern, lohnt sich eine saubere Strategie: Zuständigkeiten klären, Anträge in der richtigen Reihenfolge stellen, Zuschüsse rechtssicher kombinieren und alle Nachweise von Beginn an vollständig beibringen. Wer so vorgeht, reduziert Ablehnungen, beschleunigt die Bearbeitung und sichert sich die maximale Förderung.
Inhaltsverzeichnis
Wer zahlt wofür? – Zuständigkeiten im Überblick
Zuerst wird geprüft, ob ein vorrangiger Kostenträger existiert. Liegt eine anerkannte Arbeits- oder Wegeunfallfolge beziehungsweise eine Berufskrankheit vor, ist die gesetzliche Unfallversicherung zuständig und übernimmt regelmäßig sehr umfassend Wohnungsanpassungen einschließlich Umzugshilfen.
Ohne solchen Versicherungsfall greift bei vorhandenen Pflegegraden die Pflegekasse mit einem Zuschuss für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, der pro Maßnahme gewährt wird und in ambulant betreuten Wohngemeinschaften zusammengelegt werden kann. Steht die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben im Mittelpunkt – unabhängig oder ergänzend zum Pflegebedarf –, kommt die Eingliederungshilfe in Betracht, die auch komplexere, behinderungsbedingte Ausstattungen fördert.
Reichen diese Leistungen nicht aus, kann als Auffang- und Ergänzungsleistung die Sozialhilfe/Hilfe zur Pflege herangezogen werden, die jedoch Einkommen und Vermögen prüft. Für die Restfinanzierung bieten sich zinsgünstige Programme wie der KfW-Kredit 159 an; reine Zuschussprogramme der KfW für Barrierereduzierung sind aktuell nicht neu beantragbar, bereits bewilligte Anträge werden aber abgewickelt.
Die richtige Reihenfolge der Anträge
Am Anfang steht die Kausalitätsprüfung: Geht die Einschränkung auf einen Arbeits- oder Wegeunfall zurück, muss zuerst die Unfallversicherung angefragt werden, denn deren Leistungspflicht verdrängt in der Regel andere Träger. Fehlt ein solcher Bezug, folgt als nächster Schritt der Antrag bei der Pflegekasse, sofern ein Pflegegrad vorliegt; hier gelten kurze Entscheidungsfristen und – bei ausbleibender, fristgerechter Begründung – eine Genehmigungsfiktion.
Ergänzend oder alternativ kommt die Eingliederungshilfe ins Spiel, wenn Teilhabeziele im Vordergrund stehen; sie setzt ein strukturiertes Gesamtplanverfahren voraus. Sozialhilfe/Hilfe zur Pflege schließt Lücken, wenn weder Pflegekasse noch Eingliederungshilfe ausreichend tragen oder wenn nur eine Restfinanzierung fehlt. Wichtig für Mieterinnen und Mieter: Vor Baubeginn die schriftliche Zustimmung des Vermieters einholen, denn ohne Einverständnis drohen rechtliche Konflikte und kostspielige Rückbauten.
Zuschüsse kombinieren – ohne Doppelförderung
Zuschüsse dürfen gestapelt, aber nicht doppelt für denselben Kostenposten abgerechnet werden. In der Praxis funktioniert das, wenn Maßnahmen fachlich sauber abgegrenzt und Kosten klar getrennt werden.
So kann die Pflegekasse die pflegebezogene Funktionalität – etwa die bodengleiche Dusche inklusive rutschhemmender Bodenflächen und Haltegriffe – fördern, während die Eingliederungshilfe zusätzliche, behinderungsbedingte Anforderungen abdeckt, zum Beispiel ein unterfahrbares Waschbecken, kontrastreiche Orientierungshilfen oder spezielle Bedien- und Assistenzsysteme.
Für eine transparente Abrechnung empfiehlt sich, separate Angebote und Rechnungen je Kostenträger einzuholen und im Antrag kurz zu erläutern, welcher Teil welcher Zielsetzung dient. Reicht das Geld dennoch nicht, kann die Restfinanzierung über den KfW-Kredit 159 erfolgen.
Was gilt als „eine Maßnahme“ bei der Pflegekasse?
