Viele Rentner gehen vor der Regelaltersgrenze in Rente und arbeiten weiter. Wer dies tut, kann seine Rente langfristig erhöhen. Grundlage dafür sind Entgeltpunkte aus versicherungspflichtigen Jobs. Die Punkte werden zunächst nicht angerechnet, aber nach Erreichen der Regelaltersgrenze ohne Abschläge gutgeschrieben, was die Rente dauerhaft erhöht.
Inhaltsverzeichnis
Gesetzliche Regelung des Rentenanspruchs
§ 76d SGB VI regelt die Anrechnung von Entgeltpunkten für arbeitende Rentner. Beiträge aus Jobs nach Rentenbeginn werden gesondert bewertet und erst nach Erreichen der Regelaltersgrenze wirksam, was zusätzliche Punkte ohne Abschlag ermöglicht.
Wann werden die Zuschläge angerechnet?
Nach § 66 Absatz 3a SGB VI werden neue Entgeltpunkte ab dem Folgemonat der Regelaltersgrenze berücksichtigt. Wer mit 63 Jahren in Rente geht und weiterarbeitet, muss bis zum Monat nach dem 65. oder 67. Geburtstag warten, bis die Punkte gutgeschrieben werden. Dies ist eine wesentliche Schnittstelle, da dann die Anpassung erfolgt.
Neue Rechtslage seit dem 1. Juli 2017
Seit dem 1. Juli 2017 müssen Rentner, die vorzeitig in Rente gehen und über einen Minijob hinaus verdienen, Beiträge in die Rentenkasse zahlen. Dadurch entstehen mehr versicherungspflichtige Jobs und zusätzliche Entgeltpunkte.
Wenn du vor der Regelaltersgrenze arbeitest, wirst du automatisch in die Rentenversicherung einbezogen, es sei denn, du bleibst in einem Minijob unter 520 Euro. Diese Pflicht baut systematisch weitere Ansprüche auf.
Rechenbeispiel: Maries Rente steigt durch Zusatzverdienst
Marie beantragte am 1. Januar 2024 nach 45 Beitragsjahren eine vorgezogene, abschlagsfreie Altersrente. Sie arbeitet bis zum 31. Dezember 2025 weiter in Vollzeit und verdient jährlich 45.358 Euro. Ihre Rente basiert auf 45,1234 Entgeltpunkten und beträgt 1.774,25 Euro monatlich.
- Berechnung der jährlichen Entgeltpunkte
Marie erwirbt für ihr volles Jahr mit 45.358 Euro Jahresverdienst 1,0 Entgeltpunkt, da das Durchschnittsentgelt 2024 ebenfalls mit 45.358 Euro veranschlagt wird. Für zwei Jahre Vollzeit entstehen insgesamt 2,0 Entgeltpunkte. - Auswirkung auf die Rente
Jeder Entgeltpunkt wird aktuell mit 39,32 Euro (Wert zur Jahreshälfte 2024) bewertet. Das bedeutet, dass ihre Rentenhöhe pro zusätzlich erworbenem Punkt um 39,32 Euro steigt. Da Marie zwei Entgeltpunkte ansammelt, kommen insgesamt 78,64 Euro mehr monatlich dazu. - Zeitpunkt der Gutschrift
Da Maries Regelaltersgrenze am 31. Dezember 2025 endet, erfolgt die Gutschrift der 2,0 Entgeltpunkte erst ab dem Folgemonat, also dem 1. Januar 2026. Von da an steigt ihre monatliche Rente auf 1.774,25 Euro + 78,64 Euro = 1.852,89 Euro.
Die Rolle von Abschlägen und wie sie umgangen werden können
Wer vorzeitig in Rente geht, muss üblicherweise Abschläge in Kauf nehmen. Diese reduzieren sich jedoch nicht auf die neu hinzukommenden Entgeltpunkte.
Dank § 76d SGB VI werden die Punkte, die während der vorgezogenen Rente durch Beschäftigung angesammelt wurden, zum Erreichen der Regelaltersgrenze ohne Abschläge angerechnet.
Folglich erhöht sich die Rente ungekürzt. Damit kannst du als Rentner oder Rentnerin im Vorruhestand mit jeder gearbeiteten Stunde mehr für den eigenen Geldbeutel tun, ohne die bereits eingerechneten Abschläge auf die gesamte Rente vergrößern zu müssen.
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Versicherungspflicht oder -freiheit: Welche Jobs sind versicherungsfrei?
