Wer die Regelaltersgrenze erreicht hat und trotzdem weiter im Minijob arbeitet, steht vor einer sehr konkreten Frage: Soll zusätzlich in die Rentenversicherung eingezahlt werden oder reicht es, wenn nur der Arbeitgeber seinen Pauschalbeitrag überweist? Entscheidend ist, wie viele Rentenpunkte ein Minijob im Ruhestand überhaupt noch bringt – und nach wie vielen Jahren sich die freiwillige Aufstockung rechnerisch wieder auszahlt.
Inhaltsverzeichnis
Minijob im Ruhestand: unbegrenzter Hinzuverdienst, aber Wahlrecht bei Beiträgen
Nach Erreichen der Regelaltersgrenze wird aus der bisherigen Altersrente eine volle Altersrente, die nicht mehr gekürzt wird. Wer dann weiterarbeitet, kann grundsätzlich beliebig viel hinzuverdienen, ohne dass die Rente deswegen reduziert wird. Ein Minijob bleibt trotzdem ein Minijob, das heißt: geringfügige Beschäftigung mit Verdienstgrenze (2025: 556 Euro monatlich) und pauschalen Sozialabgaben des Arbeitgebers.
Für Rentnerinnen und Rentner ist im Minijob zunächst wichtig: Sie gelten automatisch als rentenversicherungsfrei, der Arbeitgeber zahlt zwar seinen Pauschalbeitrag ein, der Beschäftigte selbst aber keinen Cent. Gleichzeitig besteht ein Wahlrecht:
Wer schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber erklärt, auf die Versicherungsfreiheit zu verzichten, wird wieder rentenversicherungspflichtig und stockt damit den Arbeitgeberanteil um einen eigenen Beitrag auf. Dieser Eigenanteil liegt im Minijob bei 3,6 Prozent des Lohns.
Eine Besonderheit betrifft laufende Minijobs, die bereits vor Rentenbeginn bestanden: Wer sich damals von der Rentenversicherungspflicht hat befreien lassen, kann für genau diesen Minijob später nicht einfach zur Versicherungspflicht zurückkehren. Die Befreiung wirkt so lange fort, wie dieses konkrete Beschäftigungsverhältnis besteht. Erst ein neuer Minijob eröffnet wieder die Wahlmöglichkeit.
Wie viele Rentenpunkte bringt ein Jahr Minijob tatsächlich?
Die Höhe der gesetzlichen Rente richtet sich im Kern nach den erworbenen Entgeltpunkten. Ein Entgeltpunkt entspricht einem Jahresverdienst in Höhe des jeweils aktuellen Durchschnittsentgelts. Wer weniger verdient, sammelt Bruchteile eines Rentenpunkts, wer mehr verdient, entsprechend mehr Punkte.
Im typischen Grenzfall eines Minijobs mit 556 Euro Monatslohn ergeben sich im Jahr 6.672 Euro Arbeitsentgelt. Dem steht ein Durchschnittsentgelt von gut 50.000 Euro gegenüber. Daraus resultiert ein Entgeltpunkt von rund 0,132 für ein volles Jahr Beschäftigung im Minijob.
Multipliziert mit dem aktuellen Rentenwert von gut 40 Euro ergibt sich daraus eine dauerhafte Rentensteigerung von knapp über fünf Euro monatlich, und zwar für jedes Jahr, in dem der Minijob rentenversicherungspflichtig ist.
Diese Größenordnung verschiebt sich bei niedrigeren oder höheren Minijob-Löhnen zwar nach oben oder unten, das Prinzip bleibt aber gleich: Ein Minijob im Ruhestand erzeugt keine vollen Entgeltpunkte, sondern nur Bruchteile, die sich mit der Zeit zu spürbaren Zuschlägen aufaddieren können.
Arbeitgeberbeitrag oder Aufstockung – wo liegt der eigentliche Unterschied?
Variante 1: Minijob ohne eigenen Beitrag
Bleibt es bei der automatischen Versicherungsfreiheit, zahlt allein der Arbeitgeber den Pauschalbeitrag von 15 Prozent an die Rentenversicherung. Auch aus diesen Pauschalbeiträgen werden Entgeltpunkte berechnet, die spätere Rente steigt also, obwohl die Rentnerin oder der Rentner keinen eigenen Beitrag leistet.
Für einen Minijob am oberen Rand der Verdienstgrenze führt das typischerweise zu einer Rentensteigerung von etwas mehr als vier Euro im Monat pro vollem Beschäftigungsjahr.
Variante 2: Minijob mit Aufstockung
Wird auf die Versicherungsfreiheit verzichtet, kommt der Eigenbeitrag von 3,6 Prozent hinzu. Bei 556 Euro Monatsverdienst sind das gut 20 Euro pro Monat, etwas über 240 Euro im Jahr. Dafür steigt die Monatsrente aus diesem Minijob-Jahr nicht nur um die knapp vier Euro aus dem Arbeitgeberanteil, sondern insgesamt auf rund fünfeinhalb Euro.
Der Mehrertrag durch die Aufstockung selbst liegt also bei etwas über einem Euro zusätzlicher Monatsrente gegenüber der Variante ohne Eigenbeitrag.