Bei der Pflegekasse werden mehrere Einzelschritte häufig als eine zusammenhängende Maßnahme bewertet, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Wohnumfeld verbessern – etwa Türverbreiterung in Kombination mit der bodengleichen Dusche.
Ein erneuter Zuschuss kommt dann in Betracht, wenn sich die Pflegesituation wesentlich ändert, beispielsweise der Übergang von Gehhilfen zur dauerhaften Rollstuhlnutzung. Wer schon beim Antrag erklärt, warum die ausgewählten Komponenten funktional zusammengehören, vermeidet Rückfragen und beschleunigt die Entscheidung.
Fristen, Ablauf und typische Fehler
Der Antrag sollte immer vor Beginn der Arbeiten gestellt werden; ein Kostenvoranschlag reicht in der Regel aus. Die Pflegekasse entscheidet innerhalb kurzer Fristen, verlängert sich die Bearbeitungszeit wegen eines medizinischen Gutachtens, muss das schriftlich begründet werden.
In der Praxis scheitern Vorhaben oft an formalen Punkten: fehlende Vermieterzustimmung, unklare Zielbeschreibung („Was genau wird mit der Maßnahme ermöglicht?“), nicht barrieregerechte Planung entgegen allgemein anerkannten Regeln (etwa DIN 18040-2) oder zusammengewürfelte Rechnungen ohne klare Kostentrennung zwischen den Fördertöpfen. Wer hier sorgfältig vorgeht, spart Zeit und verhindert spätere Kürzungen.
Nachweise: die schlanke Checkliste
Für einen reibungslosen Ablauf sollten von Anfang an griffbereit sein: der Schwerbehindertenausweis oder eine ärztliche Bescheinigung der Einschränkungen; bei Leistungen der Pflegekasse der Pflegegradbescheid; eine prägnante Bedarfs- und Zielbeschreibung (zum Beispiel sichere Transfers ohne fremde Hilfe, barrierefreier Zugang zur Dusche, Rollstuhlnutzung im Bad); 1–2 vergleichbare Kostenvoranschläge für jede abgegrenzte Teilmaßnahme; Fotos, Skizzen oder Grundrisse zur Veranschaulichung; bei Mietwohnungen die schriftliche Vermieterzustimmung; und – sofern eine Finanzierung über Förderkredite erfolgt – Fachunternehmererklärungen und produktbezogene Mindestanforderungen.
Je besser die Unterlagen vorbereitet sind, desto seltener hakt es in der Prüfung.
Praxisbeispiel: Bad-Umbau für 15.000 Euro
Angenommen, eine Person mit Pflegegrad benötigt eine bodengleiche Dusche, rutschhemmende Bodenbeläge, Haltegriffe sowie ein unterfahrbares Waschbecken und kontrastreiche Bedienelemente. In einem ersten Schritt wird bei der Pflegekasse die pflegebezogene Gesamtlösung beantragt; der Zuschuss reduziert die Gesamtkosten spürbar.
Zusätzliche, eindeutig teilhabebedingte Komponenten – wie das unterfahrbare Becken oder spezielle Kommunikations- oder Orientierungshilfen – werden separat über die Eingliederungshilfe begründet. Bleibt eine Finanzierungslücke, kann diese über den KfW-Kredit 159 geschlossen werden. Entscheidend sind getrennte Angebote und Rechnungen, damit keine Doppelförderung entsteht und jeder Kostenträger exakt das bezahlt, was in seinen Zuständigkeitsbereich fällt.
Sonderfälle: Mietwohnung, WG, Wiederholungsanträge
In Mietwohnungen gilt: Umbauten dürfen die Bausubstanz verändern, wenn die barrierefreie Nutzung nur so möglich ist; gleichzeitig können Vermieter beim Auszug einen Rückbau verlangen, sofern nichts anderes vereinbart wurde. In ambulant betreuten Wohngemeinschaften lassen sich Zuschüsse mehrerer Pflegebedürftiger bündeln, wodurch sich größere Projekte – etwa ein gemeinschaftliches, rollstuhlgerechtes Bad – wirtschaftlich darstellen lassen.
Wiederholungsanträge sind nicht nur möglich, sondern sinnvoll, sobald sich der Bedarf klar verändert; wer das mit einem kurzen fachlichen Hinweis belegt, vermeidet Diskussionen.