Minijobs, bei denen die monatlichen Einkünfte 520 Euro (Stand 2025) nicht überschreiten, gelten weiterhin als versicherungsfrei. Wer allerdings mehr verdient, unterliegt der generellen Pflicht, Rentenversicherungsbeiträge zu zahlen. Diese Beiträge fließen dann in die oben genannten Entgeltpunkte ein.
Was passiert nach Erreichen der Regelaltersgrenze?
Sobald die Regelaltersgrenze erreicht ist, ändert sich die Versicherungspflicht oft noch einmal. Wer über diese Grenze hinaus arbeitet, kann zwar von einigen Freiheiten profitieren, doch ist auch hier entscheidend, ob man sich von der Versicherungspflicht befreien lässt oder freiwillig Beiträge zahlt, um weitere Rentenanwartschaften aufzubauen.
Verwaltungstechnische Vereinfachungen: Warum die Gutschrift später erfolgt
Die Rentenversicherung nimmt die Umstellung auf die neu erworbenen Entgeltpunkte erst nach Erreichen der Regelaltersgrenze vor. Dieser Schritt erfolgt nicht jeden Monat, sondern gebündelt. Für die Rentenversicherung bedeutet das geringeren bürokratischen Aufwand, weil sie nicht alle paar Monate die Zahlen anpassen muss, sondern einmalig zum Stichtag eine Berechnung vornimmt.
Typische Stolperfallen bei Rentenanträgen
Fehlerhafte Angaben zum Versicherungsverlauf können dazu führen, dass wichtige Beschäftigungszeiten nicht korrekt erfasst werden und so wertvolle Entgeltpunkte verloren gehen. Außerdem sollten Fristen unbedingt beachtet werden, denn wer zu spät erkennt, dass sich die Aufstockung der Rentenansprüche durch eigene Beiträge lohnen könnte, versäumt möglicherweise finanzielle Vorteile.
Ebenso ist es wesentlich, sich regelmäßig über Änderungen im Versicherungsrecht zu informieren, da veraltetes Wissen dazu führen kann, dass man unnötig hohe Beiträge zahlt oder vielversprechende Möglichkeiten unbemerkt verstreichen lässt.
Abschlagsfreie Entgeltpunkte: Der entscheidende Vorteil
Wer bereits mit 63, 64 oder 65 Jahren in Rente geht und dennoch Einkommen aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung erzielt, erhält die daraus entstehenden Entgeltpunkte später ohne Abzüge. Dieser Vorteil ist besonders für jene interessant, die zwar möglichst früh in den Ruhestand möchten, aber ihre Rente im Alter weiter aufstocken wollen.
Denn jede Person, die sich zu einem vorgezogenen Rentenbeginn entschließt, muss sich vergegenwärtigen, dass der Abschlag dann fürs ganze Leben bestehen bleibt. Das Hinzuverdienen kann aber – je nach Verdiensthöhe und Dauer der Beschäftigung – zu einer spürbaren Erhöhung des monatlichen Betrags führen. Auf lange Sicht summieren sich diese Zusatzbeträge.
Wie schnell lassen sich Fehler korrigieren?
Sollte man feststellen, dass der Versicherungsverlauf unvollständig ist oder bestimmte Zeiträume nicht korrekt berücksichtigt wurden, kann man eine Kontenklärung beantragen. Dabei wird die Rentenversicherung gebeten, die Daten noch einmal zu prüfen.
Rückwirkende Effekte
Beiträge, die vor der Regelaltersgrenze geleistet wurden, entfalten ihre Wirkung erst ab dem Folgemonat, an dem die Regelaltersgrenze erreicht wird. Wer nach diesem Zeitpunkt weiterhin beitragspflichtig arbeitet, muss sich bis zum jährlichen Stichtag – in der Regel der 1. Juli des Folgejahres – gedulden. Erst dann berechnet die Rentenversicherung neu und gewährt weitere Zuschläge.
Dieser Mechanismus führt dazu, dass sich in einzelnen Jahren mehrere Entgeltpunkte ansammeln können. Personen mit hohem Einkommen profitieren entsprechend stark. Doch auch Teilzeit- oder Minijobber können nach einiger Zeit auf einen ordentlichen Rentenzuwachs hoffen.
- Über den Autor
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik und Sportmedizin studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention und im Reha-Sport für Menschen mit Schwerbehinderungen tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht und Gesundheitsprävention. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und Behindertenberatung.