Rechnet man nüchtern, wie lange es dauert, bis sich allein der eigene Beitrag rechnet, landet man bei grob 19 Jahren Rentenbezug: Erst nach dieser Zeit hat die Summe der zusätzlich ausgezahlten Renten den zuvor eingezahlten Eigenanteil überschritten. Wer erst kurz vor der Regelaltersgrenze in den Minijob einsteigt und gesundheitlich bereits eingeschränkt ist, wird diese Spanne häufig nicht mehr vollständig ausschöpfen.
Beispielrechnung im Überblick: Minijob nach der Regelaltersgrenze
| Variante Minijob nach Regelaltersgrenze | Rentensteigerung pro Jahr / eigener Aufwand |
| Kein Minijob | Keine zusätzlichen Rentenpunkte, keine zusätzlichen Beiträge. |
| Minijob ohne Eigenbeitrag (nur Arbeitgeber zahlt) | Rentensteigerung pro Jahr der Beschäftigung um rund 4,35 Euro monatlich, ohne dass eigene Beiträge fällig werden. |
| Minijob mit Eigenbeitrag (Aufstockung) | Rentensteigerung pro Jahr der Beschäftigung um rund 5,39 Euro monatlich, dafür rund 240 Euro Eigenbeitrag im Jahr; der Mehrertrag gegenüber der Variante ohne Eigenbeitrag liegt bei gut einem Euro Monatsrente und amortisiert sich erst nach annähernd zwei Jahrzehnten. |
Die Tabelle zeigt: Den größten Sprung von null auf eine spürbare Rentensteigerung löst bereits der Minijob selbst aus, auch ohne Aufstockung. Die Aufstockung vergrößert diesen Effekt, aber nur in schmalem Umfang und mit einer sehr langen rechnerischen Anlaufzeit.
Wann sich Aufstocken für Rentner trotzdem lohnen kann
Auch wenn die reine Mathematik für viele Rentner eher gegen die Aufstockung spricht, gibt es Konstellationen, in denen der Verzicht auf Versicherungsfreiheit sinnvoll sein kann.
Wer bereits früh in Rente gegangen ist, sich in guter gesundheitlicher Verfassung sieht und den Minijob über mehrere Jahre hinweg ausüben möchte, sammelt mit der Zeit zusätzliche Rentenpunkte, die nicht nur die eigene Rente erhöhen, sondern auch die Bemessungsgrundlage für eine mögliche Witwen- oder Witwerrente anheben. Gerade bei Ehepaaren, in denen ein Partner deutlich geringere eigene Ansprüche hat, kann das eine Rolle spielen.
Weitere Überlegungen betreffen die Schnittstelle zur Grundsicherung im Alter und zu Wohngeld. Zusätzliche Renten werden dort nicht vollständig verdrängt, sondern genießen bestimmte Freibeträge. Wer knapp oberhalb der Grundsicherung lebt, kann dadurch erreichen, dass ein Teil der zusätzlichen Rente tatsächlich im eigenen Geldbeutel ankommt, statt vollständig angerechnet zu werden.
In solchen Fällen lohnt sich ein genauer Blick auf die individuelle Situation, weil wenige Euro mehr Rentenanspruch im Monat langfristig auch für etwas mehr Spielraum bei der Lebenshaltung sorgen können.
Nicht zu unterschätzen ist schließlich der psychologische Aspekt: Manche Rentnerinnen und Rentner möchten bewusst weiter als Beitragszahler in der Sozialversicherung geführt werden, empfinden die Aufstockung als Ausdruck von Eigenverantwortung und sehen die zusätzliche Rente eher als langfristige Absicherung und weniger als kurzfristige Renditerechnung.
Wann Aufstocken kaum sinnvoll ist
Wer bereits gesundheitlich angeschlagen ist, einen eher kurzen verbleibenden Rentenbezugszeitraum erwartet oder auf jeden Euro Nettoverdienst aus dem Minijob angewiesen ist, wird mit der Aufstockung häufig nicht glücklich. Der Eigenbeitrag schmälert den monatlichen Auszahlungsbetrag aus dem Minijob spürbar, während die zusätzliche Rente erst langfristig und in kleinen Schritten wirkt.
Auch bei Beziehenden von Grundsicherung im Alter oder ergänzender Hilfe zum Lebensunterhalt kann der Effekt begrenzt sein: Zwar sorgen Freibeträge dafür, dass ein Teil der höheren Rente nicht angerechnet wird, die übrigen Anteile werden aber durchaus mit den Leistungen verrechnet.
Wer hier ohnehin schon nur knapp über dem Existenzminimum lebt, muss sehr genau prüfen, ob der finanzielle Spielraum tatsächlich größer wird oder ob die Aufstockung vor allem die öffentlichen Haushalte entlastet.
Wichtige Stolperfallen beim Minijob im Ruhestand
Ein typischer Fallstrick ist die frühere Befreiung von der Rentenversicherungspflicht in einem bestehenden Minijob. Wer sich vor Erreichen der Regelaltersgrenze befreien ließ, kann in diesem konkreten Arbeitsverhältnis später nicht ohne Weiteres zur Versicherungspflicht zurückkehren. Der damalige Antrag wirkt fort, bis der Minijob beendet wird. Erst bei einem neuen Minijob besteht wieder die Option, von Anfang an Versicherungspflicht zu wählen.
