Die Frage nach der Hochrechnung kurz vor dem Rentenstart sorgt seit Jahren für Unsicherheit. Heute entscheiden Sie noch selbst, ob die letzten drei Monate vor Rentenbeginn hochgerechnet werden. Diese Wahl beeinflusst die erste Zahlung und kann die spätere Rentenhöhe dauerhaft prägen.
Künftig soll das Dilemma entfallen, weil die Rentenversicherung standardisiert hochrechnet und eine Günstigerprüfung vornimmt. Das beschleunigt die Festsetzung, senkt das Risiko von Fehlentscheidungen und sorgt für planbare Auszahlungen zum Stichtag.
Inhaltsverzeichnis
Hochrechnung heute: Wahl mit Wirkung auf die Rente
Aktuell basiert die Hochrechnung auf dem Durchschnitt der letzten zwölf Entgeltmonate. Dieser Durchschnitt ersetzt die fehlenden Monate bis zum Rentenbeginn. Das Verfahren bringt Tempo, weil die Behörde nicht auf die letzte Lohnmeldung warten muss.
Wer die Hochrechnung ablehnt, erhält zwar eine präzisere Festsetzung, wartet aber oft länger auf Bescheid und Zahlung. Problematisch ist die Bindungswirkung: Bleibt es bei der Hochrechnung, wirken spätere Mehrverdienste häufig nicht mehr rentenerhöhend. So kann ein ungünstiger Durchschnitt dauerhaft im System stehen.
Geplante Reform: Automatik statt Antragsdilemma
Der Regierungsentwurf zum SGB-VI-Anpassungsgesetz will den Zielkonflikt lösen. Die Rentenversicherung rechnet die letzten Monate künftig automatisch hoch. Eine Zustimmung im Antrag ist nicht mehr nötig. Die relevanten Daten kommen über die gesonderte Meldung direkt vom Arbeitgeber.
Für Sie wird der Antrag dadurch einfacher, weil das heikle Kreuz entfällt und die erste Zahlung in der Regel pünktlich eintrifft. Für die Verwaltung bedeutet das klarere Abläufe und weniger Rückfragen.
Günstigerprüfung: Nachzahlung möglich, Absenkung ausgeschlossen
Kern der Reform ist eine Günstigerprüfung nach Eingang der finalen Entgeltmeldung. Liegen die tatsächlichen Entgelte höher als die Hochrechnung, setzt die Rentenversicherung die Rente neu fest. Sie zahlt die Differenz rückwirkend nach und hebt den laufenden Betrag an.
Fallen die realen Werte niedriger aus, bleibt es bei der ursprünglich festgesetzten Rente. Eine Absenkung findet nicht statt. Damit entfällt das zentrale Risiko, durch eine frühe Entscheidung dauerhaft Geld zu verlieren.
Zeitplan und Gesetzesstand: Start zum 1. Januar 2027
Das Bundeskabinett hat den Entwurf beschlossen. Der Bundestag berät nun über Details. Der Starttermin für die neuen Regeln ist der 1. Januar 2027. Bis dahin gilt das heutige Recht mit Wahlmöglichkeit. Wer vor 2027 in Rente geht, sollte die eigene Entgeltentwicklung genau prüfen und die Entscheidung zur Hochrechnung bewusst treffen. Die Richtung ist gleichwohl klar: weniger Bürokratie, schnellere Bescheide und Schutz vor Nachteilen.
Was Sie bis Ende 2026 konkret tun sollten
Planen Sie den Rentenbeginn frühzeitig und halten Sie die Drei-Monats-Frist für den Antrag ein. Sammeln Sie die Lohnabrechnungen der letzten zwölf Monate und sprechen Sie absehbare Einmalzahlungen mit der Personalstelle durch. Vergleichen Sie die voraussichtlichen letzten drei Monate mit dem Zwölfmonatsdurchschnitt. Rechnen Sie mit sinkenden Zuschlägen oder weniger Stunden, kann die Hochrechnung den höheren Durchschnitt sichern.
Erwarten Sie einen Bonus oder Mehrarbeit kurz vor dem Stichtag, kann der Verzicht sinnvoll sein, damit die reale Meldung vollständig wirkt. Vereinbaren Sie einen Beratungstermin bei der Rentenversicherung und nehmen Sie konkrete Zahlen mit. So treffen Sie die Entscheidung auf einer belastbaren Grundlage.
Beispiele aus der Praxis: Bonus, Schichtzulagen, Teilzeit
Erhalten Sie im Dezember eine Prämie und beginnt die Rente im Januar, spiegelt die heutige Hochrechnung diesen Bonus nicht immer vollständig. Ab 2027 greift die Günstigerprüfung und hebt die Rente bei mehr Entgelt automatisch an. Umgekehrt entfallen in vielen Fällen kurz vor dem Stichtag Nachtschichten oder Zulagen.
Dann stützen Sie mit der Hochrechnung einen höheren Durchschnitt und vermeiden eine Absenkung durch niedrigere Schlussmonate. Wer variable Zuschläge hat, profitiert besonders von einem nüchternen Vergleich der beiden Werteblöcke. Erst dieser Blick zeigt zuverlässig, ob die Hochrechnung heute Vorteile bringt.
Vorteile der Reform für Versicherte und Arbeitgeber
Versicherte erhalten planbarere Bescheide und eine pünktliche erste Zahlung. Der Antrag wird schlanker und fehleranfällige Einzelentscheidungen entfallen. Arbeitgeber melden die Daten in einem einheitlichen Ablauf. Das senkt Rückfragen, beschleunigt die Festsetzung und reduziert Widersprüche.
Auch die Sozialgerichte werden entlastet, weil typische Streitpunkte zur Hochrechnung seltener auftreten. Am Ende zählt der reale Verlauf, und zwar ohne Risiko einer nachträglichen Absenkung.
Technische Basis: Gesonderte Meldung und Bindungswirkung
Rechtlich knüpft das Verfahren an die gesonderte Meldung an. Diese Meldung übermittelt Entgeltdaten gezielt für die Rentenfeststellung. Die heutige Bindungswirkung aus § 70 SGB VI erklärt, warum eine gewählte Hochrechnung häufig stehen bleibt.
Die Reform begrenzt diese Bindung über die Günstigerprüfung nach oben. Sie wirkt damit wie ein Sicherheitsnetz: Nachzahlungen kommen an, Absenkungen bleiben ausgeschlossen. Das schafft Fairness im Übergang und bewahrt zugleich das Tempo der erstmaligen Festsetzung.