Ebenso wichtig ist die Form: Der Verzicht auf Versicherungsfreiheit muss ausdrücklich und schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber erklärt werden. Er wirkt nicht rückwirkend, sondern nur für die Zukunft ab dem Monat, der auf die Erklärung folgt.
Wer also mitten im Jahr feststellt, dass er doch aufstocken möchte, verliert die Monate davor endgültig, weil aus dieser Zeit nur der Arbeitgeberanteil zur Rentensteigerung beiträgt.
Schließlich sollten Rentnerinnen und Rentner bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen darauf achten, dass die Grenzen der Geringfügigkeit insgesamt nicht überschritten werden. Werden mehrere Minijobs nebeneinander ausgeübt, werden sie zusammengerechnet.
Sobald die Verdienstsumme die Geringfügigkeitsgrenze sprengt, handelt es sich nicht mehr um Minijobs, sondern um eine regulär versicherungspflichtige Beschäftigung mit anderen Beitrags- und Steuerfolgen.
Entscheidungsstrategie: Drei Fragen vor der Unterschrift
Vor der Entscheidung für oder gegen die Aufstockung hilft es, sich drei Fragen ehrlich zu beantworten.
Erstens: Wie lange werde ich voraussichtlich noch Rente beziehen und bin ich bereit, den Minijob über mehrere Jahre beizubehalten?
Zweitens: Kann ich es mir leisten, Monat für Monat auf einen Teil meines Minijob-Lohns zu verzichten, ohne dass mir im Alltag wichtige Mittel fehlen?
Drittens: Welche Rolle spielen Grundsicherung, Wohngeld und eine mögliche Hinterbliebenenversorgung in meiner persönlichen Situation, und wie wirken sich zusätzliche Rentenpunkte dort aus?
Wer hier zu dem Schluss kommt, dass zwar ein kleiner, aber langfristiger Aufbau zusätzlicher Ansprüche sinnvoll ist und der kurzfristige Verzicht auf etwas Netto-Verdienst verkraftbar bleibt, kann von der Aufstockung profitieren.
Wer dagegen in erster Linie jeden Euro für laufende Ausgaben benötigt oder gesundheitlich unsicher in die Zukunft blickt, ist meist besser beraten, den Minijob ohne eigenen Beitrag auszuüben und nur den kostenlosen Effekt der Arbeitgeberbeiträge mitzunehmen.
Kurz-FAQ: Minijob und Rentenpunkte nach der Regelaltersgrenze
Kann ich jederzeit vom rentenfreien Minijob zur Aufstockung wechseln?
Ein Wechsel ist möglich, solange für den konkreten Minijob nicht bereits vor Rentenbeginn eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht beantragt wurde. In diesem Fall bleibt die Befreiung für dieses Arbeitsverhältnis bestehen. Ohne frühere Befreiung genügt eine schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber, die ab dem Folgemonat wirkt.
Gilt die Wahlmöglichkeit auch für Minijobs im Privathaushalt?
Ja, auch in Privathaushalten können Altersvollrentner auf die Versicherungsfreiheit verzichten und eigene Beiträge zahlen. Der Arbeitgeberanteil ist dort niedriger, der Arbeitnehmeranteil höher, am Grundprinzip der Rentensteigerung durch zusätzliche Entgeltpunkte ändert das aber nichts.
Was passiert mit den zusätzlichen Rentenpunkten, wenn ich später versterbe?
Die durch den Minijob erworbenen Entgeltpunkte erhöhen die eigene Altersrente dauerhaft. Sie fließen damit auch in die Berechnung einer möglichen Hinterbliebenenrente ein, weil diese sich prozentual aus der Rente des Verstorbenen ableitet. Der Effekt ist zwar nicht riesig, kann sich bei langen Beschäftigungszeiten aber bemerkbar machen.
Muss ich den Verzicht auf Versicherungsfreiheit irgendwo anders als beim Arbeitgeber melden?
Die Erklärung erfolgt gegenüber dem Arbeitgeber, der die Meldungen an Minijob-Zentrale und Rentenversicherung weiterleitet. Ein gesonderter Antrag bei der Deutschen Rentenversicherung ist dafür in der Regel nicht erforderlich. Sinnvoll ist es aber, die Abrechnungen sorgfältig zu prüfen und aufzubewahren, um die späteren Rentenbescheide nachvollziehen zu können.
Lohnt sich ein Minijob ohne Aufstockung trotzdem?
Auch ohne Eigenbeiträge erhöhen die Arbeitgeberpauschalen die eigene Rente. Wer ohnehin im Minijob arbeiten möchte, verschenkt also nichts, wenn er die automatische Versicherungsfreiheit akzeptiert. Die Aufstockung ist eher eine Zusatzoption für alle, die einen sehr langfristigen Aufbau kleiner zusätzlicher Rentenbeträge anstreben und den dafür nötigen Eigenanteil tragen können.




